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Ich setze mich in den Zug Berlin-Warschau. Kurz nach dem Start spüre
ich eiskalten Zug auf meinem Kopf und höre irritierendes Summen.
Bald entdecke ich die Ursache - natürlich die Klimaanlage!
Es wird kälter und kälter, ich schaue neidisch aus dem
Fenster auf die Aprilsonne. Ich ziehe alles an, was ich an Kleidung
habe. Drehe mich hin und her um mich irgendwo vor dem Wind zu verstecken.
Hoffnungslos - jetzt bläst es mir in den Rücken. Ich versuche
diesen kälte-blasenden Ungeheuer mit Zeitungen zu ersticken.
Ohne Erfolg - der Kältestrom wird lediglich umgeleitet. Ich
spüre schon, wie der unvermeidliche Rückenschmerz, Schnupfen
und Husten kommt.
Abgesehen von der Kälte wird die Luft ganz trocken
und sehe mit meinem inneren Auge all die Pilze, Viren und Bakterien,
die sich in Klimaanlagen mit Vorliebe ansiedeln. Ich denke nostalgisch
an die Zeiten, als man noch das Fenster aufmachen konnte. Denn wegen
der Klimaanlage kann man auch nicht mehr lüften. Bald fallt
draußen der Schnee, trotzdem pustet die Klimaanlage immer
kühlere Luft - unbeherrschbare Elektronik macht eben, was sie
will. Ich fluche - sogar normales Schneewetter ohne Geblase ist
besser.
Nach der Grenzüberschreitung beginnt MEIN KAMPF.
Ich bitte den polnischen Schaffner, das Geblase zu
reduzieren und seine Temperatur zu erhöhen. Der meint zuerst
naiv, daß man das im Abteil durch Knopfdrehen machen kann.
Das war mal! - erkläre ich ihm. Jetzt geht es nur elektronisch.
Jedoch, bevor er bereit wäre den Techniker zu holen, muß
ich erstemal beweisen, daß ich nicht spinne. Das ist nicht
allzu schwierig. Ich zeige auf andere Passagiere, die sich auch
in Mützen, in Mäntel gewickelt und mit Taschentüchern
in der Hand tiefgefroren zusammen krümmen. Natürlich mit
Ausnahme von übergewichtigen Männern, die Bierflasche
nicht aus der Hand lassen...
Der Schaffner ist schon überzeugt, aber heute
will er die „nationale Frage“ ansprechen und fragt mich
wiederholt mit seiner Kollegin, warum wir gerade die polnische Besatzung
ansprechen, und uns nicht schon in Deutschland beschwert haben?
Er wiederholt dramatisch: „Sind wir etwa schlimmer?“
„Nein, nein“, beruhige ich ihn. „Ganz
im Gegenteil, ihr seid besser. Mit euch kann man reden, und der
deutsche Schaffner hätte gleich ein existierendes oder fiktives
GESETZ zitiert, das uns zum Frieren zwingt.“
Jetzt strahlt Schaffners Gesicht, er holt den Techniker
und alles geht glatt über die Bühne. Zurück im Abteil
nehme ich in meine schon warme Hand eine deutsche Zeitung. Ich lese
mit Schrecken, daß bald in der EU alle Glühbirnen mit
Ausnahme von „Energiesparenden“ verboten werden. Im
Namen des Kampfes gegen die „GLOBALE ERWÄRMUNG“.
Ich habe mal so eine Birne gekauft, und nicht nur
was das Licht wie im Leichenhaus, sondern auch blitzte sie und pfiff
sogar wenn der Kontakt ausgeschaltet war.
Ich muß mir unbedingt normale, helle, stille
Birnen für einige Jahre besorgen - beschloß ich. Und
nachher werde ich sie mir im Urlaub in Afrika besorgen. Dabei schätzen
die Spezialisten, daß der Energieverbrauch in Haushalten minimalen
Anteil des totalen Verbrauchs ausmacht.
Ich teilte meine Idee mit zugestiegenen Passagieren
und allgemeines Schimpfen begann - wieso redet man nicht von mehreren,
ständig laufenden Fernsehapparaten und Computern mit Internet
fast in jedem Haushalt, und von Handies, die zu Gesprächen
„Was machst du jetzt, ich sitze gerade im Bus“ benutzt
werden? Von energiefressenden Neonwerbung, ständigen Einladungen
zum Quatschen und Surfen, von ohrenbetäubende Musik überall?
Ach so hilfreiche Geräte wie elektronische Waagen, elektrische
Mühlen und Uhren, Kaffeemaschinen und Dosenöffner stören
niemanden. Staubsauger auch zum Entstauben von Parkettböden,
die man am besten mit einer Bürste sauber halten kann. Toiletten,
die selbst Spülwasser lassen im am wenigsten geeigneten Moment
und Wasserhähne, die uns auf die Hände spuken, wenn wir
sie gerade trocknen wollen. Oder Händetrockner, die heiße
Luft pusten, wenn unsere Hände voller Seife sind. Bald wird
es nur elektronisch regelbare Kühlschränke geben, und
sogar für jede Temperaturänderug werden wir elektronisch
programmieren oder einen Computerspezialisten holen müssen.
Auf einmal kam wieder ein eisiger Hauch in den Abteil und wir brüllten
alle mit Erleuchtung: „Und die Klimaanlagen!“
„Ja, bei den Klimadebatten geht es nicht um
GLOBALE ERWÄRMUNG, sondern um GLOBALE VERARSCHUNG“ -
definierte ich präzise diese Neuerscheinung. Alle klatschen
Beifall. Während man uns, kleinen Leuten dunkle Glühbirnchen
verschreibt, pusten die Klimaanlagen in Zügen, auf den Bahnhöfen,
in jeder Bank, Einkaufszentrum, Bürogebäude, oft auch
in Restaurants. Man begegnet ihren zahlreichen Opfern, den Angestellten,
in Apotheken, wo sie schimpfend oder weinend sogar im Sommer nach
Erkältungsmitteln Schlange stehen. Wir sind nämlich in
Europa, bis auf wenige Augusttage weit von der Hitze entfernt. Trotzdem
erleben wir auch Veranstaltungen, wo uns sogar im tiefsten Winter
kalte Luft in die Schnauze gepustet wird. Ich verlasse sie dann
voreilig. Auch wenn die das Thermometer über 20 Grad beträgt,
kann die sogenannte „gefühlte Temperatur“ beim
starkem Wind und hoher Luftfeuchtigkeit bis zu 15 Grad davon abweichen.
Hinzu kommt, daß es gerade die Klimaanlagen
sind, die zwar die Innenräume kühlen, aber zugleich heiße
Luft auf die Straßen blasen, die die Klimakatastrophe in Südostasien
herbeigeführt haben. Schon in den 70-er Jahren wußte
jedes Kind in Bangkok, daß die wachsende Hitze in der Stadt
durch Verbreitung von Klimaanlagen verursacht wurde. Zugleich zwang
sie immer mehr Leute dazu, nolens volens sich auch diese Geräte
anzuschaffen.
DIE KLIMAANLAGEN SCHAFFEN ALSO SELBST WACHSENDE NACHFRAGE
NACH WEITEREN KLIMAANLAGEN UND VERURSACHEN EINEN TEUFELSKREIS FÜR
DIE UMWELT UND SÜSSE GEWINNPERSPEKTIVEN FÜR DIE PRODUZENTEN.
UND ZWAR NUR SIE!
Weder die Heizung, noch die Erzeugung von heißem
Wasser, noch Windmühlen oder Lüfter stimulieren mehr Bedarf
für sich selbst. Den riesigen Energieverbrauch für Kühlung
und Pusten zugleich, sowie Umweltvergiftung kann man sich kaum vorstellen
oder ausrechnen. Und wir sollen dank der rasanten Verbreitung von
Klimaanlagen jetzt nicht nur im Winter frieren, sondern auch im
Sommer in klimatisierten Räumen. Na und im Urlaub im Brandenburg,
um die Energie zu sparen, die bei Flügen verbraucht wird.
Aber, oh Wunder, in der öffentlichen Umweltdebatte
in Deutschland habe ich kein Wort über Klimaanlagen gehört.
Auch im Internet gelang es mir nur in vor allem in wenigen privaten
blogs einige karge Sätze finden, die ganz nebenbei von Klimaanlagen
im Zusammenhang mit der Heizung die USA kritisieren, sie aber im
eigenen Land voll übersehen. Dafür aber entscheiden die
Hausverwalter über die Temperaturen in meiner Berliner Wohnung.
Die letzten Gerichtsurteile entschieden, das 18 Grad ausreicht.
Bald kommt vielleicht sogar 14-15 Grad. Nachts, wenn es am kältesten
ist, wird die Heizung ganz abgestellt. Eine deutsche Macke, natürlich
aus der Zeit von Bismarck. Dieses „Energiespargesetz“
stimuliert womöglich stärkeren Energieverbrauch, als differenzierten
menschlichen Bedürfnissen gerechte Heizung. Wenn es jemandem
zu heiß ist, der kann doch die Heizung zudrehen oder lüften.
Umgekehrt geht es aber nicht Viele Menschen schalten also energiefressende
Elektroofen oder Heizlüfter ein. Ich kenne keinen Berliner,
der so was nicht hätte! Und an die Bedürfnisse von Alten
und Kranken, oder Kälte-Allergiker (das gibt es auch!) wird
überhaupt nicht gedacht. Statt dessen werden vielleicht bald
Beamte neben Kontrollen von „Energieausweisen“ (ja,
das wird bald eingeführt) auch unsere Schlafzimmer nachts durchsuchen?
Dabei sind merkwürdigerweise fast alle Verwaltungsgebäude
total überhitzt! Also lassen uns die Hausverwaltungen doch
nicht aus Liebe zur Umwelt frieren? Was ist ihre Motivation - dachte
ich lange nach. Na klar! - entdeckte ich endlich. Sie halten die
Vorauszahlungen für Heizung weiterhin hoch und kassieren ein
Jahr lang Zinsen für zurückgehaltenes Heizungsgeld.
Daher finde ich, daß die „globale Erwärmung“
als Vorwand für die epochale Verarschung genutzt wird. Bürokratische
Terroristen lassen weiterhin die Konzerne blühen, die Klimaanlagen
und andere überflüssige Elektrogeräte erzeugen, während
sie für private Konsumenten absurde, kleinliche Verbote einführen.
Auch hier muß Deutschland „an der Spitze sein“,
obwohl sogar manche deutsche Publizisten zurecht von Hysterie reden
- international bekannt als GERMAN ANGST.
Außer Interessen der Produzenten und der Selbstimulierung
der Nachfrage durch Klimaanlagen, spielt der Snobismus der Neureichen
europäischen Länder eine gewisse Rolle. Ähnlich wie
in den USA und der Dritten Welt, wo Kälte ein Prestigesymbol
darstellt...
Jetzt übernimmt das neuereiche Europa dieses
Modell, sichtbar auch im Bau von fensterlosen Glasgebäuden
und rennt dadurch in Richtung Klimakatastrophe. Wobei man für
gemäßigten Verbrauch von Klimaanlagen in tropischen Länder
Rechtfertigung finden kann, aber im kalten Europa? Kommt die Verschwörung
des Schweigens zum Thema Klimaanlagen von der GLOBALEN VERBLÖDUNG
der Politiker und Spezialisten kommt?
Zum Beispiel durch Untertauchen der Klimaanlagen unter
der Bezeichnung „Heizung“ - manche Systeme blasen nämlich,
wie im Zug, warme oder kalte Luft. Oder werden sie von finanziellen
„Anreizen“, wie Schmiergelder angetrieben?
Diese Frage stellt sich auch, wenn man primitive Methoden
der Politiker und Wissenschaftler merkt. Sie extrapolieren einfach
die aktuellen Trends und versuchen nicht, mögliche Neuentwicklungen
zu antizipieren. Oder wenigstens zugeben, daß sie unberechenbar
ist.
Wie eine Anekdote klingen heute die Ängste vom
Ende des 19-ten Jahrhunderts, daß Paris infolge der Verbreitung
von Pferdekutschen bald in Pferdescheiße ersticken würde...
Bevor er ersticken konnte, hat man Autos erfunden, und jetzt erstickt
Paris in etwas ganz anderem.
Aber vielleicht werden wir alle bald mit einem Fibrillator
im Hintern fliegen?
Oder umgekehrt, bei nicht geradlinigen Entwicklungen
kann man sich auch die Rückkehr zu alten, erprobten Technologien
vorstellen, wie der traditionellen Bauart zum Beispiel im Nahen
Osten und Indien, die das Spiel von Sonne, Schatten und Wind perfekt
nutzten.
AUF JEDEN FALL WERDE ICH DIE GLÜHBIRNEN, DIE
MIR GEFALLEN, SOLANGE NACH EUROPA SCHMUGGELN, BIS DIE KLIMAANLAGEN
IN BRÜSSEL ABGESTELLT WERDEN.
Viktoria Korb
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