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Die Einverleibung des gewesenen DDR-Territoriums hat sich für
die alte Bundesrepublik insgesamt zu einem Verlustgeschäft
entwickelt – trotz oder gerade wegen der gigantischen kriminellen
Bereicherungssucht von Einheitsgewinnern aus Ost und West. Hellsichtige
Autoren haben dies schon zu Beginn der neunziger Jahre prognostiziert.
Der weitgehende Zusammenbruch des osteuropäischen Wirtschaftsverbundes
und das entschlossene Agieren westdeutscher Großunternehmen,
ihre ostdeutsche Konkurrenz für immer auszuschalten, ließen
ein wirtschaftlich hochentwickeltes Territorium binnen kurzer Zeit
zur Industriebrache verkommen. Die Versuche der damaligen Bundesregierung,
mittels eines anhaltenden milliardenträchtigen Finanztransfer
den angekündigten ”Aufschwung Ost” herbei zu zaubern,
charakterisierte Robert Kurz damals schon als ”Attrappenkapitalismus”
und ”Potjemkins Rückkehr”. Die seitdem von West
nach Ost fließenden Steuermilliarden reichten nicht einmal
aus, die staatliche Infrastruktur in den neuen Bundesländern
auf Dauer aufrechtzuerhalten – von Jahr zu Jahr wird diese
weiter ausgedünnt. Millionen von Menschen flüchteten seitdem
aus der Trostlosigkeit einer Sozialhilfeexistenz in Richtung Westen
und versuchten, dort einen der begehrten Arbeitsplätze zu ergattern.
Besonders junge Leute wandern sofort nach Schule oder Ausbildung
ab. Die bleiben, sind hauptsächlich Leute, die wissen, daß
sie auf dem westdeutschen Arbeitsmarkt chancenlos sind.
Von der DDR-Regierung in den siebziger und achtziger
Jahren mit Brachialgewalt hochgezogene Plattenbauviertel, mit denen
der damals gravierenden Wohnungsnot Einhalt geboten werden sollte,
werden mittlerweile wegen Leerstand wieder abgerissen. Trotzdem
veröden Städte und Dörfer immer mehr – ganze
Straßenzüge der einstmals florierenden Industriestädte
Leipzig und Chemnitz gleichen gespenstischen Ruinenlandschaften.
Der Osten ist das Armutsgebiet der größer gewordenen
Bundesrepublik – und wird es wohl auf Dauer auch bleiben.
Die jeweiligen Bundesregierungen haben es schon seit
geraumer Zeit aufgegeben, ein angebliches ”Ende der Talfahrt”
zu prognostizieren. Die Schuld an der ostdeutschen Misere wird aber
unverdrossen weiter den ”Hinterlassenschaften der sozialistischen
Mißwirtschaft” und der angeblichen ”Leistungsunwilligkeit
breiter Bevölkerungsteile” in die Schuhe geschoben. Geht
es den Leuten schlecht, müssen sie natürlich selbst daran
Schuld sein.
Es gibt nur wenige Studien, die unvoreingenommen über
die Situation in den neuen Bundesländern berichten. Der im
Auftrag der ”Volkssolidarität” vom ”Sozialwissenschaftlichen
Forschungszentrum Berlin-Brandenburg e.V.” erstellte ”Sozialreport
2006” stellt fest, daß ”die Stimmung im Osten
weiter gekippt ist”, und spricht von einem ”ganzen Bündel
von Ursachen, von denen die wenigsten in der Vergangenheit der neuen
Bundesländer liegen”.
Gemäß den Ergebnissen dieser statistischen
Erhebung hat die ”allgemeine Lebenszufriedenheit” in
den fünf neuen Bundesländern den größten Tiefstand
seit 1991 erreicht und liegt derzeit bei 41 %. Die Unzufriedenheit
konzentriert sich hauptsächlich in den Jahrgängen der
Vierzig– bis Sechzigjährigen, also bei denen, die die
DDR noch bewußt erlebt haben und von denen viele inzwischen
in ein bodenloses Loch gefallen sind – die Arbeitslosenrate
beträgt in dieser Generation 19 %.
Die Hoffnungen und Erwartungen auf eine positive Zukunft
haben einen absoluten Tiefstand, die Befürchtungen einen Höchststand
erreicht. 62 % der Befragten rechnen beispielsweise mit einer weiteren
Verschlechterung der Arbeitsmarktsituation, nur 6 % mit deren Verbesserung.
Nur noch 25 % der Befragten schätzten die eigene wirtschaftliche
Situation als gut ein, gerade 23 % meinten, ihr Monatseinkommen
erlaube eine Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Kaum jemand glaubt
noch an eine Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und
West in absehbarer Zeit. 11 % der Befragten ordneten sich selbst
der ”Unterschicht” zu.
Die Ergebnisse der ”demokratischen Revolution”
von 1989 werden mittlerweile skeptisch betrachtet. Aktuell haben
58 % der Befragten kein Vertrauen zur Bundesregierung, 62 % kein
Vertrauen in den Bundestag. Immer mehr Leute verweigern sich dem
Wahlrecht oder geben ihre Stimme grundsätzlich keinen Parteien,
sondern kommunalen Interessengemeinschaften. 15 % der Befragten
gaben an, sie wollten am liebsten die DDR wiederhaben – hauptsächlich
Arbeitslose und Jugendliche unter 25 Jahren.
Die immer mehr anwachsende Unzufriedenheit hat sich
nicht in Sympathien für die Linkspartei.PDS niedergeschlagen.
Diese erhielt die verdiente Quittung dafür, daß sie in
den neuen Bundesländern zunehmend zur Hilfstruppe der etablierten
Parteien bei der Durchsetzung neoliberaler Sparprogramme verkam.
Im Osten stagniert der Anteil potentieller PDS-Wähler seit
dem Jahr 2000; im Jahr 2006 ist er sogar geringfügig zurückgegangen.
Derzeit äußern nur 5 % der Befragten in
den neuen Bundesländern offen Sympathien für rechtsradikale
Parteien, 57 % stehen diesen grundsätzlich ablehnend gegenüber.
Erschreckend hoch ist allerdings die Verbreitung von Elementen rechten
Gedankengutes in politisch indifferenten Teilen der Bevölkerung.
Gerd Bedszent
Berlin
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(K)-ein Kompliment
Cool sein ist nicht alles, doch ein im Grunde seines
Herzens Uncooler kann kaum verhindern, dessen verdächtigt zu
werden, was er gar nicht sein will: cool. Andererseits, (s)eine
Meinung zu Markte zu tragen über ein Medium, in dem man selbst
publiziert, ist kein so kühles Unterfangen, dem nicht doch
Coolness gut zu Gesicht stehen sollte.
DIE BRÜCKE ist ein merkwürdiges Medium.
Natürlich sollte man sie sich merken! Besonders ihr Erscheinungsdatum!
Obwohl, es läßt sich wegen seiner schönen Unregelmäßigkeit
von Quartalsband zu Drei-Monats-Heft regelmäßig nicht
merken und man merkt erst, das neue Heft ist da, wenn man in selbstergebener
Resignation sich damit abgefunden hat, es sei der vorherige Band
wohl auch der letzte gewesen. Genau dann: Surprise! Phönix
aus der Asche! Oder war es für Nr. 1/XXVI Jahrgang, 2007, Band
143 doch wieder ganz anders?
DIE BRÜCKE einzuäschern scheint letztlich
ein eher schwieriges Unterfangen, findet sich doch in diesem leicht
aufzuwirbelnden Verbrennungsrückstand Zündendes und Treibstoff
so reichlich, zögern selbst professionelle Brandstifter für
einen Moment ob der Fülle der Möglichkeiten.
In erfrischender Unverblümtheit blüht neben
literarischem Schrott verblüffend Literarisches in voller Pracht,
wuchern im selbstverständlichen Wetteifer neben Hausfrauenlyrik
Perlen poetischer Schönheit, wachsen neben soziologischer und
philosophischer Binse Gedankengebirge schwindelnder Höhe, und
doch stürzt aus solcher Höhe psychoanalytisch Stroh abgrundtiefer
Sonderlichkeit, unterliegt umgehend fundierter Psychologie hoffnungslos.
All das und mehr wird buchstabiert auf rund 130 bis 150 Seiten je
Ausgabe.
Freilich darf Antirassismus nicht zu kurz kommen,
auch wenn er manchmal nur als Beschimpfung teutonischer Wirklichkeit
daherkommt. Versucht könnte man sein, das Blatt als politisch
links einzustufen, was manchmal zutreffen mag. Wenn “links“
Eintreten für Frieden, Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit
bedeutet, nun gut, dann ist DIE BRÜCKE ganz und gar links,
auch wenn noch so rechte Autoren sich ihrer bedienen, gar für
sie schreiben.
War’s das schon? Nein! DIE BRÜCKE unterhält
dann noch eine Medien-Kultur-Schau, die abseits des Mainstream der
Vielfalt des Buchmarktes und ganz unterschiedlichen Printmedien
nachspürt, unprätentiös, unsubventioniert, ohne kommerzielle
eigene oder fremde Interessen. Subjektive Lesermeinung wird unkommentiert,
unredigiert, offen an das Publikum herangetragen als Angebot, sich
bei Interesse hier und da selbst eine subjektive Meinung zu erarbeiten.
Ein solches Medium wie DIE BRÜCKE reizt selbstverständlich
zum Widerspruch, fordert Diskussion, drängt zur Stellungnahme,
ja, zugegeben, zwingt manchmal zur Replik. Nicht immer gehen dann
die Kontrahenten freundlich oder gar pfleglich miteinander um. Schließlich
sucht dieses Land nach Streitkultur, kann sich zu einer Kultur der
Verständigung einfach nicht durchringen. Autoren machen da
keine Ausnahme.
Vorwerfen könnte man dem Medium, neben der oben
erwähnten Teutonenschelte sei DIE BRÜCKE türkenlastig.
Zugegeben, der EU-Beitritt der Türkei ist hierzulande eine
Last, die aus Politikermäulern wächst. Der Eindruck, Politiker
seien unabhängig von ihren schauspielerischen Talenten die
bestgebildeten Ungebildeten weltweit, nimmt keinen der nationalen,
besonders keinen der christlichen Berufspolitiker aus. Unkenntnis
eigener Geschichte, verfolgt von ebensolchen Bildungslücken
in europäischer Geschichte, Unwissenheit über Religionen,
Kulturen, Gesellschaften in diesem uneinig vereinten Europa kumulieren
gerne im Herrschaftsinstrument Angst, dienen populistischem Stimmenfang.
Der Blick in DIE BRÜCKE, auf die Karikaturen, ins Autorenregister
und dann noch auf den Herausgeber und Chefredakteur, das ist natürlich
nach Politikergusto Opium fürs Volk, Gift, wie man auch im
Bundesland des Stammsitzes des Trägervereins von DIE BRÜCKE
bereitwillig unterstellt. Warum auch sollen Christdemokraten im
Saarland ihre Nächsten lieben, wenn die nicht einmal Christen
sind, auch wenn solche vom Christsein wiederum nichts verstehen?
Unabhängig von alle dem, DIE BRÜCKE ist
unabhängig. Doch auch sie lebt und überlebt abhängig
vom Geld, von den Beiträgen der Mitglieder des Trägervereins
in Euro, von kostenlosen Autorenbeiträgen, dann noch von Abonnenten
und dem Ameisenhandel, den Mitglieder und Abonnenten betreiben –
sollten, könnten, möchten, müßten.
Die BRÜCKE, der Stoff, aus dem ganz andere Träume
sind! Echt cool!
Teja Bernardy
Friedberg
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