XXVI. Jahrgang, Heft 146
Okt - Nov - Dez 2007/4

 
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Letzte Änderung:
11.12.2007

 
 

 

 
 

 

 

In den Kulissen der Teutozentrale

Abendlands Ambitionen
ABWEHR-ABENTEUER AUF DEM HÖCHSTSTAND DER
NEOSTÄNDISCHEN STAATSKUNST

   
 
 


Aufgezeichnete Spuren von nicht ausgezeichneten Sommertheaterwochen

Von Necati Mert

Ob Ökonomen oder Ökologen, Philosophen oder Politologen, Philanthropen oder Phraseologen, Phänomenologen oder Psychologen, Pädagogen oder Pauker, Platoniker oder Poeten, Populisten oder Protektionisten, Historiker oder Hysteriker, Humoristen oder Humanisten, Honoratioren oder Homunkulusse, Heroiker oder Häretiker, Herolde oder Herostraten, Status-quo-Walter oder Nonkonformisten - wer einen experimentalen Ausflug in die Geschichte der Demokratie anpackt, landet gleich am Beginn seiner Safari in einem Sumpf zwischen symbiotischen Savannen und systematischer Sahara. Denn sie, die Demokratie als subtil stilisierte Form der Klassengesellschaft, läßt sich über alle historischen Stadien hinweg als die Partizipationsparabel der Untertänigen an jenen Miseren abzeichnen, die vom Parteienprimat der staatssteuernden Nomenklatur fahrlässig herbeigeführt oder expressiv bewerkstelligt werden - um den Fortbestand des Profits und Privateigentums zu fundieren.

Die Urbanen, die Barbaren, der Limes


Was die paritätischen Gegenpart-Partisanen der Globalismus-Glocken im Frühsommer 2007 in der Gegend von Heiligendamm zu Gesicht bekamen, nämlich die Stachelsperren aus Natodraht, ist an der fast 10.000 km langen Südgrenzen der USA zu Mexiko längst gegenwärtig. Hier bauen die Menschenrechtserstlinge und Marketender der „Freedom and democracy“ einen zeitnahen Limes gegen den Ansturm der Barbaren aus dem Süden. Von der Küste des Stillen Ozeans her weitet sich der Staketenzaun mehr als 300 Kilometer aus, den die grausigen Grenzgarnisonen der superimperialen Bastion mit High-Tech-Geräten überwachen. Gleichzeitig führen die Gesetzeshüter der nordamerikanischen Demokratur einen fuchsteufelswilden Kampf gegen die bezahlten Fluchthelfer, die Coyotes respektive die Schlepper. Sie entsprechen aber nirgends dem Bild raffinierter Gangster, das sich die Medien-Meute von ihnen macht und verbreitet. Ihr Geschäft gründet auf dem Vertrauen, das in den lateinamerikanischen Gegenden entsteht, aus denen seit Jahrzehnten Menschenmengen nordwärts auswandern.

Dem US-Imperium eilen allenthalben radikale „Minutemen“ (Heimatschützer) zur Hilfe. Sie fungieren dort nicht nur als Informanten, sondern auch als paramilitärische Patrouillen, heißt es im Editorial der „ila, Zeitschrift der Informationsstelle Lateinamerika“ vom Juni 1007 zum Schwerpunktthema „USA Mexiko. Mauer, Migration und Klassenkampf“, in dem die Redaktion auch auf Parallelen zu Migrantenabwehrstrategien im alten Kontinent hinweist:

„Während die ‘Minutemen’ ein spezifisch US-amerikanisches Phänomen darstellen, sind wir bei unseren Recherchen zum vorliegenden Schwerpunkt jedoch immer wieder auf frappierende Parallelen zwischen dem US-amerikanischen und dem europäischen Migrationsregime gestoßen. An erster Stelle der ‘illegale Immigrant’ als Feind und Bedrohung. (...)

Um den Bedarf an migrantischer Arbeitskraft in Institutionen abgesegnete und kontrollierte Bahnen zu lenken, ist auf einmal hüben wie drüben wieder der gute alte ‘Gastarbeiter’ en vogue. Wahlweise wird auch von ‘zirkulärer’ oder ‘gewählter’ Migration geredet. Um die legalen EinwanderInnen klassifizieren zu können, werden Punktesysteme entworfen, mit denen Qualifikationen, Sprachkenntnisse etc. bewertet werden.“

Ideenketten nach Er-Satz-Bauten

Im erodierenden Kampf-Krakeel gegen das autonome Aufdämmern der Migrationsströme unterminieren gewollt die euphorisch operierenden EU-Gendarmen, ihren internationalen Pflichten Genüge zu tun und den Schiffbrüchigen in ihrem Territorium zur Hilfe zu kommen. Da fungiert das Groß-D-Land als die Arterie der altkontinental komplettierten Schutzsystem-Symmetrien, attackiert jedes Attribut der autonomen Migrationssysteme, die sich als Folge der globalen Kollaps manifestieren.

Die christlich-abendländischen Hegemonial-Häupter hantieren hauptsächlich mit dem hartköpfigen Humanismus, meistern einen hünenhaften Husarenstreich mit den Hungerheeren der südlichen Halbkugel, wenn diese sich nordwestwärts aufmachen, um Tyrannei und Tod zu entkommen. An den Außengrenzen der hiesigen gutbegüterten Himmelsstriche stoßen sie immer grauenvoller auf die anhaltenden Abwehranlagen. Im Juni, als in den potent hochurbanen EU-Ländern die Hauptsaison der Urlaubsfreude begann, wurden allein zwischen den Stränden Nordafrikas und Siziliens 210 Migranten tot geborgen. Vermißt werden 53 Passagiere eines Fischerbootes, das ein EU-Spionagemaschine am 21. Mai zwischen Libyen und Malta ausfindig machte. Während es dem Flieger gelang, die Bootsinsassen zu fotografieren und als eritreische Einwanderer zu identifizieren, wurden offenbar keine Versuche unternommen, sie zu retten. Die Gesamtzahl derer, die es in den letzten zehn Jahren wagten, in die Bravour-Bastei einzudringen, und dabei den Tod fanden, wird mindestens mit der Zahl von zehn Tausend gemessen - vor den Ferienufern Spaniens, Italiens und Griechenlands.

Gestützt auf ihre leibeigenen Legionen auf der weiten Welt, wird künftig die vom Groß-D-Land dominierte EU-Autokratie die Limes-Linien lediglich noch liederlicher und rigoroser ausrüsten sowie legitimieren, aber nicht verhindern können, daß ihr Humanismus in die Geschichte als eine Farce eingehen wird, wenn nicht als Schandfleck oder fratzenhafte Xenophobie, nämlich auch Menschenscheu. Das achtsame Internet-Portal „www.german-foreign-policy.com/de“ vom 13. Juli 2007 zieht folgende Dreijahresbilanz:

Drei Jahre nach dem ersten Berliner Vorstoß zur Errichtung von Migrantenlagern in den europäischen Urlaubsgebieten Nordafrikas schreitet die deutsche Flüchtlingsabwehr erfolgreich voran. Wie das Bundesinnenministerium in diesen Tagen mitteilt, ist die Zahl nach Deutschland gelangter Asylbewerber im ersten Halbjahr 2007 erneut um ein Fünftel zurückgegangen. Die Zahl genehmigter Asylanträge ist auf unter 20 pro Monat gesunken. (...)

Seit der damalige deutsche Innenminister Otto Schily (SPD) im Juli 2004 verlangte, Migranten auf dem Weg nach Europa müssten in Nordafrika in Lagern interniert werden, hat die Bundesregierung bei der Hochrüstung der EU-Außengrenzen umfassende Erfolge erzielt. Sämtliche relevanten Küstenstaaten Afrikas von Senegal bis Libyen kooperieren mit der EU bei der Flüchtlingsjagd, unterhalten wie gewünscht Menschenlager oder lassen sich von Brüssel Internierungs- und Abschiebemaßnahmen finanzieren. Mit der eigens gegründeten Frontex-Behörde unterstützt die EU die Verfolgung von Migranten im Mittelmeer. Sukzessive werden Abschiebeverträge geschlossen, die die umstandslose Ausweisung unerwünschter Einwanderer legalisieren. Um dennoch nicht auf billigste Arbeitskräfte verzichten zu müssen, hat die deutsche EU-Ratspräsidentschaft die sogenannte zirkuläre Migration auf den Weg gebracht. Ausgewählte Einwohner von Armutsstaaten dürfen auf Anforderung europäischer Unternehmen für eine begrenzte Zeit zur Arbeitsaufnahme in die EU einreisen. Berlin hat durchgesetzt, dass die EU-Kommission bis Ende des Jahres „Pilotpartnerschaften“ mit Ländern Afrikas vorbereitet, in deren Rahmen die „zirkuläre Migration“ erprobt werden soll.

Damit sich die selbsttätigen Freibeuter im demokratischen Format freudvoll über Wasser halten, heben sie die systemimmanent sanktionierten Frontdiener sublim wie stabil in den Sattel und starten die standardisierte Maschinerie der Spürhunde, um die Spuren der Fronarbeiter als „illegale Einwanderer“ zu sichern.

Von langer Legion der Elegien bewölkt und von den reumütigen Eleven der antikolonialen Revolution bevölkert, Rotz und Wasser heulen die Mütter und Vermählten, wenn die Hiobspost eintrifft über den unwiederbringlichen Heimgang ihrer Alten und Jungen auf der Flucht vor den Sturmbooten des Kröten-Kastells der Menschenrechtsersten im Gottesacker Mittelmeer.

Selbst im Arrestlokal der Deportation prahlen die wachehaltenden Pauker und Posten des Hochhumanen-Humus vor dem trikontinentalen Prekäriats-Parias und proben, ihnen Wasser in den Wein gießen, damit sie nach ihrer gewaltsam gewährleisteten Rückkehr in die Megaslums ein Mitbringsel aus ihren Odysseen in den Zentren der Zivilisation haben: Die zertretenen Träume und das Trauma, das die nordisch rassistische Tyrannei anstiftet.

Steckenpferde reiten die Stabilitätsstäbe vor den Prätorianer-Statuetten der Krisenkurs-Regimenter. Oft fallen sie jedoch vom Sattel, wenn sie davon Wind bekommen, daß sich die Unterschicht-Untertanen keinen Bauernfang andrehen lassen und mit den subtilen Tartüff-Theater-Touren unterwegs den Laden voll haben.

Der Krisenkurs der Integrationsindustrie bleibt blutvoll

Dichte Wolken des grauen Regens bedeckten im Frühsommer 2007 die Allochthon-Quartiere der Berliner Republik, während ihre Regenten mit einem glanzvollen Spektakel den Horizont verbrämten. Die großkoalitionären Kompagnons der D-Land-AG bewerkstelligten eine Novelle der Zuwanderungs- und Staatsangehörigkeitsgesetze, legen dem Erlangen des bundesrepublikanischen Bürgerstatus und dem Zuzug der Familienangehörigen der eingewanderten türkischen Einwohner neugebackene Stolpersteine. Der dazu notwendige parlamentarische Prozeß vollzog sich ohne nennenswerte oppositionelle Friktion zwischen den Fraktionen.

Vier türkische Verbände, Föderation Türkischer Elternvereine in Deutschland (FÖTED), Rat Türkeistämmiger Staatsbürger (RTS), Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) sowie Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) kündigten Protest gegen die retrospektive Reform an, kommentierten das Novum als grundgesetzwidrig, betonten ihren auch künftigen Einsatz für „Integration und gleiche Rechte“, boykottierten den zweiten von der Kanzlerin und ihrer Staatsminsterin für Migration, Prof. Dr. Maria Böhmer, als verantwortlich getragenen „Integrationsgipfel“, bekamen von den restlichen türkischen Sektionen Beistand. „Die gesamte organisierte Bevölkerung der türkischen Minderheit lehnt dieses Gesetz ab,“ heißt es in ihrer öffentlichen Botschaft.

Kanzlerin Merkel reagierte darauf mit der Standpauke: „Der Bundesregierung stellt man kein Ultimatum!“ In einer Replik auf die Integrationsministerin Böhmer zitierte der stellvertretende Bundesvorsitzende der TGD, Hilmi Kaya Turan, aus dem brühwarmen Regelwerk:

„Durch den neu eingefügten Satz 3 kann der Ehegattennachzug zu Deutschen bei Vorliegen besonderer Umstände von der Sicherung des Lebensunterhalts abhängig gemacht werden. Besondere Umstände liegen bei Personen vor, denen die Begründung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Ausland zumutbar ist. Dies kommt insbesondere bei Doppelstaatlern in Bezug auf das Land in Betracht, dessen Staatsangehörigkeit sie neben der deutschen besitzen, oder bei Deutschen, die geraume Zeit im Herkunftsland des Ehegatten gelebt und gearbeitet haben und die Sprache dieses Staates sprechen.“

Turan typisiert, was das für die Praxis bedeutet. Einem deutschen Staatsbürger werde grundsätzlich zugemutet, den Lebensmittelpunkt der Familie ins Ausland zu verlegen - ein Widerspruch Grundgesetzartikel 6 (Schutz von Ehe und Familie). Dies werde zum einen den Doppeltstaatlern zugemutet. Es sei rechtlich nicht zulässig, bei Staatsbürgern eine unterschiedliche Vorgehensweise wegen der Mehrstaatlichkeit vorzunehmen. Dies werde aber auch denjenigen Personen mit nur der deutschen Staatsangehörigkeit zugemutet, wenn sie im Herkunftsland des Ehegatten gelebt haben und die Sprache des Staates sprechen.

Die autonomen Organe der organisierten Greenhorns des ethnisch homogenen Volksstaates haben die Luft anzuhalten

Mit stetem Stelldichein salutieren die Impresarios des integrationalen Impetus die system-immanenten Illustrationen, fühlen sich mit ihren Jammertiraden ständig am Steilhang - trotz des pädagogischen Präventionsprimats, der prima protegierten Assimilationsprogramme streng selektiver Natur.

Mit der erneut nivellierten Novelle zum Aufenthaltsstatus der migrantischen Malocher legt der Gewaltapparat der Retro-Republik einen Schritt zu, die Kontrolle über das Geschick der Überflüssigen geschichtlich zu vollenden.

Die Imperatoren-Trupps des nordisch-arischen Nonplusultras verhalten sich als Inspekteure von Bandenkampfverbänden. Sie überlassen die Argumentation ihrer Härte generell ihren Kurtisanen mit „Migrationshintergrund“.

Die Voluntaristen der integrationalen Interpretation gesellschaftlicher Prozesse, experimentierende Eleven der Expertokratie, starren auf das vollzogene Volumen ihrer majoritären Position. Vom ausreichenden Augenmerk gebauchpinselt, gesellt sich der eine oder andere Freiwillige hinzu. In ihrem ausgedehnten Wirkkreis herrscht die Wirrnis - nahe der Finsternis. Es wird weitergemacht, jeglicher Gegenstandpunkt zensiert, gezimmert und gebastelt.

Dann besteht die eigentliche Furcht der Leithammel-Kultur-Kumpel darin, daß die Citys in nicht weiter Zukunft brünett statt weiß aussehen, dementsprechend die pikanten Verhältnisse der bekannten Parallelgesellschaften sich pragmatisch von der parodistischen Parole zum realistischen Reservoir der Revolte entwickeln. Nicht nur die Akkumulation des Kapitals erfährt einen Aufschwung der Akklamation, sondern auch die Kräfte des Gegenmarkt-Meetings, auf denen das Nein zur Akklimatisation der global marginaliesierten Mehrheiten an den Systemen der Mehrwert-Vermehrer immer lauter tönen wird.

Beim Integrationsgipfel, der im Juli 2006 von der Kanzlerin ins Leben gerufen wurde, dem sich im nachhinein der für das innere Sicherheitsressort zuständige Minister mit einer Islamkonferenz anschloß, ging es um den aufpolierten Weg der eingewanderten Eliten in die Schicksalsgemeinschaft unter der kursorischen Kuratel der wirbeligen Wirtschaftlichkeit. Die meisten Funktionäre der migrantischen Selbstorganisation ließen sich in diesem Singkreis der sittsamen Signale heiter stimmen. Sie glaubten, endlich einen Gipfel gesichtet zu haben, den sie spielerisch stürmen konnten.

Dann verabschiedete die Großkoalition die Novelle der verschärften Konditionen. Das Zuzugsalter der Familienangehörigen wurde von sechzehn auf achtzehn heraufgesetzt und von den zuziehenden Spätlingen und Zöglingen neben ausreichenden Deutschkenntnissen auch ein ökonomisches Fundament gefordert. Angeblich zielten die Paragraphen-Phantasten darauf, das Geschäft mit den „Importbräuten“ zu versalzen. Um derartige Dokumente vor dem breiten Publikum sanktionieren zu lassen, wurden Trophäenjägerinnen der Schleierliteratur wie Necla Kelek und Seyran Ates zusätzlich zu dem Werbefeldzug herangezogen. In einem von „theovangogh-gesellschaft@online.de“ verbreiteten Rundmail unter dem Leitspruch „Erst wird Gebäck gereicht, dann droht man mit Desintegration“ vom 8. Juli 2007, wobei es sich um den Boykott des zweiten Integrationsgipfels durch vier türkische Dachverbände am 12. Juli 2007 dreht, lobhudelt Kelek das frisch gebackene Paragraphenwerk und arrangiert ein Affront - warum auch immer - gegen die Türkei:

Die Bundesregierung hat eine Gesetzesinitiative beschlossen, die das Zuzugsalter bei Familienzusammenführung von sechzehn auf achtzehn Jahre heraufsetzt und von den Zuziehenden einfache Deutschkenntnisse und wirtschaftliche Unabhängigkeit verlangt. Diese Maßnahme richtet sich darauf, den leidigen Tatbestand der „Importbräute“ zumindest einzudämmen. Gerade der Zwang zur (frühen) Heirat und die völlige Abhängigkeit junger Frauen aus Anatolien von den Familien ihrer meist in Deutschland geborenen Männer, die völlige Unkenntniss der Sprache und Kultur ihrer neuen Heimat haben in den vergangenen Jahren zum weitgehenden Scheitern der Integration und zur Zuwanderung in die Sozialsysteme geführt. Diese Frauen führen in den Familien in Deutschland ein separiertes, ihrer anatolischen Tradition verpflichtetes Leben, sie erziehen Kinder nach den Vorgaben dieser Kultur, sprechen mit ihnen nur türkisch.

Die Folge sind Segregation und Schulversagen der Migrantenkinder. Immer wieder wird so eine erste Migrantengeneration produziert. Wir haben bereits Hunderttausende so lebende Frauen in Deutschland. Weder Islam- noch Türkenverbände haben auch nur eine Hand gerührt, um die Lage dieser Frauen zu verbessern, sondern immer nur ihr Recht und ihre Kultur verteidigt. Das Gesetz ist deshalb dringend nötig.

In der Folge verschärft Kelek den Ton ihrer Standpauke, wirft dann den Vorständen der Türkenverbände Gaukelspiel und Schurkenstreich vor: „Sie (die türkischen Verbände) wollen möglichst viele Türken nach Deutschland bringen, diese sollen so leben können, wie es ihre Religion und ihre vormoderne Kultur vorsehen. Es geht nicht um Integration, sondern um Zuwanderung und Separatinteressen.

Hinter den süßen Reden wird also knallhart Interessenpolitik im Sinne der Türken und der Türkei betrieben. Es geht um Stellung, Geld und Einfluss der Verbände.“

Necla Kelek, die wie von der Tarantel gestochen dem Gestern ihrer Altvordern entflieht, eilt die Karriereleiter hinauf, sieht im als „antitürkisch“ geflickten Regelwerk „Zuwanderungsgesetz“ einen „Lackmustest“. Also haben die Verbandsfunktionäre Farbe zu bekennen: Entweder schwarz-rot-gold mit dem geadelten Adler oder rot-weiß mit Sichelmond und Morgenstern. Mit den Mittelsmännern der Muslime will sie keinen Dialog pflegen und keine Expertise anpacken, sondern nur noch über Gewalt reden, die sie trotz der blutbefleckte Geschichte des Abendlandes unter Kruzifix und Hakenkreuz dem islamischen Glauben allein als Grundpfeiler zuschreibt.

Keleks Augenmerk gilt der gesamten Integrationsindustrie als zwangsläufige, aber auch kurzweilige Zeremonie. Ihr geht es nicht um die Miseren der „verkauften Bräute“, sondern um ihre Heldin-Rolle in den germanisch manischen Schleich-Reklame-Produkten. Doch einem Beitrag von Andrea Brandt und Cordula Meyer in „Spiegel Online“ vom 7. Juli 2007 zufolge sieht der Historiker Klaus Bade selbst für Merkels Interesse am Tabuthema Integration auch ganz pragmatische Gründe: Es sei schlicht billiger, schon Kinder gut zu integrieren, als sich später mit aufwendigen Maßnahmen um chancenlose Migranten mit Hartz-IV-Biografien zu kümmern. Besonders qualifizierte Einwanderer, so Bade, machten außerdem inzwischen einen Bogen um Deutschland: „Wir kriegen nur die zweite Garnitur. Die erste geht ins Silicon Valley oder nach England.“

Parteien-Populismus und die ewig entfremdete Population der Spätankömmlinge

Das restaurierte retrospektive „Zuwanderungsgesetz“ präzisiert den ethnozentrischen Willen zur selektiven Migration und Assimilation. Auch der „nationale Integrationsplan“, den die Kanzlerin in einem einjährigen Zeitraum von mehr als 250 Experten formulieren ließ und den sie dem von ihr zusammengestückelten Plenum namens „Integrationsgipfel“ am 12. Juli 2007 präsentierte, zählt als eine Portion Promotion mit dem präventiv parierten Populismus, eine Formvorschrift zum Kundenfang.

Die Zieheltern und züchtig herumziehenden Paraphrasen-Pauker des völkischen Zauberzirkus hinter dem Balkan und Ural drohen den nonkonformistischen Meetings mit dem Schluß der Debatte über die kulturellen Menschenrechte in Deutschen Landen. Wer die von Extra-Exponenten pikant formulierten und brillant formatierten Passagen des platonischen Plans als kleinkrämerischen Extrakt des Klimbims zu karikieren wagt, wird sein blaues Wunde erleben.

Die Gouvernementalität der gewalthabenden Majorität, die sich auf der Gralssuche nach den Grundfesten der leidigen Leitkultur befindet, setzt alles daran, den Minoritäten-Verbänden den Schneid abzukaufen. Sie protegiert jene Schmeichler, die sich schräger Schmähschriften bedienen und als Marktschreier in die Schneise schneien, Schleich-Reklame für das imperiale Kasten-Kastell auf Touren bringen und darauf zielen, es sich als dessen willfährige Schreiberlinge auf einem Schrein voller Banknoten bequem zu machen.

In der achtundzwanzigsten Woche des Jahres begann eine Attitüden-Attacke auf vier türkische bzw. türkisch-islamische Dachverbände, weil sie die neuesten Formalien der autoritär normierten Novelle, des frisch gebackenen, noch schärfer gewürzten Regelwerks namens „Zuwanderungsrecht“ als kulturalistisch archaisch in Frage stellten. Vor allem die Prämissen im Passus des Nachzugs von Familienangehörigen, denen ohne „Deutschkenntnisse“ die Einreise ins Groß-D-Land verwehrt wird. Und das gilt nur für die Migranten aus dem (vor allem vorderen) Orient. Die Sprachkenntnisse, die aus etwa zwei bis drei Hundert Wörtern bestehen, sollen die Neuankömmlinge, nämlich die nachziehenden Bräute ermutigen, ihr gleichberechtigtes Recht gegenüber ihren Paschas einzuklagen. Welch eine Liederlichkeit! Zudem wurde das Nachzugsalter von sechzehn auf achtzehn aufgesetzt, um dem praktizierten Geschehen der Zwangsehen zum Erliegen zu bringen.

Die vier Verbände reagierten auf solche Art des selektiven Methode, die Subjekte des Gesetzes gemäß ihrer Staatsangehörigkeit zu klassifizieren, mit einer impulsiven Kritik, argwöhnten den Merkelianer Gipfel als einen Schwank und flüchteten sich in einen Boykott. Aber aufrecht!

Gralswurzel-Greise, die sich vor den zum Alltag anwachsenden Schikanen in Bezug auf ihre Grenzwacht nicht scheuen, beäugen griesgrämig die Erdenbürger der Brünetten, stellen ihr Herz für weibliche Greenhorns aus dieser Spezies zur Schau gegenüber den patriarchalischen Paraden. Doch derartiger Habitus der Hochhumanen ist eine populistische Parodie oder die Karikatur der Kurtisanen-Kultur. Der Voluntarismus dieser selbst ausgestellten Urkunden-Urbanen wird sich vollgültig als Volumen-Volte für immer ins Gedächtnis brennen.

Am vierten Tag der 28. Woche wieherte der Amtsschimmel, trafen sich an der Spree die willfährigen wie ausgelaugten braven Honoratioren der Berliner Republik - zum zweiten Integrationsgipfel der Kapriolen-Kanzlerin, die ihn als einen „Meilenstein“ in der Gastarbeiter-Ausländer-Asylanten-Zuwanderer-Geschichte der Bundesrepublik wertete, emotionell die Positur der Berolina im Statuen-Stil fingierte und sich genaugenommen zur Karikatur der Kuriosumskultur machte. Das in der Runde im Kanzleramt präsentierte Papierwerk „Nationaler Integrationsplan“ soll die Budgets auf allen Ebenen angeblich um 750 Millionen Euro belasten - zugunsten derer, denen man den Weg zur Chancengleichheit ebnen will, indem man sie zur Sippschaft eines nicht vollwertig urbanen Geschlechter-Genres macht.

Der Boykott-Block wurde im Laufe der Tage von der majoritären Meute einheitsfrontmäßig ins Gemeine gezogen und mit Allgemeinplatz-Allüren veralbert. Mit hoch gegipfeltem Berolina-Blick und pangermanisch tendenziösem Tenor tröstete die Kanzlerin Angela Merkel ihren treuherzig trainierten Troß: „Wir haben eine ausgestreckte Hand für jeden...“ Und der Integrationsminister von NRW: „Nur weil einige Verbände dem Gipfel fernbleiben, ist das Tischtuch noch nicht zerschnitten.“ Das vielleicht nicht, doch es bekam kaum einen Farbenton aus dem Gegengestade der ethnisch homogenen Gesellschaft.

Der Musentempel des integrationalen Impetus auf dem Schaugipfel nach Gutsherrenart verspricht seinen Leitstellen-Lakaien und liebedienerischenen Laien Arbeitsplatzgarantie sowie weiteren zwölf Tausend höchstwahrscheinlich mißgünstigen Hartz-IV-Frondienstlern den Einstieg in die militante Missionaren-Mischpoche von Mischlingen und mildtätigen Mitleidern.

Die Gipfelsturm erfahrene, Fahnenappell fähige willfährige Kurzweil-Kanzlerin und ihre goß-koalitionären Kompagnons wissen, daß man den Minoritäten nur ganz vereinzelt in den gesellschaftlichen Schaltstellen begegnet. Das hört sich nicht fragwürdig an, sondern entspricht genau dem germano- bzw. eurozentrischen Fahrplan.

Tatsächlich dreht sich der Zwist, den der Kanzler-Troß, der neben einigen alteingesessenen Experten und allochthonen Exponenten aus der medialen Merkel-Meute besteht, mit den türkischen Verbänden ausfechtet, nicht um einen Teil des nationalen Integrationsplans, dessen Dokument reichlich Roßtäuscherei betreibt. Es umfaßt als Objektmasse nicht allein die Eingewanderten im Ausländerstatus, sondern auch alle, die bereits eingebürgert sind. Wenn öffentlich orakelt wird, daß die Papierpassagen die Projektpraktiker verpflichtet, mehr Einwanderer in den Staatsdienst zu holen, ist der selektive Hintergrund sichtbar stilisiert: Es geht um die Promotion für die Eliten - vages Vorhaben wie eine auf einer einsamen Bergspitze gehißte Vielfarbenfahne, nach der man immerfort nachprüfen muß, ob sie überhaupt weht.

Im Kerngehalt ist der Meilenstein-Plan à la Angela Merkel ein ambitioniertes Aktenstück, keinen Pappenstiel wert, das zugleich eine Menge Lebenslügen einschmelzen kann. Zum Beispiel das paradoxe Pathos der Chancengleichheit, die auch zur Folge hat, die Asylmigranten als leisetreterische Loser in Deportationslagern zu internieren, die erdgrau erdichtete Furcht vor den virtuellen Flüchtlingsfluten zu intensivieren; oder der Pathos den eingewanderten Individuen ein ethnizistisches Etikett aufzudrücken sowie die Existenz der kosmopolitanen Kollektiven launisch zu leugnen, genauso die Autonomie der Migration zu verbarrikadieren.

Für die schäbigen Laien der Journaillen-Junta und Gesellen der Jägerlatein-Literatur oder Legionäre der Gazetten-Garnison haben sich die Boykotteure selbst in ein Wespennest gesetzt. Der Zug der Integrationsintimi bewege sich fort, auch ohne sie, lauteten die liederlichen Töne einiger schreibender Lehrmeister. Nur sollten sie auch erkennen: Der Zielbahnhof zeigt sich ziemlich verzwickt.

Die gelungene Integration enträtselt der Prosaprolet eines Revolverblatts mit solcherlei Sophistik wie hier: Davon lasse sich erst sprechen, wenn die große Mehrheit der eingebürgerten Türken nicht mehr von sich sagt, sie seien Türken mit deutschem Paß, sondern Deutsche mit türkischem Hintergrund. Also doch: An den ethnizistischen Ambitionen des germanophilen Gedankengebäudes führt kein Weg vorbei. Das souveräne Individuum taucht im integrationalen Sumpf endgültig unter. Die kosmopolitane Bürgerrepublik kommt in den pangermanischen Silhouetten der Berliner Republik abhanden. Das gilt speziell für die Türken. Daher läßt sich die Novelle des „Zuwanderungsrechts“ als ein antitürkisches Geflecht ins Gedächtnis rufen, wodurch auch das weich geflickte Dialog-Tuch unweigerlich zu Bruch ging, das sich schwerlich wieder instand bringen läßt. (...)

Von linken Fossilen als Rollen-Rivalen oder Fabel-Filialen

Mit der Duftmarke des Emanzipatrorischen gelingt es den linken Legionen nicht, mit der Menge ins Bad zu steigen, um die Krautjunker samt ihres Gewaltapparats demonstrativ zu demolieren und ihre Demokratie-Konjunktur bloßzustellen. Vielmehr sehnen sie sich nach zierlichen Zirkussen und Zeltfreizeiten mit Lagerfeuerabenden - unterm orangenfarbenen Antlitz der Frau Luna.

Doch hauen die Regenbogenkrieger von Greenpeace hart u.a. in die Tastatur, promenieren prominent im Monitor ihres Elektronengehirns, heuern willfährige Greenhorns an, reklamieren einen ansehnlichen Anteil an öffentlichen Fördertöpfen, nehmen die Besorgten und Betrübten in Beschlag, bieten den originalen Gut-Betuchten und bürgerlichen Gettogether-Partys Ökokost, laufen gegen den Staatssäckel Sturm, wenn sie nicht das Gefühl haben, von ihm privilegiert behandelt zu werden. Hier entsteht ein Wildwuchs der NGO-Groupies, in dessen Gewirr sich die prämierten Pressure Groups durchsetzen, zugleich menschenrechtsmental manierierte Meriten erwerben. Nur in Marginalien wecken sie Verständnis für Milliarden, die im untersten Rand der Weltgesellschaft herumkrebsen - aber auf Umwegen versuchen, an die Küsten der Behaglichen-Bastei zu gelangen.

Schön und geschmeidig reden im frei zugänglichen Zirkus der medial merkantilen Maskerade die marktgläubigen Mandanten das mehrerlei Risiko als Sprung aus dem Gehäuse der Rivalitäten. Daß die transnationale Migration weit oben auf der Agenda der von imperialen Phrasen-Philosophen diktierten Programme steht, interessiert die Spaßpartisanen der NGO-Gilde nur am Rande. Die Potentiale der bodenständigen Widersacher der Ständegesellschaft zog durchweg unter die planetäre Plane der parlamentarischen Patronage-Parteien. Neben ProAsyl existieren nur noch marginale Melangen, die hin und wieder den Start einer Karawane kundtun - als Demonstration der Solidarität mit der migrantischen Menschenmenge in Deportationsdepots, der Illegalität oder im Status der Geduldeten. Ansonsten wächst im linksbündigen Antifa-Lager das hyperklug judeophile Gebrodel und erklimmt hanebüchen die ethnophobe Etappe, mausert sich einsatzbereit zum argwilligen Gorilla-Klub hinter dem Gendarmen-Dampf für die Freistunden der Mäuse-Monarchen - robotet robust unter dem Feigenblatt der emanzipatorischen Züchtigkeit und zivilisatorischen Ziererei.

Der Blick des parlamentarisch demokratisch partizipierten Linkenlagers erstarrt zur Salzsäule, gibt sich mondial dem Simulationsritual hin statt der sozialen Revolution. Die medial manipulierten öffentlichen Wortführer dieser zerfahrenen Zeremoniell-Zöglinge prahlen mit ihren kollaborationsbereiten Konversationen, vermeiden vermehrt jegliche ideologische Kontroversen, setzen zombig auf die dilettantenhafte Konversion und den faulen Frontwechsel der verirrten Kollegen, gehen am Ende zornig ins Zeug, jeden Antagonismus der lakaien- und laienhaften Linie kurz und klein zu schlagen, zumindest aber zu zensieren.

Die buntscheckige kulturalistische Klangfarbe

Es ist soweit. Die zweite Welle der völkischen Attraktions-Attitüden im Marschplan des europoiden Orders ist angekündigt. Nach Aussagen ihres Außenkoordinators Xavier Solana Anfang Juli 2007 stellt die Europäische Union trotz Rußlands Veto im UN-Sicherheitsrat die Sezession des Kosovo in Aussicht. Das ermutigt weitere völkische Kräfte, allen voran die ungarischsprachigen Minoritäten in Serbien, Rumänien und der Slowakei, ihre Autonomie-Ambitionen zu manifestieren, die durch deutsche „Volksgruppen“-Experten hochkarätig angeleitet wurden und in Budapest zum guten Ton gehören.

Noch hat das Amselfeld rechtlich den Status einer serbischen Provinz. Aber nicht mehr lange. Über weitere Schritte wird noch konferiert. Auf die Protagonisten der protegierten völkischen Welle huscht wieder das Geflacker von Neonlicht von weit her, aus den Metropolen. Sie können so viel Mut zeigen und Zeter und Mordio schreien, daß sie keiner Keilerei aus dem Weg gehen wollen. Immer mehr werden sie doch unter die Räder des Imperiums geraten - als Verlierer natürlich, die sich in den Fängen des Schicksals verheddern und einer femme fatale verfallen müssen. Dies versichern ihnen versierte Rassenkundler, deren Gorillas irgendwann anfangen werden, auch diese Desperados zu vermöbeln.

Seit sich die ethnizistische Krake krankhaft entfaltet, dringt die Religiosität als embryonales Relikt der feudalen Fundamente in sämtliche Strukturen der neo-kolonisierten Peripherie ein. Um torpedieren zu können, daß sie auch im Zentrum an Boden gewinnt, leben die Regenten der Rendite von früh bis spät geistesgegenwärtig auf dem Kriegsfuß. Je mehr das Gewicht des Neokolonialismus im Aufwind ist, desto gewaltiger wird das Geflecht des Glaubensgewühls als Reaktion darauf Schlag auf Schlag aus der Privatsphäre wieder tiefer in das gesellschaftliche Gefüge eingreifen - vor allem im erdfahl erniedrigten Orient.

Die Existenz des Raumschiffs Erde als Allmende aller scheint stärker als je zuvor auf der Kippe stehen. Während die mental wie merkantil Übermächtigen der Erdgeborenen mit ihrer Messias-Metapher im Angesicht kommender Katastrophen Froschblut haben, wird erneut der Streit um die Definition des Kollektiven aufflammen müssen.

Doch die universitäre Intelligenzia auf ihrer Seite geißelt die christlich-abendländische Mammon-Media mit sarkastischer Schärfe zum Beispiel die plötzliche Eruption eines bürgerlich-laizistischen Patriotismus in der Province Anatolia, tischt waghalsig ein Amalgam aus Humanismus und Kapitalismus auf - eine Lagerhalle für Menschenrechtseinerlei sowie einen Gemeinplatz für Mehrwertallerlei.

Mächtig medioker stolziert der grüne Mittelstand mit Lammfrommen und Politisch Korrekten, trompetet sein Menschenrechtsmetier nach dem kulturalistischen Kompaß heraus. Allemal wechseln diese überlebenstüchtigen und akklamationssüchtigen Akteure der Laisser-aller-Allianzen ihre Alternativen, glauben sogar mit ihren Marketingmethoden die Hungerherden und Elendslegionen in Megaslums steuern zu können.

Die Grünen-Gladiatoren genießen ihren putschistischen, Pro-Profit protegierten, protektoral politierten puritanischen Pyrrhussieg im Gerangel um den Glimmstengel und interessieren sich für den Protest der mondialen Proleten im deutschen Hungerturm nur als Protagonisten des humanitären Interventionismus. Daß das Rauchen geringstenfalls den geistigen Zustand der Pleitiers fördern kann, den Präparaten wie Antidepressiva als Alternative hingegen oft verbleibende, hin und wieder todbringende Nebeneffekte innewohnen, bagatellisieren die Partei-Potenten der mammon-mobilen Privatiers und moderaten Piraten, die vom einstigen Hausierer-Status der Hausbesetzer und Pflasterstein-Partisanen zum gerissenen Klassenrang der probaten Hausbesitzer aufgestiegen sind.

Nebenbei bemerkt: Interkulturelle Aktivitäten sind herrschaftlich hierarchische Pflegepraxen der Untertanentreu und Formen alltäglichen Handelns, die von prinzipiellen Normen der majoritären Gewalt-Meute diktiert werden. Beim fort und fort aufgewärmten Scheinstreit über das Gewicht der „Leitkultur“ dreht es sich um die Definitionsmacht systemisch autoritärer Strukturen, also um die kulturelle Hegemonie wider die Autonomie der Nochnichtdazugehörigen, der eingewanderten Einwohner.

Kultur läßt sich in diesem Kontext als gesellschaftliches Konstrukt zum Erhalt von Klassenkompromissen des autochthonen Zentrums gegenüber der allochthonen Peripherie ermitteln. Ob sie, also die Kulturdebatte, auch als potenzielles Medium emanzipatorischer Strategien analysiert werden kann, hängt davon ab, daß der Kampf nicht um die Korrekturen innerhalb des Systems läuft, sondern um den Wagemut, es als historisch überwunden zu erklären.

Hier gerade entpuppt sich das strittige Multikulturalismus-Konzept als Verwirrspiel, dessen Kerngehalt das Gebot der strikten Neutralität der Staatsgewalt samt ihrer Institutionen gegenüber allen partikularen Identitäten innewohnt. Daß die Gleichwertigkeit der Andersartigen kein Primärgut verkörpert, zeigt z.B. die medial gelenkte Islam-Schelte im Mainstream, die ins Uferlose geht. Der Souverän repräsentiert keine Staatsbürgernation, sondern den Volksstaat.

Die andauernd aufs Glatteis geführte Antifa-Debatte demarkiert eine linkische Linie des Debakels. Sie bleibt trotz aller Alternativ-Allianzen im antiquarischen Quartier der Querulanten stecken, was einer Quarantäne der Chaoten ähnelt, die sich über die Paraden der Stammhalter faschistisch ethno-nationalistischer Kameraderie beklagen und kreischend Kassandraruf-Kapriolen kommentieren. Selbst die klitzekleinste Demonstration von völkischen Fundamentalisten reaktiviert eine Menge Antifa-Agitatoren. Es kommt zu mentalen Meetings, zu Abwehr-Attacken für das bourgeois-demokratisch adrette Artefakt, aber selten zu der Artikulation der Akzeptanz eines egalitär kosmopolitanen Gesellschaftsgebildes.

Alles, was die organisierten Gutmenschen-Mystiker tüfteln, bleibt an einem Punkt hängen, nämlich die vom beruflichen Glück ausgeschlossenen, unterqualifizierten Allochthonen-Abkömmlinge in den Gettos Germanias mit Spiel und Spaß sowie im Hartz-IV-Archipel zu beobachten, deren latenter Haß allzeit zum Tumult entfacht werden kann. Nur diejenigen, die im besten Saft stehen und sich dem Karriere-Krieg auf dem Nischenmarkt verschreiben, gelten als exemplarische Exponenten der „gelungenen Integration“.

Keine alte Lektüre im Folioformat kann eine alternative Blüte hervortreiben. Beim rudimentären Räderwerk der integrational institutionalisierten Instrumente und Utensilien dreht es sich um ein intrigantes Lehrgebäude. Die lauthals zitierte Rhetorik der Chancengleichheit durch Qualifikation zielt nicht auf das Gleichmaß zwischen Ambitionen und Positionen, sondern darauf, der Reservearmee in den Gettos Wasser in den Wein zu gießen. Gewiß rechnen die Mausklicker des Menschenmanagements mit der Auslese der Tüchtigen und Tüftlergenies. Gehandelt wird jedoch gemäß der theosophischen These des Soziologen Gunnar Heinsohn von der Gefahr des „Youth Bulge“ („Jugendüberschuß“). Wie Moritz Schwarz am Ende eines Gesprächs mit ihm in „Junge Freiheit“ vom 10. August 2007 resümiert, „bezeichnet die überproportionale Ausstülpung ('bulge') der Alterspyramide beim Segment der jungen Menschen. Nach Heinsohn entstehen durch 'Youth Bulges' die Voraussetzungen für Bürgerkrieg und Terrorismus. Wenn nämlich große Teile der männlichen Jugend keine Aussicht haben, eine angemessene Position in der Gesellschaft zu finden, stehe ihnen als einziger Weg die Gewalt offen: 'Um Brot wird gebettelt. Getötet wird für Status und Macht.' Europa sieht sich, bei gleichzeitigem eigenem Jugendschwund, mit dramatischer Geschwindigkeit in den nächsten Jahrzehnten mit einem solchen Überschuß an jungen Männern aus - islamischen - Einwanderer-Kulturen konfrontiert.“

„Political Correctness“ hält die Hand über Totschlagargumente für die kulturalistisch kalkulierbare Qualifikation mit dem demokratisch dogmatischen Diktum integrationsfähig und -willig.

   

Netzbrücke:

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