Dem A und O des publizistischen
Handwerks wohnt die Maxime inne, frühlingsfrohe Botschaften
in Worte zu kleiden und lebhafte Brücken zwischen Menschenlandschaften
zu illustrieren. Doch Konjunktur haben am medialen Horizont Metaphern
wie Komplotte, Kriege und Katastrophen.
Als Protagonisten und Troupiers der Tragödien
posieren die Potentaten pausenlos in televisionären Foren,
die Fatalisten in den Feuilletons. Ein noch nie dagewesener Chor
der Klage-Koalition stimmt die pessimistischen Passagen phantastischer
Arien aus der archaischen Arena des Endkapitalismus an.
Apologeten der Apokalypse und das Orwellsche Orakel
feiern fröhliche Urständ. Ein kosmisches Chaos rufen sie
feierlich aus und sanktionieren das Überlegenen-Recht einer
erdweiten Privatier-Kaste mit Definitionsgewalt sowie High-Tech-Waffen-Arsenal.
Die Marketender-Manie markiert die höchste Etappe
einer global-sozialen Apartheidspyramide. Es gibt keine Meetings
universalen Ursprungs, sondern nur noch patentierte Zirkel und Sektionen
der Pressure Groups.
Handel und Händel ergänzen sich. Mobiler
Solidaritätsaustausch findet zwischen Cosa-Nostra-Nobilitäten
aller Länder statt. Unterwegs das Erdenrund unbehelligt zu
erobern, brüskiert die Urbanen-Brücke des Raumschiffs
Erde alle denkbaren Informationen kollektiven Gehalts, die sie unter
bösartigen Formationen der Barbaren-Barken zusammenführt.
»Culture-Clash!« lautet ihr Schlachtruf,
der sich dafür eignet, die Novellen des Antagonismus zwischen
Get-together-Partys der Upper Class zu nivellieren.
»Culture-Clash«, um missionarische Kultur-Krieger
zu rekrutieren – gemäß der Renaissance jenes Rittertums,
das sich auf den Kreuzzug gen Morgen aufmacht. Orient kann überall
sein, lautet ihre Lektion. Fabuliert werden Allegorien auf heranwachsende
Orientalen, die angeblich überall außer Rand und Band
sind, West-Werte zu zertreten.
»Culture-Clash« – hundsmiserable
Cartoons in europäischen Blättern, die generell nicht
zum Genre heiterer Laune gehören, sondern dazu, von Kunstkritikern
zerrissen zu werden, geraten zum Politikum. Verwenden lassen sie
sich, Blütenträume vom humanen Dasein aller zu verspotten.
Ans Licht kommen dagegen die Enklaven der Utopia als
kosmopolitane Inseln auch in den metroplitanen Gegenden. Hier liegen
auch die mentalen Gegensätze zwischen Gestern und Morgen, zwischen
Kommerz und Kunterbunt.
Daher schrieb die Redaktion dieses Blattes im vergangenen
Frühsommer den Literatouren-Wettbewerb »Kosmopolitania
SaarLorLux« aus. Die Reaktionen blieben in Grenzen. Immerhin:
Über vierzig Beiträge sind bis Mitte März 2006 eingetroffen.
Sie bilden den Schwerpunkt des Frühlingsmeetings
2006 im Mai. Es umfaßt neben der MV des Vereins DIE BRÜCKE
e.V. und der Redaktionskonferenz der Zeitschrift die feierliche
Bekanntgabe der drei erst eingestuften Teilnehmer des Literaturwettbewerbs,
die im Sommerheft (Ausgabe 141, Juli-August-September 2006/3) porträtiert
werden. Das heißt, die Don Quixoten-Karawane bleibt unter
der Maxime »Kosmopolitania« auch künftig auf Achse.
Noch läßt sich nicht von einer einigermaßen
heiteren Illustration der Morgenträume sprechen. Denn der Fetisch
Abendland sitzt tief im Schädel des Jetztmenschentums. Er lockt
noch wie die Mutterbrust den Säugling. Leicht ist, ein Artefakt
zu artikulieren und Antis zu attackieren. Aber Kritik wohnt dem
Wertvollsten inne, wenn ihrem Könner gelingt, erst ein Für
zu beschreiben und es dann dem Wider entgegenzuhalten.
Necati Mert
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