XXVI. Jahrgang, Heft 143
Jan - Feb - Mär 2007/1

 
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Letzte Änderung:
31.01.2007

 
 

 

 
 

 

 

In den Kulissen der Teutozentrale
Der Notstand der nordischen Nomenklatur
Über Kulturkreis-Kompagnons der imperialen Baronen-Bastei und elitäre Elogen auf das Elend im Außerhalb
Vielschichtig widersetzliche Winter-Notate von Necati Mert

   
 
 

Über ein Viertel Jahrhundert gab ich mir allerlei Mühe, hinter die Kulissen des Teutonen-Theaters zu blicken, in dem konzentriert die Menschenlandschaften migrantischer Manifestation konzertiert werden - als Tragikomödie im fiktiven Korridor realer Kreaturen. Nichts als der politischen Korrektheit, nämlich Loyalität gegenüber der demo-kreierten Majorität, ließ sich auf die Spur kommen. Was am Ende unter meinem Brustkorb die koronare Krankheit verursachte, ist der Fortbestand des gesellschaftlichen Marasmus.

Nichts Neues in den Kulissen der Teutozentrale - außer, daß die Lügenbeutel bitter ihrem Einfluß auf das Publikum verlustig gehen. Dennoch steigt die Profitabilität der Fabelflut bei der Konstante ihrer Produktivität. Funktionäre und Hinterbänkler, Institutionen und Substitutionen der superimperialen Suprematie stehen frohgemut im Ebenmaß nebeneinander, geraten nicht aus den Fugen.

Mit dem Elan des Don Quijoten setze ich den Schwur fort, gegen den Strom zu schwimmen - trotz des ersten Herzinfarkts Anfang Oktober 2006. Nachfolgenden Notaten wohnen nunmehr ein paar prägnante Proben aus der prahlsüchtigen Präsentation der abendländischen Zivilisation inne - mit zeitweilig kritischen Blick auf deren demokratisch dekorierten Tabubezirk.

Am Gegenüber-Gestade der imperial instrumentalisierten Impressionen

Die dem Schein nach geteilten Gewalten der Demokratie, deren Tiefgang sicherlich darin liegt, das Begehren der Bourgeoisie nach fundierter Ausbeute zu befriedigen, kommen quasi einer absolutistisch-aristokratischen Despotie gleich, wenn nicht einer Cosa Nostra.

Auf dem projektiven Mons Vaticanus der kraftvoll krakeelenden, krisen- wie krampfhaft komplettierten Demokratie prunkt die Demagogie, läßt die poppigen Puppen das Tanzbein schwingen und die markant manierierten Marionetten des Marktes zu Tode konkurrieren.

Bourgeoise Briganten, bravouröse Broker und profane Profiteure bevölkern das Zentrum der Zivilisation am Firmament finsterer Mythen. Der präpotente Prototyp der parlamentarisch-malerisch kreierten Staatskunst zaubert seinen Gott aus Talern, reicht sie dem Gläubigen als Kreation zum Liebkosen und weint vor Kameras um die Opfer des ökonomischen Totalitarismus. Es ist die Poesie dieser Tage, die Allmende aufzuspalten und sie dann allesamt zu privatisieren.

Das windige Gurren der Tauben weckt die Tamtam-Titanen der Humanität und Vagabunden der Überlegenen-Urbanität nicht mehr. Verquere Wege werden sie noch gehen müssen. Winklige Wenden stehen ihnen bevor. Die selektiven Sektionen der Zivilgesellschaft miauen machtlos und kiebitzen, wie die Kluft zwischen Unbegüterten und Gutsbesitzern immer tiefer wird. Die neoliberal nivellierte Staatsgewalt nimmt jeglichen Gedankengehalt des Kollektiven ins Gebet und gebietet über das Ellenbogenrecht gemäß der Technik der demokratischen Determination.


Die frostige Devise der frustrierten Demokratie-Deuter: Devotion oder Detonation

Im Zuge der neoliberalen Hochwellen unter dem Lärm der Globalismus-Glocke seien die Welten, legen die strammen Sprachrohre der konföderierten Konjunkturritter aus voller Kehle den Ton auf den Gemeinplatz, so dicht heranrückt wie noch nie zuvor. In der Tat überwiegt überallher die Ellbogengewalt des Sozialdarwinismus. Je mehr sich der planetäre Reichtum entfaltet, desto tiefer gehen die Kluften zwischen Besitzburgen und Elendsbergen. Existente Verhältnisse kranken immer grauenvoller. Obwohl die erdweite Agrar-Produktion gegenwärtig imstande ist, zwölf Milliarden Menschen, annähernd das Zweifache der heutigen Einwohner des Blauen Planeten, zu ernähren, verhungert alle fünf Sekunden ein Sprößling und nagen über 800 Millionen Zweibeiner chronisch am Hungertuch.

Es verging im wohl temperierten November 2006 kaum ein Tag, an dem nicht über Gewaltopfer im mittleren Morgenland, vor allem in Mesopotamien berichtet wurde. Eben dort, verkündete der Zeitgeist-Cäsar des Novum Romanum, wollte man degenerierte Despoten demolieren sowie die buschig dialektische Montage der Demokratie dokumentieren.

Der als „Kampf gegen den Terror“ überschriebene, frisch freibeuterische Kreuzzug demokratischer Dominante im Orient läßt den fürstlichen Desperados der okzidentalen Herrschaftshäuser die niedliche Maske vom gemeinen Gesicht reißen. Dennoch halten die apostolisch positionierten Apologeten der Anthroposophie an ihrem Donnerwetter fest und lassen solche Schaukisten wie „Clash of Civilization“ nicht mehr in der Ecke stehen.

Gegen die nichtpaktgebundenen Protagonisten der peripheren Erdstriche richtet sich der Taktstock des Demokratie-Tempels. In einer brenzligen Lage, Achillesferse auf der Stirn, Ach-Wach-Verse im Hirn beten seine Groupies bei jedem Gott gegen die Krise. Dem Patronagen-Pakt der Oligarchen paßt jede Predigt des Papstes.

Das Tartüff-Tamtam mit dem apostrophierten Apostaten, dem „Islamo-Faschismus“, gewährt dem demokratisch dogmatischen Kreuzzug ein doktrinär diktatorisches Alibi. In facto: Das westlich festlich favorisierte Menschenrechtsmetier fungiert als mental merkantile Attacke kreuzzüglerischer Krisenkommandos, damit als präventive Konterrevolution. Entschieden wird über das Nachher des Erdenrunds von einer Cosa Nostra in der Rotunde eines Kapitols, dem Oval Office eines Weißen Hauses und im Patronagen-Labyrinth eines Pentagons.

Die „Vierte Gewalt“ als scharfzüngige Sektion der systemischen Tugendwächter der Dolce-Vita-Zentren tritt in die Fußstapfen der Trophäenjagd-Truppen, haust auf der Waren-Warte und rast hinter dem okkulten Okkupationskonvoi der One-World-Oratoren her.

Im Blätterdschungel der marktfrommen Journaillen-Junta bieten die Ideenmeetings nichts weiteres mehr als ein babylonischer Sprachengewirr. Über keine systemischen Synonyme mehr können die Jünger der medialen Paria-Kaste reportieren, sondern nur noch über antiquierte Antonyme von Tabu-Türmen. Immer wenn eine kritisch kreierte Karikatur in einem Boulevardblatt aufkreuzt, folgt ein leichtfüßig inszenierter Klima-Krieg, der die Botschaft an die Besitzlosen enthält, jedes Jahr zu überleben - in einer virtuellen Vegetation gemäß der Qualifikation des abgehängten Prekariats.

Ob der Sturzflug der Libelle abends oder nachts stattfindet, sei dahingestellt. Den Blattmachern dämmert nur, daß D-Konjunktur am Exporttropf hängt. Erschreckend wird für die Frühklugen sein, was sich dahinter verbirgt. Zum Beispiel bejaht das grüne Haus- und olive Halbblatt „TAZ“ die Heeresflieger erdweit im Landeflug, um ehrenwert die heimelige Heimat zu hüten.

Groß-D-Divisionen, die unter der Zwölf-Sternen-Standarte im okzidentalen Projekt des Protektorats „Great Middle East“ patrouillieren werden, um die Flußbetten der Rohstoffe, allen voran des Petroleums, zu sichern, suchen sich auf einem zunehmend uniformen Planeten ihren Platz. In ein Wespennetz gouvernementaler Manöver eingespannt, kommt ein gigantisches Lehrgebäude des merkantilen Markenzeichens im gestreckten Galopp in Fahrt. Gleichlaufend trällern Mainstream-Tenöre Maienzeit-Musicals für kommende Koalitionskonstellationen im Großkopferten-Kosmos.

Mit der Vokabel „Menschenrechte“ fechten die Stammhalter der Musketiere aus dem Zeitalter der Jacobiner-Junta seit zwei Jahrhunderten gegen die orakelhaften Ornamente des Orients, fuchteln mit dem aufklärerischen Kubus gegenüber jener Furie, die sie eigenhändig auffrischen und einfallsreich beflügeln.

Diese Troubodoure der Universalität rühren die Trommel für das Trabanten-Tamtam der Titanen-Urbanität, bleiben dem Humus der Tartüff-Triumphe treu. Und die leidige „Leitkultur“ der zeitnahen Kreuzritter fundiert fundamental auf dem linearen eurozentrischen, analytisch-fetischistischen Gedankengebäude der holdselig hofierenden Garden auf dem Hohlweg zum morastigen Morgen im hoffärtigen Westen.

Demokratie und Freiheit im engen Kontext mit der totalitären Expansion des Marktes sind Feuer und Flamme für den abendländischen Werte-Fundamentalismus. Welche emanzipatorische Gegenpositionen zu dieser bedrohlichen Dynamik ethnizistisch entwickelter Evolution entstehen kann, bleibt noch unklar.


Zwischen Übermorgen und Vorgestern liegt das www-Nirvana

In einem unentwirrbaren Interessengeflecht stützen sich die Desperados der Demokratie, Despoten der Timokratie und Massas der Massenkommunikationsmittel als de facto Komplizen gegenseitig wie die Bögen einer Brücke, demonstrieren die Einigkeit, wittern im Gewitter den Kapitalismus, weihen das Fruchtfleisch der humanitären Existenz, nämlich den Freihandel. Die besten Happen bereits unter den Nagel gerissen, attackiert die koalitionäre Triarchie die letzten Reste der Natur und baut ihre Macht über Menschen aus. Das reale Merkmal des Bürgers bleibt die Unterwürfigkeit.

Blümerante Pöbel-Blöcke, in der Portefeuille des State Departements als Politikum bevormundet, legen sich ins Zeug, lärmen, lähmen und befehden sich gegenseitig. Die prädestinierte Paria-Parteien der Peripherie präsentieren sich auf ihrem prowestlich programmierten Kurs als Extra-Exempel der event-gerechten Evolution.

Ein Tornado zieht über das Erdenrund, entvolkte Gegenden expandieren. Dämme scheinen gebrochen und Sperren weggeschwemmt zu sein. Katastrophenbilder und tragische Tropen werden direkt ins Wohnzimmer der Wohlbetuchten gespült. Doch welcher Affe verzichtet auf Bananen?

Zu weltanschaulichen Ladenhütern avanciert, spielen ein paar Greenhorns die Gutmenschen-Komödie als trickreiche Spezies und geben wie eine Lore nackter Affen an, den Termitenhügel der Humanitas erreicht zu haben. Es gedeiht die Saat der Scharlatanen-Satire in Mischformen. Um ihren sozialen Status zu legitimieren, bedienen sie sich der selektionären Sentenzen, klagen das moralische Sentiment ein. Es weht heftigster Schwindelwind ins Gesicht.

Als ideologische Keimlinge trüben sie den Blick dafür, daß andere Faktoren der kollektiven Existenz in Betracht kommen, lenken das Soziale in kulturell segmentierte, ethnisch artikulierte Bahnen, erdichten das andere als Gegenkategorie.

Offen zutage treten die Jakobiner-Jünger hinter den Krautjunkern und Konjunkturrittern auf der Jagd nach Jaguar. Im Latifudium der Humanitas salutieren sie vor Blutsauger, sanktionieren, sanieren, weißeln, geißeln...

Um den Staatsmonopolismus weinen nur noch die Statisten der längst abgesetzten Serien, die den Ideen des Kommunismus treu blieben.

Aufklärerisch tätig operieren die ordinären Opportunisten der Option Gemeinwohl, hauen stetig auf den Putz, den Eigennutz der Privatiers und Loser optimiert zu haben. Poppige Publicity ist alles, was sie unausgesetzt anbieten, antiquierte Anthropoiden zu artikulieren. Zwischenzeitlich lehnen sie sich auch selbstironisch zurück und bestaunen die geblümte Kommunikation mit einer Lex Islam. Es gehört zu ihrer Fertigkeit, nun gerade nicht gewußt zu haben, daß doch die Trauben hoch hängen.

Wald-und-Wiesen-Revolution der Europiden-Emanzipation schließt die Wüste mit Bootssteg ein. Und seine Avantgarden experimentieren, Trommeln für den ethnisierten Rückhalt zu rühren. Vorzuhalten ist den Multi-Missionären der Demokratie, sich als Statthalter des Imperiums Ameuropa zu genieren und die Demontage der Lebensgrundlagen voranzutreiben.


Der Noch-Moloch der Migranten-Meute – Maquila-Malocher, Fronsoldaten, Heloten, Legionäre...

Ein Grausen geht um an der Scheidewand der Feste Europa des Greisen-Geschicks, der „Methusalem-Komplex“ beim bevorstehenden Komplott durch das Migrantenmanifest. Es tankt aus den Grundfesten des Kampfes ums Überleben. Seine Subjekte begehren gegen den Kanossagang in den Zitadellen der Ellbogen-Zivilisation auf.

In Lateinamerika wird die Stimme der Leibeigenen unter der Laterne der Rebellion allemal lauter. In Mexiko maskieren sich Zapatisten, nicht aus Furcht vor Massaker, sondern um gesehen zu werden, wenn sie marschieren.

Die Migranten-Menge bahnt sich an - eingewiesen in den Hungerturm, auch Auffanglager genannt - zu vegetieren. Davor wuchert ebenfalls die Angst der Wachposten. Und das Mauerwerk gegen die Migrations-Touren vor den Toren Europas nimmt stets neue Konturen an.

Auch die Staats- und Status-quo-Künstler der nordisch arischen Aristokratie geistern über die Arena der Miseren, ihre argwillig erzielten Produkte speisen sich aus dem Tragödien-Arsenal der Unterlegenen sowie der Arrestanten in den Deportationsdepots.

Die NGO-Hünen und Netzwerk-Hunnen rebellieren im Chor auf der Rebhühner-Jagd gegen den Rest des humanitären Kollektivs. Sie wenden sich zur Flucht in die Höhle ihres Homo oeconomicus, wenn schweres Winter-Wetter einsetzt und warten sicher, daß es in Bälde aufklart.

Der Weltblick des europiden Humanisten fixiert auf einen einzigartigen Fokus, auf die Eulenflucht der sozialen Evolution. Seine Mentalität in Sachen Menschenrechte zwingt ihn, die Sklaverei in höchster Form zu formulieren, sie fortan als Fruchtbarkeit zu fundieren.

Die Freiheit der Enteigneten, sich als Produktionsfaktor im Frondienst anzubieten, erfährt eine hoch epochale Episode. Diese meist dunkelhäutigen oder brünetten Zweibeiner werden in Reservaten gehalten, in der Gestalt der Globetrotter als Reservearmeen gehandhabt, derer sich die weißen Wachtturmhalter der Zivilisation bedienen können, die auch die Grenzen der Freiheit im Gegengestade bestimmen.

Deputiert von der demokratischen Nomenklatur, also der Demokratur, organisieren die Peiniger für die aufgefangenen Parias auch im Deportationsbetrieb Seelsorge. Deportiert werden die „Illegalen“ ins Niemandsland, sich frei zu bewegen.

Die Not des anderen ist trotz allen Geredes über die Universalität der okzidental okulierten Menschenrechte und Humanität abermalig ein kurzweiliger Gesprächsstoff in televisionären Routinier-Runden. Denn der Gedankenflug der westlichen Weltherren kreist in diesen Zeiten weitläufig um die Zukunft der eigenen Zuflucht.

Über den Flaschenhals der Abwehrmaschinerie wachen die Nornen des nordisch zivilisatorischen Normalismus. Mondän mimische Mondialisten und planetär prahlende Open-Society-Sympathisanten hantieren mit hochmanipulierten Geisteskräften, das systemkonforme Szenarium der mondialen Sklaverei menschenrechtsmental zu vollenden. Eifervoll attackieren sie jedes Feuer am Gegenufer als Adressat der Wegelagerer, führen einen Eiertanz auf und verdrängen sogar den eigenen Werte-Werdegang, wenn ihm kein selektives System innewohnt.

Ein herrisch aktiviertes Heer von Initiativ-Akteuren paradiert durch die Trenntäler zwischen Urwohnhaften und Spätankömmlingen, patrouilliert vor dem Zu-Wanderer-Werk der Herrenmenschen-Mentoren. Sie schmücken ihren Blätterwald mit Zitaten aus okzidentalen Klassikern der Literatur und brüsten sich sogar, noch keine Bekanntschaft mit einem orientalischen Reimeschmied jenseits der exotischen Exilanten als Klinkenputzer vor dem weißen Herrenhof gemacht zu haben.


Compañeros des Trikonts

Ein Gespenst geht um in den Kapitalen des imperialen Planeten. Der erhoffte Erfolg der europiden Abwehrstrategie gegen die Migranten-Meute aus den trikontinentalen Mega-Slums blieb aus. Tausende Elendsflüchtlinge setzen nach wie vor vom Schwarzen- zum Weißen-Kontinent über und drängen in die erbärmlichsten Arme des irregulären Arbeitsmarktes. Und kaum daß sich die Winterstürme legen, flimmern Bilder von Schiffbrüchigen und angeschwemmten Leichen über die TV-Monitore.

Dagegen prahlen die Pariser und Berliner Innenminister planmäßig vorzugehen und glauben, den Migrationsdruck durch eine Art Ventil zu lindern. „Zirkuläre Migration“ lautet ihr mentales Leitwort. Demnach darf künftig ein gewisses Kontingent brauchbarerer Arbeitskräfte aus dem Süden drei bis fünf Jahre befristet in der Maquila-Manufaktur der EU malochen. Den Regimen der Herkunftsländer wird dabei der Gegendienst auferlegt, ihre Untertanen - notfalls mit martialischen Mitteln - davor abzuhalten, daß sie sich auf Fährten zum ihres Kampf ums Überleben in die nordischen Zitadellen aufmachen.

„Rotationsprinzip“ nannte sich der vertraglich festgeschriebene periodische Austausch der Malocher in den Fünfzigern und frühen Sechzigern des vergangenen Jahrhunderts. Die darauf fundierten Ausländergesetze hatten neben der perfekten Aussicht der importierten Fronarbeit auch den ethnisch homogenen Charakter der Nachfolgerepublik des Deutschen Reichs instand zu halten.

Bundesdeutschland bugsiert, seine Sachwalter delegieren die Arbeit an der Scheidewand, dirigieren das Orchester der Fistula - zuletzt während der „Afro-Europäischen Ministerkonferenz“ am 22. und 23. November 2006 in Tripolis. Millionensummen wurde dort den Maghreb-Mächten versprochen, wenn sie willfährig in den Deportationsbetrieb einsteigen sowie sich als Tacheron für den Abtransport von Fluchtmigranten aus den Metropolen der Wonnetrunkenen arrangieren. Der Konferenz der Kompradoren-Kräfte wohnte auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble persönlich bei. Und seine Behörde kündigte kürzlich an, bisher bestehende Abschiebeabkommen „auf Staaten des Kaukasus sowie verschiedene Herkunftsstaaten in Afrika und Asien“ auszuweiten. Hochziel ist es, sie nicht nur zur Übernahme eigener Bürger zu verpflichten, sondern auch zur Aufnahme von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen.

An der „Afro-Europäischen Ministerkonferenz“, die wie ihre Vorläuferin im Juli 2006 unter dem gleichen Label in Rabat stattfand, das globale Menschenmanagement weiter zu perfektionieren, nahm auch der Staatsminister im Auswärtigen Amt Günter Gloser (SPD) teil. Ebenfalls seine Behörde tat unlängst kund, das Geschäft mit den Staaten Nordafrikas bei der Abwehr gegen Migrationsfluten zu einem Schwerpunkt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu machen. Hierzu folgendes Resümee aus einem Bericht in www.german-foreign-policy.com/de vom 21. November 2006:

Die Flüchtlingsabwehr an den EU-Außengrenzen wird von den deutschen Sicherheitsbehörden maßgeblich mit vorbereitet, etwa von der Bundespolizei (ehemals Bundesgrenzschutz/BGS). Wie der „Abteilungsleiter B im Bundesministerium des Innern“, Rüdiger Kass, Mitte November 2006 auf der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes (Thema: „Illegale Migration“) mitteilte, trainiert sie seit Beginn der 1990er Jahre osteuropäische Grenzer. So instruiert sie etwa die Grenzschutzeinheiten Bulgariens und Rumäniens für ihre Funktion als künftige Bewacherinnen der EU-Außengrenzen. Seit Herbst 2003 bildet die Bundespolizei an ihren Ausbildungseinrichtungen systematisch Personal aus osteuropäischen Grenzstaaten aus. Auch Einsatzfahrzeuge, Einsatzboote, Funk- und EDV-Ausstattung und kriminaltechnisches Gerät an den Außengrenzen stammen aus Deutschland („Ausstattungshilfe“). Kaas zufolge beginnt „(m)oderne grenzpolizeiliche Arbeit ... für die Bundespolizei nicht erst an der Grenze oder im Grenzsaum“. Vielmehr setzen die deutschen Behörden „schon im Abreiseland an“. Dort sind Verbindungsbeamte (Ukraine, Russland, Georgien, Türkei) stationiert, die nicht nur als „Berater“ auftreten, sondern auch in operative Maßnahmen eingreifen. Ergänzt wird ihre Tätigkeit durch sogenannte bundespolizeiliche Dokumentenberater, die weltweit Einreisepapiere auf ihre Echtheit überprüfen.

Partizipative Parties der Journaillen-Junta finden unter Nebelwerfern im Nebenan vom Schlachtfeld statt. Ihre Zöglinge recherchieren reichlich - mit Hingabe zum Detail, um doch das Schwergewicht der Geschichten zu zensieren. Flüchtige Impressionen aus dem Delta der Elendsfluten landen im Gutmenschen-Kosmos der Gutsbesitzer mit so vielen Tränen wie vorrätig und so vielen Stapfen von Tyrannen wie geeignet. Erdenbürger unterwegs, das Menschenrecht aufs Leben einzufordern, verfügen hier über einen marginalisierten Wert, meist keinen. Diesbezüglich zwei Beispiele:

Ende September 2006 befindet sich etwa vierzig Migranten in einem Boot auf der Route zur Insel Chios. Sie werden von der griechischen Küstenwache in der türkischen Ägäis aufgefangen und über Bord geworfen. Sechs von ihnen ertranken, weitere drei bleiben vermißt.

Anfang Oktober 2006 kentert ein Boot mit 31 Insassen an Bord auf hoher See, 190 Kilometer südlich der Kanaren. Zwanzig von ihnen ertranken. Sieben Erwachsene und vier Kinder wurden von einem südafrikanischen Schiff gerettet und nach Gran Canaria gebracht.


Schäubles ministerialer Maskeraden-Marathon gegen demographische Mißstände – Muslimische Multitude als Lückenbüßer

Hämisch zynische, hermetisch humanitäre Hof- und Lobschreiberei der aufklärerischen Liturgie stützt sich auf die Hochform der Zivilisation, kommuniziert mit der Kultur, die auf das Eine, auf die Einheit gerichtet ist.

Abendländisch arisch geläuterte Leute wie Necla Kelek und Bassam Tibi müssen im majoritären Musentempel der demokratisch digitalisierten Dogmen immer ein Haar in der Suppe finden und kontinuierlich Kontrahenten konterfeien, mit denen sie aneinandergeraten können. Dabei fassen ihre Protektoren den prächtigen Vorsatz, fortan mehr Vorsicht walten zu lassen.

Die Sprache spannt an. Space-Shuttle-Spezies im Zentrum der Gedankenwerkstatt gelandet. Islamophobe Schreiberlinge können sich mit allseitig appetitlicher Ehrfurcht zusammenreimen. Christentum-kritische Kolumnen werden verschmäht, als unverständlich einstuft, wenn nicht unverschämt. Die metropolitan mobilisierte Aktion zur Akklimatisation der eingewanderten Eigenbrötler und ihre untertänige Naturalisation in den Körpern des Volksstaates hält akrobatisch an. Was das aktuelle Label Integration auch immer meint, ob Freibrief zur Zwangsassimilation oder Offerte für willfährige Konversion, es protegiert einen professionellen Berufsstand des Menschenmanagements mit migrantischen Memoiren.

Wann und wo immer über die Integration rezitiert wird, kommt der Konflikt mit dem Islam als Knotenpunkt der Bredouillen zum Vorschein. Die autorisierte Portefeuille verteilt dann Avancements. Hoch auf der Karriereleiter posieren die Kollegen der islam-kritischen Kompagnons, auch wenn ihr Denkvermögen aus der Mottenkiste stammt.

Dieses derzeit dominante Spektakel unter der Schlagzeile „Islamismus“ wurde während der heißen Phase des „Kalten Krieges“ in Fahrt gebracht - als Lückenbüßer gegen den Kommunismus sowie als Kumpanei gegen den antiimperialistischen Kampf. Dirigiert wurden sie nicht mit direkten Direktiven. Als sich z.B. die Jugendrevolte am Bosporus zu einer kampfesfreudigen Kraft gegen die nordamerikanische Kriegsmarine im Mittelmeer formierte, spielten die islamistischen Zirkel als Marionetten bzw. Freiwillige-Formation des Patronats Pentagoniens. So scharten sie sich Ende April 1969 im Morgengrauen in den Moscheen zusammen und stürmten einen Massenmarsch gegen den „Besuch“ der 6. Flotte in Istanbul mit Schlagstöcken an, erschlugen vier Demonstranten.

   

Netzbrücke:

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