Das elektronische Medienmonopol verdrängt die Printmedien weitgehend
bzw. zwingt sie zu mehr Schein als Sein. Ein normiertes, pflegeleichtes
Outfit als Ausdruck eines gleichgesinnten Denkens ist die Folge.
Und kann durch die Konzentration auf Inhalte dieser Tendenz etwas
entgegen gehalten worden? Somit der gefälligen Medienvermarktung
einer No-futura-Weltkatastrophenmentalität?
In den 19 Jahren ihres Bestehens konnte DIE BRÜCKE
keines der marktorientierten Magazine mit Soft-Layout werden. Vielmehr
gab sie den vielfältigen Informationen und Diskussionsansätzen
den Vorrang vor der gekürzten Gefälligkeit für Auge
und Hirn. Heraus kam ein »Textorgan«. Seit der Ausgabe
72 (Juli-August 1993) erscheint sie als broschierte Zeitschrift
in Heftformat.
DIE BRÜCKE ist ein von ihren Lesern und Leserinnen
bestimmtes Diskussionsforum geblieben, offen für alle Themen,
die sich für eine konsequente Menschenrechtsbewegung in der
europäischen Wagenburg einsetzen. Mehr Raum steht dabei auch
längeren Essays und Beiträgen zur Verfügung, die
philosophische Visionen entwerfen oder grundsätzlichere politische
Analysen liefern. Reportagen, Porträts, der aktuelle Überblick
über den Stand der Entwicklung und die Rezensionen ergänzen
das Angebot weiterhin. Schließlich hat die Lyrik als Vorreiterin
in eine bessere Welt ihren festen Platz.
DIE BRÜCKE versucht, einmal mehr der erzwungenen
Lethargie eine selbstbestimmte Hoffnung entgegenzusetzen. Die Zeichen
stehen schlecht, vielen Projekten, Initiativen und Menschen wird
zur Zeit nicht nur die existentielle, sondern auch die ideelle Basis
entzogen. Doch der staatstragende Konsens darf sich nicht unkritisiert
durchsetzen - auch und vor allem im Medienbereich. Deshalb setzt
DIE BRÜCKE nach wie vor auf die Bereitschaft und den solidarischen
Geist aller, eines der letzten unabhängigen Foren mitzutragen.
Im Zeitalter des multimedialen Absolutismus und der
informativen Manipulation menschlicher Beziehungen gleicht die Arbeit
in diesem Projekt immer mehr einer Donquichotterie, einer Herausforderung,
weltmenschliches Abenteuer zu wagen. Diejenigen, die die Zeitschrift
seit 19 Jahren aufgrund ihrer ausschließlich freiwilligen
Arbeit am Leben erhalten, richten ihren Blick auf den Menschenwert,
der nicht auf dessen »Marktwert« reduziert werden darf.
DIE BRÜCKE kann sich keine Arbeitskräfte
leisten, auch keine Büroräume. So stehen die Satzanlagen
und Verwaltungsunterlagen in den Wohnungen von zwei Redaktionsmitgliedem.
DIE BRÜCKE funktioniert auch als eine Kontaktstelle
und verfügt über ein reichhaltiges Archiv und eine Bibliothek
mit Zeitschriften von ca. 100 Titeln und mit Büchern von ca.
2000 Titeln, die bis jetzt leider nicht geordnet und der Öffentlichkeit
zur Verfügung gestellt werden konnten. Es fehlen nach wie vor
die nötigen Mittel, eine freie, von mentalen Festungs- und
Denkstrukturen unabhängige Dokumentationsstelle für Fragen
des Rassismus und der »neuen Völkerwanderungen«
aufzubauen.
Dieser Zustand hängt mit der altnationalstaatlichen
Strategie eng zusammen, die strafend auffordert anzupassen und im
Gegenzug die Aufklärung über den Status quo reichlich
belohnt. Genau dagegen wehrte sich DIE BRÜCKE und gab den Grundsatzdebatten
über eine gerechte Welt den Vorrang vor den Entwürfen
der Durchsetzbarkeits- bzw. Machbarkeitspolitik. Vor über zwölf
Jahren stellte sie die Forderung nach dem Anspruch auf die obligatorische
Einbürgerung, deren logische Konsequenz die Mehrstaatsbürgerschaft
bedeutet. Gleichzeitig prangerte sie den Artikel 116 GG, das Reichs-
und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 sowie weitere im nationalen
Rechtssystem verankerten »apartheidischen« Bestimmungen
an.
DIE BRÜCKE warnte vor der Gefahr, in der Flüchtlingsdebatte
alles auf den Erhalt des Artikel 16 zu setzen, schlug eine Gegen-Grundgesetzänderung
vor: »Verfolgte genießen Asylrecht«. Also das
Streichen des Wortes »politisch«. Eine Utopie! Aber
die andere Linie, den Artikel 16 zu horoisieren, erwies sich mehr
als eine Illusion, eine jämmerliche Enttäuschung, daß
ein von einer Nation instrumentalisiertes Menschenrecht jeglichen
Wert verliert, wenn es sich in der globalen Arena urn den Verlust
der eigenen Vorteile dreht.
Als das D-Land der siegreichen Marktwirtschaft mit
den Nachfolgestaaten des Staatskapitalisimus bilaterale Abkommen
schloß und den Einfuhr des billigen Humankapitals bewerkstelligte,
warnte DIE BRÜCKE bereits 1992 vor den Anfängen einer
»Sklavenarbeit per Gesetz«. Und heute gibt es in westdeutschen
Metropolen mehr Sklaven als vor zweihundert Jahren, vor allem im
Sexgeschäft.
In der Rassismus-Debatte warnte DIE BRÜCKE vehement
vor der Verharmlosung der strukturellen Apartheid und plädierte
immer wieder, die BRD wegen Menschenrechtsverletzungen an eingewanderten
Minderheiten anzuklagen, was nun dem Programm der NGO-Ideologen
nicht entspricht.
Gegen die Pädagogisierung sowie Gettoisierung
des künstlerischen bzw. literarischen Schaffens der Menschen
aus den Reihen der eingewanderten Minderheiten wehrt sich DIE BRÜCKE
und warnte vor den kulturalistischen Tendenzen in der Exotopia der
»multikulturellen Gesellschaft«.
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