XXVIII. Jahrgang, Heft 151
Mai - Aug 2009/2
 
  Inhalt  
  Meinungen - Karawanserei  
  In den Kulissen der Teutozentrale  
  Weitläufige Weltbilder  
  Gegenwart der Geschichte  
  Kultur-Atelier  
  Medien-Kultur-Schau  
  Lyrik  
     
  Wir über uns  
  Der Verein  
  Archiv  
  Impressum  
     
 

Letzte Änderung:
4.05.2009

 
 

 

 
 

 

 

IN DEN KULISSEN DER TEUTOZENTRALE

Zivilisation am Pranger
Impressionen aus dem Pointenport des Poeten
Von Necati Mert

   
 
 


Verse-Verweis auf Fortress Europe

In morbider Distanz zum Morgenmalen
und hinter dem Mond im Mentalen
donnert das Diesseits wider das Licht
wenn die Geldgigantengilde wie ein Habicht
die Gettos der Girlanden überschwemmt
    während in der Levante die Venus dicht
      überm Meer ihre Haare kämmt

Im dicken Dunkel trainiert der Tyrann
   eliminatorisch mit Ellenbogen-Elan
      in Fahrt geraten unterm Hesperos
beseelt auf der Jagd nach Bestiarium im Troß
so weit wahr wie weißer Rabe und schuldlos
wie Prometheus auf dem Kaukasus
analog dem einäugigen Oktopus
merkantiler Meridian im Mediterran-Naß
unter der Aura des mausigen Messias
In der Feuersäule funkelt sein Opus
die Faksimile der Human Resources
fuhrwerken seine Zögling-Dichterlinge
im Zyklus der zombigen Zirkus-Ringe
      und dergleichen mehr
Seine satten Stammhalter stellen sich dar
in der archaischen Arena als Adel-Erdlinge
stechen durch den Stacheldraht den Star
   und ziehen im Zyklopenzorn
die blassen Bramarbasse am selben Seil
zwergwüchsig im Haramiten-Serail
suchen Refugium vor dem Zyklonenhorn
während in der Kapitale des Kapitals am Main
   seine überfüllten Punkthäuser prunken
Tartüffe-Tüftler in Studierten-Spelunken
das Enderdstück der Geschichte schreiben
   getreu der Marionetten-Manie
um den Losern die Grillen auszutreiben
kokettiert die Kumpanen-Kompanie
Kommunität kommt unter die Räder
Paradiert Pan-Europaeum-Majorität
   hinterm Zwölfsternen-Kranz
      im maritimen Blau
         beim Marketender-Tanz
Kardinaldistel im Graben-Grau
Es gipfelt unterm Nachtraben-Neon
das Lehrgebäude der Leerläufer
wetteifern hinterm Spätmittagslicht mit Chamäleon
kommt das Stillen der touristischen Neugierde
      für primitive Fremden-Herde

Seine Sentimente zeitgeistzentriert
Seine Zitadellen zuleide zementiert
   schlagen transnational die Trommel
      im ruhmvollen Rollen-Rummel
Im Überkastenreservoir des Krötenkastells allein
fleht der Brokerbaron zum Zyklopenklon
   zieht sich zurück ins stille Kämmerlein
fordert in die Schranken den Barbarenzyklon
mit Bravour auch die braven Barden
trainiert Titanentumult in der Top-Etage
   bemächtigt sich der arischen Avantage
wenn der Vagabund hinter dem Warenhauswall
      bis zum Steinerweichen weint
wenn Warnzeichen-Wallfahrer jedes Mal
einen Privat-Propheten zum Profit-Hirten straffen
einen Garten Gottes nach dem anderen raffen
und sich angeben wie eine Lore nackter Affen

Ungefähr zweitausend Jahre her
führen seine Gebieter Gefechte
   mit Bauernfang und Gewehr
Seine Spätlinge schreiten voran
auf den Fährten ihrer Altvordern
wenn sie das Erdenrund auffordern
sich dem Gutsbesitzergott zu ergeben
   und dessen Kreuzritterheer
Seine Gelehrten bieten Gewähr
daß die Zivilisation verträglich bleibt
      zwischen Knecht und Herr
wie sie hier bisher immer war
von seinen Sanculotten sanktioniert
   seinem Championat-Schreiber
      mit lila-langem Haar
in Palast-Papageien-Pantalons selektioniert
sentimental mental als Rabenland-Revolte
von Wandspruch-Vandalen
mit Sakrosankten-Sandalen
spielten sie im Spektakel das sekuläre Stück
         kehrten zugleich zurück
zum Hornissen-Stich der Religion
wie sie hantierten mit abrahamitischem Glück
   gegen die laizistische Rebellion


Prekäre Partie der Piraten-Parteien
am Horn von Afrika

Welch ein Zufall der kontradiktorischen Dokumente. Seit einem halben Dutzend von Jahren am Horn von Afrika. Da trumpfen die trivialen Truppen „Operation Enduring Freedom“ auf. Da auf der Wasserstraße des Allwarenverkehrs zwischen dem Indischen Ozean und Roten Meer blüht ein Phänomen auf: Die Wiedergeburt der Seepiraterie.

Da stürzte zuvor die Republik Somalia ins Chaos der gewalttätigen Horden. Eine Provinz proklamierte ihre Souveränität. Puntland heißt sie, und man mutmaßt dort den Nährboden der zeitgenössischen Korsaren und den Golf von Aden als ihr Operationsgebiet. Da treffen sich Kriegsschiffe allerlei Staaten. Reden macht von sich eine erneute EU-Intervention unter dem Lemma „Atalante“.

Laut der laienhaft fabrizierten Nachrichten überfielen die See-Briganten im Jahr 2008 etwa 100 Frachter im Golf von Aden und im Indischen Ozean, haben rund 40 davon gekapert - bei etwa 25.000 Frachtern, die jährlich das Gebiet passieren.

Nicht viel weiß die Welt davon. Wenige können mit den Korsaren kommunizieren. Und sie rechtfertigen ihre Aktion als Antwort darauf, die reichen Fischgründe Somalias davor zu bewahren, daß sie vollständig ausgeplündert werden durch die Trawler aus dem Norden.

Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Jägerlatein-Literaten der medialen Gilde von dortigen Vorfällen erzählen, ohne jedoch auf den Tatort direkt Einblick nehmen zu wollen. Gerade darauf richtet sich das Augenmerk dieser Zeilen. Doch die Zivilisation scheint noch schlimmer darniederzuliegen.

Die Nachrichten über die Fehden am Horn von Afrika, die als Seemannsgarn oder Jägerlatein ausposaunt werden, bilden hier den Anlaß, einen leicht literarischen Beitrag zum urbanen Standpunkt der hinterweltlichen Oberhäupter des Blauen Planeten zu leisten.

Was ist wirklich los am Horn von Afrika? Als einzige Quelle der Kenntnisse, mit denen das breite Publikum des Planeten versorgt wird, kommt ein transnationaler Pakt der dort operierenden Flottenteile jener Staaten zum Vorschein, die sich als Gorillas der Global Players aufspielen. Was hat sich dort in einer kurzen Zeit von einem halben Dutzend Jahren ereignet, so daß alle größeren und mittleren Seemächte mit dem Gewese der Betroffenheit am Ort präsent sein wollen? Tatsächlich begannen am Ende 2008 vor den Ufern Ostafrikas maritime Heeresverbände jeglicher Großmächte von den USA über Rußland bis zur Volksrepublik China zu konzentrieren. Auch die Regionalmächte wie Iran entsandt Kriegsschiffe in das Gebiet, zum Schauplatz des transnationalen Aufmarschs, wo es sich um die sicheren Wasserstraßen des Warenhandels dreht.

Noch einmal die frostige Frage: Wie kam es zu solchen Übeltaten der Piraten-Profession in einer Erdgegend, wo seit 2002 die pan okzidentalen Panzerkreuzer der „Operation Enduring Freedom“ patrouillieren? Eine mächtige maritime Allianz gegen die Flottile derer, die bisher als arme Wilde über die Schulter angesehen wurden?

Was geht am Horn von Afrika wirklich vor? Wie gelingt es den lokalen Barbaren, die grandiosen Wasserstraßentransporter der Universal-Urbanen zu überfallen und dem Drehpunkt der globalen Handelsrouten dramatisch in die Quere zu kommen.

Läßt sich die Episode als Startschuß eines epochalen Aktes, die Botschaft eines zeitgemäß epischen Heroldes ins Gedächtnis rufen, daß ein Kontinent der Miseren und Malaisen sein Schicksal nicht mehr hinnehmen will? Daß seine Einwohner die Dilemmata, welche ihnen die OneWorldLords auferlegten, nicht mehr ruhigen Blutes ertragen können? Daß ihnen die Geduld reißt, auf Almosen und Brosamen zu warten, die in den auserkorenen Glorie-Galas der Galionsfiguren in den Nordiden-Zentren gespendet werden?

Es liegt nackt zutage: Der Blaue Planet gerät furios aus den Fugen. In allen Lebenslagen bäumen sich die Halden auf. Auch auf den Routen der Yachten, Frachter, Kreuzliner, Öltanker. Die Soldateska der begüterten Hochburgen soll solide in die Unrast eingreifen und den Wasserstraßenverkehr zwischen Ressourcen und Märkten absichern. Gegen die Piratenplage, die im Reich der Primitiven hervorbricht.

Man nennt sie See-Briganten, See-Guarilla, See-Räuber, See-Briganten, Freibeuter, Korsaren u.a.. Gefilmt hat sie noch niemand, und authentische Berichte über eine oder andere kühne Enteraktion auf Fähren und Frachter liegen nicht vor. Auch ein paar Stunden Stöbern im www-Dschungel bringt keine halbwegs klare Einblicke. Alles, was die Yuppies der Journaillen-Junta bieten, gehört ins Reich der Fabel.

Vom größten Korsaren-Komplex aller Zeiten ist die Rede und von Piratennestern entlang der somalischen Küste, die sich in kleine boom towns verwandelt hätten. Auch die Straße von Malakka zwischen Malaysia und Indonesien sowie das westafrikanische Ufer werden von Seeräubern unsicher gemacht, wird verbalisiert.

Im Jahr 2008 habe es laut der Internationalen Seefahrtsbehörde (IMB) bereits über 60 Piratenangriffe vor Somalia gegeben, die meisten im Golf von Aden, der das Rote Meer mit dem Indischen Ozean verbindet.

Also melden sich maritime Mächte zur Mannestat. Viel ist passiert seit zwei Jahrzehnten vor der somalischen Küste, lautet das Gebrüll in ihrem Luftschoß. In der Tat: Hier in diesem gefährlichen Gewässer der Piratenpower wurde neben dem saudischen Supertanker „Sirius Star“ eine französische Luxusyacht mit 30 Passagieren an Bord gekapert. Den See-Guerillas ist ein ukrainischer Frachter mit 30 Kampfpanzern für Kenia in die Fänge geraten. Die Zahlenkurve klettert empor: Da ist von 90 Überfällen im Jahr 2008 die Rede und von 16 Hochseefrachtern, die sich in der Hand der Korsaren befinden. Experten taxieren den Jahresumsatz von Lösegeld bei den Piraten am Horn von Afrika auf etwa 300 Millionen Dollar.

Während die Gehilfen der medialen Meute reichlich mit Seemannsgarn und Jägerlatein auf den Pudding hauen, bereiten die Potentaten der nordisch atlantischen Alliierten effektive Interventionen vor, geraten auch in Rivalitäten. Während z.B. die Ressortsregenten unter der Barolina an der Spree die mutwillige militärische Aktion unter der EU-Standarte starten wollen, bestehen Pentagoniens Strategen am Potomac auf den NATO-Stab. Und da stehen Rußland und China mit Fregatten, angeblich auch auf Piratenjagd, vermutlich eher, um ein Auge auf dieses Pulverfaß zu richten.

Die Möglichkeiten der überstaatlichen Flotte scheinen eine Menge Lücken zu haben, so daß die aus dem Irak-Krieg bekannte private Sicherheitsfirma „Blachwarter“ am Horn von Afrika das fette Geschäft riecht und beim Militärschlag gegen die Freibeuter die Finger mit im Spiel haben will. Bereits Ende 2008 plante sie eigene Sturmboote mit Söldnern und Helikopters in den Dienst zu stellen und Hochseetransportern potenter Kunden Begleitschutz zu gewähren.

Außer Zweifel erscheint, daß diese Nationen gegen die andere Art des Piratentums einschreiten, gegen die Fischfang-Frachter aus ihrer Hemisphäre. Was soll nun sonst sicher gemacht werden? Hohe Profite jener Seeräuber, also Thunfischfänger, die einst die Fischgründe Somalias überfielen und die Hiesigen zur gewalttätigen Reaktion provozierten? Diese Episode der Widergeburt des Piratentropus stößt beim breiten Publikum der Betuchten-Bastei hier im Alten Kontinent auf kein Verständnis.

Einem Bericht der FAO (UN-Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation) zufolge drangen in den Jahren nach 1991 bis zu 700 ausländische Fischereiboote auf der Jagd nach Thunfisch, Hai und Shrimps dicht an die somalische Küste vor. Rücksicht auf die Einwohner der lokalen Subsistenz-Strukturen und Kommunität nahmen sie nicht. Laut einem Bericht der Londoner Menschenrechts- und Umweltorganisation Environmental Justice Foundation rammten die Invasoren die Nußschalen der Einheimischen, beschossen deren Insassen mit Wasserkanonen, kappten ihre Netze und nahmen dabei selbst den Verlust von Menschenleben in Kauf. Thomas Wagner führt in „junge Welt“ vom 12. Dezember 2008 folgende Episode aus:

„Über die heutigen Piraten am Horn von Afrika wissen wir weniger als über ihre historischen Vorgänger. Dennoch stellen sie Teile der herrschenden Medien als raffgierige Verbrecher dar, die womöglich mit den Terroristen von Al-Qaida unter einer Decke stecken. Dabei wird oft übersehen, daß die selbstorganisierte Küstenwache der Fischer aus der von ihren Clan-Chefs für autonom erklärten somalischen Region Puntland manchem Experten zunächst als vorbildliche Ordnungsinitiative von unten galt. Immerhin hat das Land 17 Jahre Bürgerkrieg hinter sich und kennt seitdem keine wirksamen staatlichen Strukturen mehr. Presseberichten zufolge sollen die ersten Piraten an der Küste Puntlands Fischer gewesen sein, denen illegal operierende Fangfabrikschiffe aus aller Herren Länder die Lebensgrundlage zerstörten, indem sie die thunfischreichen Gewässer ausplünderten. Weil keine staatliche Küstenwache vorhanden war, hätten die Fischer, unterstützt von Exmilizionären und technischen Experten, im Auftrag ihrer Hafengemeinden und Clans den Weg der bewaffneten Selbsthilfe beschritten. Sie brachten schwimmende Fangfabriken auf und erpreßten Wegezoll von Handelsschiffen, die illegal Giftmüll in den Küstengewässern verklappten.

Piratenforscher Haude hält es für plausibel, daß die arbeitslos gewordenen somalischen Fischer ihre seemännischen Fähigkeiten im Seeraub anwenden: ‘Das ist eine von wenigen brauchbaren Existenzstrategien.’ In Interviews mit der BBC oder der New York Times gaben einige Piraten an, aus sozialer Not zu handeln und die Beute untereinander und mit den Mitgliedern ihrer Clans zu teilen. Dessen ungeachtet wird eine High-Tech-Kriegsflotte aus Schiffen der NATO und der EU mobil gemacht. Man scheint sich auf die Parole geeinigt zu haben: ‘Gegen Piraten helfen nur Soldaten!’“

Die wahren Piraten jagen nach Mehrwert als Waren, die sie privatisieren, um maximale Profite zu erzielen. Dabei scheuen sie keine manierierte Manipulation. Zum Beispiel besitzen spanische Eigner die weltweit viertgrößte Flotte von Frachtern unter Billigflaggen und gehen ihrem täglichen Geschäft auf Briganten-Basis nach.

Je sicherer Marineverbände aus der EU, die Operation „Atalanta“, die Gewässer vor Somalia machen, umso rapider wachsen dann auch wieder die Extra-Profite dieser raffinierten Raubritter der Weltmeere.

Die Fangflotten aus der nordischen Halbkugel legen nicht nur die Thunfischgründe trocken, auch versenken sie ihren Müll vor der Küste Somalias.

Fangflotten folgen transnationaler Jagdflottile. Die korpulenten Korsaren aus dem Alten Kontinent, die den Golf von Aden coram publico in Müllgruben verwandeln und die dortigen Fischbestände ausräubern, erhalten von den maritimen Piratenjägern sogar rüstigen Rückhalt. Diese Marineverbände halten über die weltläufigen Rivalen der renommierten Raubritter den Schild und präsentieren sich systematisch als präventive Patrouillen einer stattlichen Staatengemeinschaft, die Ellenbogenrecht praktiziert und weitläufig die Privation der kollektiven Reichtümer auf Touren bringt.

Noch einmal zurück zum Rundblick auf den Ausbruch: Die explosive Rückkehr der Piraterie am Horn von Afrika hat damit zu tun, daß in Somalia seit weit mehr als einem Jahrzehnt keine Staatsgewalt mehr existiert. Doch jene Mächte, welche die dortigen Zustände beklagen, wissen damit durchaus etwas anzufangen: Hochseeflotten, vorwiegend aus dem Umland der EU, lauerten auf eine günstige Gelegenheit, in den somalischen Hoheitsgewässern schrankenlos zu fischen, andere wiederum freuten sich, für ihren Giftmüll einen Ablageplatz zum Nulltarif gefunden zu haben. Daß dabei die Fische vergiftet werden, die die Trawler herausholen und an den Markt bringen, gehört eben zu den Mißverhältnissen, die die kapitalistische Gewinngier in sich birgt.

Danach fragt der gute Mensch aus Zivilisierten-Zentren einen Dreck. Und wenn er vor dem Bildschirm erfährt, wie die Fregatten seines Landes vor dem Piratenport patrouillieren, tun sie das natürlich mit den anständigen Absichten, internationaler Kriminalität entgegenzutreten. Sie führen Krieg, um diejenigen, die ihren Expansionsambitionen ins Gehege kommen, wieder in das Reservat der Parias zurück zu zwingen. Trotz des Aufmarschs reihenweiser Seestreitverbände stiegen die Piratenangriffe im Januar 2009 auf ein neues Rekordniveau. Dreiundzwanzig Frachter wurden attackiert, drei Kaperversuche gelangen.


Der Planet der Global Players

Die allzeit größte Pressuregroup
mit dem liberalen Label Euronien
   dem chronisch christianisierten
      kosmisch kristalisierten Klub
unterm Krisen-Komet der Furie-Hurien
lebt die Apokalypse zwischen Zorn und Hades
   der Untergang des Abendlandes
       als gemein Ausgeraubten-Rache
          nah und fern verstaubter Drache

Noch steht sein Gestern unverhüllt
sein Heute von Hautevolee aufgewühlt
sein Morgen morbid im Morast
und sein Reich dem Universum zur Last
solange sein Untertanentum per Faktum
   der lässigen Unmündigkeit nicht
      mundfertig den Garaus macht
das Taumel-Tuch abwirft und bricht
das gefälschte Gedankengebäudegewicht

Jeden reifen Morgen im Schwange
Auf einer originell ornamentalen Ottomane
spürt der Verfasser dieser Verse lange
nach dem Urquell des merkantilen Marasmus
ob in humaner Kopfnuß oder kosmischem Korpus
auf den Spuren nach sinnfälliger Sintflut
   begegnet er fort und fort
dem kohlrabendunkel dublierten Dort
wo der Herr der himmlischen Heerscharen
      mit dem Höllenfürst Bescheid tut
und Schaumschläger sich mit Scharlatanen paaren
Mehrwertgeier mit apostolischen Heu-Hyänen
stempeln die Subsistenz-Sonderlinge
   als Barfußstamm der Barbaren
      beenden den Stand der Dinge

Während die treuen Stammhalter der teuren Kasten
unterm unreifen Tannenbaum zu assimilieren asten
      im hurenden Hurra-Haufen
         den Weltenlenker anzurufen
denkt der Verfasser dieser Verse bloß
wie der Tribunal-Titan im Tartaros
an die Horden der Hominiden und deren Los
       klagt den Jubel-Jesus an
   den Pontifex maximus und Trara-Tyrann
klagt an die Triviallyrik unterm Triumphbogen
Zombie-Cäsaren der Dramaturglogen
   prangert an die Potentaten-Posten
   Privation-Power an Palais-Pfosten


Planetenparias prangern die Zivilisation an

Auf den Klimawandel, der rasant voranschreitet, reagieren die metropolitanen Potentaten mit dem klassischen Klimbim der Kleptokraten. Oft bewerkstelligen sie ein praktisch polemisches Politikum, das Phänomen, das zu Naturkatastrophen ungeahnten Ausmaßes und Schäden immer weiterer Himmelsstriche führt, als schwere soziale Konsequenzen der prosperierten Zentren zu interpretieren - davon ausgehend, daß die Migrationsfluten ihre Sicherheit und Stabilität sabotieren. Daher befassen sich auch die Appellanten der Epauletten-Eigner mit der Thematik und ziehen militärische Antworten auf die gesellschaftlichen Folgen von der Mutation des Weltklimas vor.

Dabei richten sie den Fokus nicht nur auf die Konflikte um knappe Ressourcen als die schwersten friedensgefährdenden Faktoren der Gegenwart wie der Zukunft. Das okzidental zentrale Lehrgebäude der Intelligenzbestie warnt vehement vor einer durch Umweltkatastrophen an der Peripherie ausgelösten Massenmigration in die Zentren des Wohlstands. Angewandt werden die Methoden der Piraterie, um den enteigneten Menschenströmen den Weg abzuschneiden.

Selbst die Spätankömmlinge in den wohlsituierten Staaten auf den beiden Seiten des nordischen Atlantik werden als Galeerensklaven beäugelt - in den Randstadtgebieten verwester Verhältnisse. Als hybride Heloten in den Generationsgettos. In KZ-ähnlichen Quartieren hinter Stacheldraht und Betonmauer. In Deportationsdepots. Mit Residenzpflicht und Arbeitsverbot. Hinzu kommt: Hunderttausende malochen irregulär zu Hungerlöhnen.

Nimmt man zur Kenntnis, daß der Blaue Planet sich wie ein ramponierter Komet auf einem grund-grauen Orbis bewegt, kommt die Kritik der zivilisationszentrischen Intelligenzia als närrische Naivität, wenn nicht als narzißtische Narretei anmarschiert. Angesagt ist daher, die Zivilisation selbst zum zentralen Thema der komplexen Analyse anrücken zu lassen.

   

Netzbrücke:

• Necati Merts Kolumne

• Mehr lesenswertes   Textmaterial

• Wider den Schwarzen   Winter

• Porträt des   Periodikums