Merkantil reklamatorische Menschenrechtsrenditen als markanter Meteor
Hochsommerliche Impressionen aus dem germanophilen
Gettogether
Von Necati Mert
Von seinen Manipulatoren als ein hyperbolischer Meteor
am Horizont der Hominiden bebildert, als evangelikane Metapher der
ewigen Perfektion, kreist das monetär monumentale Abendland
über dem mondialen Morgen. Im vermeintlichen Ende der Geschichte,
das die markanten Mentoren des total wie totalitären Marktes
manifestierten, löst sich der Blütentraum von Frieden
und Emanzipation zwischen den Nachbarschaften dieser Erde auf. Das
dritte Millennium, damit das letzte Abenteuer der Abendländer,
begann mit dem Sturz der Twin Towers in New York, dem Zentrum der
globalen Monekratie. In den Memen der von Marodeuren manövrierten
Marionetten verwandelt sich das elende, empörende Monster in
den emportauchenden Engel.
Solange das christlich-abendländisch kreierte
Gesellschaftsgebäude mit seinen Gutsbesitzern und Krautjunkern
als übergewichtige Gewalt auf dem himmlisch sanktionierten
Fetisch des Rechts auf Privateigentum beruht, wird es schwerlich
die bunten Weisen geben, die Kraft haben, dem verfaulten weißen
Westen Mores zu lehren. Solange diese fabulante Autokratie über
dem Blauen Planeten steht, wird der Morgen noch dichter von grauen
Wolken verfinstert.
Im Sinne der antiken Agora agieren die präpotenten
Protagonisten des spätzivilisatorischen Szenariums. Marktmentale
Monopole verfahren gemäß der metropolitan moderierten
Methode, die Hominiden als hybride Horden auf dem Schlachtfeld der
Profiteure zu behandeln.
Damit die Verhältnisse zwischen den gegenüber
gestellten Besitzständen, den Patronen und Parias gleich bleiben
können, bewerkstelligen die Wertewärter der OneWorlOrder
eine Menge Phantasien, die sie hinter der Maske der Humanität
als Menschenrechte fabrizieren.
Längst in den Verdacht geraten die Wohltätigkeit,
noch mehr Ungleichheit, nämlich die abgrundtiefe Kluft zwischen
Prekäriat und Prosperität, zu verschleiern, als sie zu
beseitigen. Offen bleibt, ob die „Multitude“ der Alternativ-Advokaten
der Globalismus-Glöckner dies verhindern kann.
Wenn die Stabsriege, also der Kommando-Chor der Abendländer
mit dem marktgängigen Mollenfriedhof den Hurrastil der Humanität
verbalisiert und auf Touren kommt, malt er sich zeitgleich einen
Malthusianismus aus. Murrköpfig sieht er zu viele Erdlinge
und zu wenige Güter, die in der Tat dem Standard der Markenfabrikation
nicht entsprechen. Er verballhornt coram publico das Streben der
Menschenmengen danach zu überleben, verheißt verblümt
sogar das Massensterben. Denn er verteufelt jegliche Idee des sozialen
Ursprungs, die Natur und ihre Früchte unter Lebewesen verteilen
zu lassen, sondern sie einzuverleiben, die enteigneten Zweibeiner
zweckdienlich zu verwerten. Ihm steht der Herr der himmlischen Heerscharen
zur Seite - mit unerschöpflichem Markt und Mammon.
Die Population der Pleitier-Nationen treten aus dem
von den imperialen Zentren angetriebenen Loch der Lotterökonomie
nicht heraus. Dort unten wächst die mannigfache Quelle der
Tatarennachrichten, mit denen sich die Meute der „Vierten
Gewalt“ befaßt, aus denen sie ihre Programme und Spalten
füllt - als Angebot für feierabendliche Kurzweil.
Moderate Häuptlinge werden von globalen Hyänen
und ihrer Journaillen-Junta als moderne Demokreaturen gedeutelt
und als devote Wetterfahne-Fanfaren der imperiallen Domäne
dokumentiert. Damit blasen sich die Hyperdemokraten der Nordiden-Noblesse
wie ein Frosch auf und geben so an wie eine Lore nackter Affen.
Aufgebrochen aus dem Elend in Dschungel, Steppen, Savannen und Mega-Slums
– Sturm auf Eldorado
Der Alte Kontinent, überhaupt die Nationen in
den Breiten auf den beiden Seiten des nordischen Atlantik, kommt
als Eldorado der gegenwärtigen Geschichte zum Vorschein. Etwa
eine Milliarde des Menschengeschlechts befindet sich im Glückswurf
der Prosperität. Und eine Milliarde im Unten der Hungersnot.
Tägliche Berichte bestätigen das Elend, das bewegt: Migration!
Reportagen werden fabriziert, Bücher publiziert, die belegen
sollen, daß die Bastei der Hochbetuchten von den besitzlosen
Horden bedroht wird. Nirgends wird in diesem Sturm auf Norden ein
revolutionäres Geschehen gesehen. Nur noch Erdlinge, die kommen
zu genießen, indem sie auf der faulen Haut liegen. Trotz des
organisiert resultierten Massensterbens am Limes. Keine Antipathie,
keine Apathie. Die florierende Schattenökonomie mit illegalisierten
Migranten ist gewollt und geregelt. In keinem Forum taucht ein Wort
über die Hungerlöhne der heimlichen Fremdlinge im Frondienst
auf. Keine Elogen auf den Elan und Todesmut der migrantischen Rebellen
in Sicht.
Gelingt den meist braungebrannten Gesichtern über
das gefahrvolle Mauerwerk der Bleichfarbigen hinwegzukommen und
an das Territorium der buntscheckigen Supermärkte zu gelangen,
geraten sie in die Fänge der hochkorruptiven Lagerindustrie.
Diesen Proleten und Parias der Jetztzeit-Zivilisation kommt jeglicher
Akt der Freiheit abhanden. Sie werden als Horden der minderwertigen
Fremdlinge zum Thema gehabt, im Hungerturm gehalten sowie mit dem
dementsprechend Nötigsten versorgt, auch verwertet - als Malocher
mit Hungerlöhnen, manchmal geduldet, aber zumeist heimlich.
Aufhören wollen daneben die wenigen, zum Teil
besoldeten Moralapostel des Gutleuttums nicht, ihre pausenlosen
Gebetsmühlen der Humanität zu drehen. Unter dem Zwang
des Kampfes ums Überleben begeben sich die migrationsbewegten
Mengen anfangs ohne Gewalt den Verhältnissen der zeitnahen
Galeerenhäftlinge hin. Sie riskieren ihr Leben, um an die Orte
des Broterwerbs zu gelangen. Das Wort Freiheit haben sie längst
aus dem Gedächtnis gestrichen. Und dies in jenem Kontinent,
der sich als Wiege der Emanzipation aufspielt. In www.monde-diplomatique.de
vom Mai 2008 schildert Jean Ziegler:
„Die Nacht ist schwarz und mondlos, der Sturm
peitscht fast in Orkanstärke übers Meer. Haushohe Wellen
stürzen krachend auf das hölzerne Fischerboot herunter.
Zehn Tage zuvor hat das Boot in einer kleinen Bucht in Mauretanien
mit über hundert afrikanischen Hungerflüchtlingen abgelegt.
Wunderbarerweise wird es am Ende auf ein Riff vor der kleinen kanarischen
Insel El Medano geworfen. Im Boot findet die spanische Guardia Civil
die Leichen von drei jungen Männern und einer Frau, die an
Hunger und Durst gestorben sind.
Das war im Mai letzten Jahres (2007). ... Und weiter
westlich im Mittelmeer, 150 Kilometer südlich von Malta, entdeckte
ein Beobachtungsflugzeug der EU-Grenzagentur Frontex ein überfülltes
Schlauchboot mit 53 Passagieren, darunter Frauen und kleine Kinder,
das manövrierunfähig auf der unruhigen See dahintrieb.
Nach seiner Rückkehr auf die Militärbasis in La Valletta
informierte der Pilot die maltesischen Behörden. Die verweigerten
jegliche Hilfe unter dem Vorwand, das Boot treibe in der „libyschen
Forschungs- und Sicherheitszone“. Dass Laura Boldini, die
Sprecherin des UNO-Flüchtlingshilfswerks, Malta aufforderte,
ein Rettungsboot zu entsenden, bewirkte nichts. Und Europa schaute
weg. Von dem Flüchtlingsboot wurde nie wieder etwas gesehen.“
Der EU-Grenzkörper Frontex führt seine Flüchtlingsjagd
vor der libyschen Küste fort. Wie Agenturen berichten, startete
er im Mai 2008 die „Operation Nautilus III“, in deren
Rahmen EU-Schiffe auch libysche Gewässer kontrollieren. Dort
aufgegriffene Migranten werden an Tripolis überstellt, den
Repressalien der Vasall-Gendarmerie Libyens ausgesetzt. Das Sterben
auf offener See geht weiter. Allein im April 2008 zählten Beobachter
im Mittelmeer und im Atlantik 101 Opfer der deutsch-europäischen
Grenzwacht. Aufgrund der Sachlage - niemand kann die Seelenverkäufer
der migrantischen Abenteurer zählen, die clandestin von den
afrikanischen Küsten ablegen und zum Teil im Meer versinken
- ist zusätzlich mit einer erheblichen Dunkelziffer zu rechnen.
Kommen farbige Clandestinis in ihrer Mordgeschichte
mit dem Leben davon, werden sie vor der Scheidewand der Feste-Europe
aufgegriffen. Die mit High-Tech-Geräten hochgerüstete
Frontex-Flotte kontrolliert rechtswidrig den Atlantik bis zu 200
Seemeilen vor der Küste Senegals. „Pirogen“ (Fischerboote),
welche die Sturmboote der Feste Europa antreffen, versenken sie
an Ort und Stelle. Die überlebenden Insassen werden, selbst
in internationalen Gewässern, oft gewaltsam nach Hause zurückgebracht.
Militärisch-strategische Attacken auf migrantische
Menschenmengen erweitern sich bis zum östlichen Schwarzen Meer.
Anfang Juni 2008 hatte eine Berliner Konferenz u.a. die Abwehr der
„illegalen Migration“ im südlichen Kaukasus zum
Thema. Das dortige Gebiet sei „nicht nur ein strategisch wichtiger
Transitkorridor für Wirtschaftsgüter und Energie“,
der von mehreren Pipelines gekreuzt wird und Zentralasien an Westeuropa
anschließen soll. Wie es an der Spree heißt, verkehren
dort „auch das organisierte Verbrechen und illegale Migrantenströme“.
Mit einer erneuten Frontex-Operation beteiligt sich
Berlin an Maßnahmen, die heimliche Migranten auf dem Weg nach
EUropa auf noch gefährlichere Routen drängen und das Massensterben
an den EU-Außengrenzen eskalieren lassen. Davon betroffen
sind auch zahlreiche Frauen. Das deutsch dominierte europäische
Grenzwachtregime lässt ihnen keinerlei Aussicht regulärer
Einreise und treibt sie so in wachsendem Maße in die Hände
von Mädchenhirten, die das euro-kontinentale horizontale Gewerbe
mit ziemlich zivilen Zwangsprostituierten beliefern.
Frauen werden auf dem Weg zur nordafrikanischen Küste
nicht nur in clandestine Wüstenverstecke gezwängt, wo
sie in äußerster Armut dahinvegetieren, sondern sind
gleich dort den Zubringern der Prostitution ausgeliefert. Die qualvolle
Reise zieht sich gewöhnlich über mehrere Wochen oder Monate,
zum Teil über Jahre hin und schließt, wenn sie nicht
bereits mit dem Tod in der Sahara endet, mit einer gefahrvollen
Bootsfahrt über das Mittelmeer ab. Sofern die migrationsbewegten
Frauen auf dem Schiff nicht von deutsch-europäischen Grenzgarnisonen
ergriffen und etwa an libysche Menschenjäger überstellt
werden, laufen sie Gefahr, im alten Kontinent der Prosperität
erneut zur Prostitution gezwungen zu werden. Die Berliner Republik
ist mit ihrem Migrationsregime de facto „ein Komplize“
des Frauen- bzw. Menschenhandels (www.german-foreign-policy.com/de
vom 22. Mai 2008).
Diese triviale Tortur beruht auf dem teutoman mentalen
Ursprung als Leitlenker der Europiden-Wagenburg. In „Berliner
Republik“, einem monatlichen SPD-Zirkular, vom Mai 2008 rückt
Georg Blume in seinem Essay über die Volksrepublik China eine
noch nie dagewesene Migrationsflut ins Blickfeld: „Gerade
wenn die westlichen Medien immer wieder zu Recht jedes Opfer politischer
Unterdrückung in China herausstellen, muss man sich der Dimension
der sozialen Umwälzungen im Land gewahr sein: 250 Millionen
chinesische Wanderarbeiter haben im letzten Jahrzehnt ihre Dörfer
verlassen und sind als Heimatlose über Tausende von Kilometern
zu den Fabriken und Baustellen an der Küste gezogen. Das war
und ist die größte Völkerwanderung aller Zeiten.
Doch nirgendwo in der Volksrepublik herrscht Krieg, auch nicht in
der autonomen Region Tibet! Nirgendwo werden Grenzzäune errichtet
wie zwischen den USA und Mexiko, nirgendwo ist es zu Pogromen und
längeren gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den unterschiedlichen
Bevölkerungsgruppen gekommen.“
Das Martyrium der Menschenrechtsmelancholiker am Limes der Feste
Okzidentale
Das Szenario ist komplex, das Spezialspiel komplett.
Von nordisch imperialen Zentren ausgeplündert, in profunde
Not gestürzt, als überflüssig abgesondert, pochen
die Bewohner der südlichen Halbkugel auf das Kapitel der sozialen
Menschenrechte, entfliehen dem eliminierenden Elend, schließen
sich den Migrantenmeuten an, um die Himmelsstriche des Überflusses
zu erreichen. Die hiesigen auf loyale Untertanen gestützten
Gewalthaber begegnen ihnen mit hochgerüsteten See-Flotten und
manövrieren, um sie zur Rückkehr zu bewegen, verursachen
das Kentern ihrer Seelenverkäufer, damit das Ertrinken im Salzwasser
von Mittelmeer oder Atlantik. Es ist ein Spiel mit dem Feuer, wenn
die Fluchtmigranten auf andere Routen ausweichen.
Wenn die Menschenrechtsersten der Oase der Freiheit
und Demokratie nicht direkt in das Martyrium eingreifen wollen,
übergeben sie es zu treuen Händen, den Maghreb-Staaten
mit einem Brocken Bakschisch.
Am Limes des Novum Romanum herrscht kein Krieg. Auf
dem Spiel steht trotzdem das Leben von Tausenden. Der Tod dort ist
alltäglich, es ist der Mord, dem diejenigen die letzte Hand
anlegen, die sich - wie der Hahn im Misthaufen - als Warner und
Wahrer der universalen Menschenrechte brüsten. Was dabei das
breite Publikum, die Untertanen der per Kreuzchenmalen legitimierten
demokratischen Partei-Despoten angeht, niemand kann hier seine Hände
in Unschuld waschen, selbst die engagierten Anhänger der humanitären
Hilfe nicht.
Sekundäre Sektionen der Zivilgesellschaft prahlen
huldvoll, sich der prekären Praxis der hegemonial organisierten
Organen entgegen zu stellen, und halten sich mit ihrem humanitären
Hymnus oben im Sattel. Allen Ernstes dreht es sich dabei um die
Metastase einer metropolitan manierierten Maskerade - damit um das
wetterwendische Wettspiel der militanten Missionare. Fürwahr:
Mehr kann diese Meute des Gutleutetums auch nicht tun, als für
die Presse einen bündigen Bericht zu bewerkstelligen und hoffen,
ihr persönliches Prestige mit ein paar Punkten zu veredeln.
Um die Mittäter der tragischen Todesfälle am Limes ihres
Imperiums an den Pranger zu stellen, da gibt es keine federführende
Instanz. Und der aufrechte Einsatz für die Hungerleider der
einen Welt kann das Einbunkern im Hungerturm heißen - als
Schlepper oder Schleuser gestempelt. Was bleibt, ist der Helfershelfer-Tourismus,
dessen Feierabendsprecher hier und da ein Mini-Meeting abhalten,
um an das Mitleid der mildtätigen, sanftmütigen Mitbürger
zu apellieren. Was versteht aber die Öffentlichkeit, die täglich
den Bauch voll haut, von dem Zustand derer, die am Hungertuch nagen?
Verdacht erweckende Erkenntnisse gibt es zuhauf, daß
das trügerisch sicherheitsstrategische Truppentraining am Limes
viel mehr ins Rollen bringt als das Vorgehen gegen die Menschenrechtsroutine,
mit der die Wächter der okzidentalen Fortschrittsforts große
Reden schwingen. Das fortgeführte militärische Manöver
läßt sich zuwenigst als fahrlässige Meuchelei wahrnehmen.
Es gibt genug Musterfälle, die besagen, daß die Reaktionen
darauf Bagatellen sind. Raubritter spielen sich also als Retter
auf. Und es gibt zur Genüge Verdachtsgründe, die derzeit
institutionellen, industriell verwalteten Asylantenlager mit den
Konzentrationslagern im Dritten Reich zu vergleichen.
Gabriele del Grande läßt in seinem Buch
„Mamadous Fahrt in den Tod. Die Tragödie der irregulären
Migranten im Mittelmeer“ (von Loeper Literaturverlag, Karlsruhe
2008) einen Clandestino erzählen: „Wir wissen nicht mehr,
an wie vielen Konferenzen wir schon teilgenommen haben, wie viele
Zeugenaussagen wir geleistet, wie viele Journalisten wir in Marokko,
in Algerien und jetzt in Mali getroffen haben. Es gibt Leute, die
leben von unserem Unglück und erlangen Geld und Berühmtheit,
wenn sie von unseren Leiden erzählen.“
Und die mediale Meute widerspiegelt nur, was das breite
Publikum in den Breiten der Dolce-Vita-Domäne erachtet. Es
ist der alte Rassismus des weißen Missionars, der in den Farbigen
den fauligen Menschenschlag im Kindeszustand beäugelte, das
nicht fähig sei, sich selbst zu führen und hüten.
Es will daher Gottes Wille sein, daß der weiße Mann
über ihn die Hand hält.
Mit dem einheittsparteiischen Pathos der humanitären
Hilfe geben die Nomenklaturen der nordischen Nobilität ihren
Annexions-Attacken ein sentimentales Antlitz. Wenn die Sektions-Scharlatane
in diesem ministerial mißbrauchten Sektor, die Solidaritätszirkel
der Fluchtmigranten, mit der Parole „Die Ursachen bekämpfen,
nicht die Flüchtlinge!“ palavern, so fordern sie ihre
Obrigkeit auf zu intervenieren. Denn das super-imperialistische
Regime fühlt sich nicht zuständig für das Überleben
derer, deren Miseren es direkt verantwortet. Ohne die große
Not dort unten gibt es hier den üblichen Überfluß
nicht. Wie übrigens aus den Zeiten des Kolonialismus setzt
die humanitäre Hilfe die Translation des militanten Missionarismus
voraus - erfreuliche Ausnahmen bestätigen die trostlose Regel
-, daß die Habenichtse, Opfer der Notstände und Katastrophen
vor den weißen Weisen zu Kreuze kriechen und dünne Bretter
bohren. Auch das Mitleid kostet was, vielleicht vielmehr als das,
was der Wohltäter leistet.
Das gleiche System des Kapitalismus lebt in seinem
Postament fort, nur im Überbau gibt es ein paar kosmetische
Retuschen. Der mitleidige Moralapostel oder Philanthrop, der die
phänomenale Phantasie des Untermenschen, eine minderwertige
Spezies erdichtete, perfektivierte ein Mysterium, das immer noch
nicht als pervers, als perfide angeprangert wurde, sondern bleibt
perfekt politierter Akt der zivilisatorischen Propaganda eines tüchtigen
Tartüffs.
Überhaupt: Nicht der Mensch steht im Mittelpunkt
des Mitleids, sondern das omnipotente Ordo des Ökonomismus,
die Okkupation der natürlichen und humanen Früchte. Und
hier weitet sich der Schauplatz des Neodarwinismus, aus der die
Gewinner des Marktes als die fundamental Fähigen hoher Werte
legitimiert. Ähnlich wie vorgestern, zweihundert Jahre zuvor,
haben die Pioniere und Popikonen der mondänen Modernitätshymne
ein Brett vor dem Kopf, wenn es sich mondial um die Gleichwertigkeit
unterschiedlicher Zweibeiner dreht.
Die komplette Kokotterie mit dem Kulturalismus
und die Demokreatur
Gewiß, im Äußeren halbwegs verändert
oder gegenwartsnah retuschiert, lebt das Weltbild des homo europeanus
von hoch- und minderwertigen Arten wohlbehalten fort. Generell werden
die Lebenswelten der südlichen, orientalen Breiten als halb-
oder geringwertig dargestellt - fortwährend zum verbalisierten
Themenstoff der Missionaren-Meute, der Zunft der humanitären
Hilfe von heute erhoben.
Das nordisch arische Rassen-Revier bleibt Schöpfer
und Wächter der Zivilisation. Und die Arten beäugelt seine
Intelligenzbestie im Stillen bzw. instinktiv als eine biologistische,
nicht soziale Kategorie. Hoch- und minderwertig ist aber nichts
anderes als die historischen Etappen einer Gemeinschaft.
Nach wie vor verwechseln die Idealisten des christlichen
Abendlandes die Arten mit Rassen, sehen in menschlichen Geschlechtern
ausschließlich ein naturhaftes Phänomen, negieren ihren
wandelbaren Wesensgehalt als Akteure der Gesellschaftssysteme.
Die Nichtweißen, die vom Messias nichts wußten,
wurden einst als faule Geschöpfe der Natur deklassifiziert.
Sie ihrem Schicksal zu überlassen, sei eine der größten
Sünden, plädierten die Missionare schon von fünfhundert
Jahren. Sie sollten der Gewalt derer untergestellt werden, die sich
als die besten Diener des himmlischen Weltenlenkers erwiesen hätten.
Diese den Extraertrag erdichtenden Eroberer stützen ihr Lehrgebäude
auf die natürliche Evolution selektiver Systematik, den Untergang
oder Sklavenexistenz der unterwürfigen Rassen.
Die Neodarwinisten vertraten zudem die These, daß,
wenn ein Mensch zu unteren Klassen gehört, dazu verurteilt
sei, im Kampf ums Überleben unterzugehen. Wenn er hingegen
über höheres genetisches Plasma verfügt, wird er
auf der sozialen Trittleiter mühelos hochklettern und den Anstieg
vollbringen - als Leitstern. Dieses Lehrgebäude steht auch
heute, nur etwas ins Erhabene gesteigert.
Gestern waren es die edlen reinen Rassen, die in der
Hierarchie des Menschlichen ihr Übergewicht behaupteten, aber
als Folge der antikolonialen Kriege in Mißkredit fielen. Heute
sind es die Hochkulturen. Bereits während der Hitler-Zeit wurden
die seelischen Charakterzüge der Gemeinschaften als wichtiger
angenommen als die physischen Eigenschaften. Die pan-germanisch
prahlenden Architekten des Dritten Deutschen (tausendjährigen)
Reichs bauten ihr Gesellschaftsgebäude auf der mutmaßlich
hohen, werthaltigen Grundfeste des paradiesischen Deutschtums und
dem hegemonialen Hochmut gegenüber den als parasitär bzw.
primitiv platzierten Völkerschaften im Osten und Süden
des Erdenrunds auf.
1945 fand wahrlich kein „Zusammenbruch“
statt, es zieht sich eine Kontinuitätslinie bis heute - welche
die Pressure Groups der Zivilgesellschaft in den Zitadellen der
Zivilisation verdrängen wollen - durch die gut gepäppelte
Studiokratie, deren Werktätigkeit aus nichts anderem besteht
als aus einem Sammelsurium an Zitaten - nichts mehr als plagiatorisches
auf human Kollektiven übertragenes Phantasma der Kulturflüchter.
Da heute die merkwürdige Gentheorie als Merkmal der Rassen-Hierarchie
aus den Studien der Anthropologen verschwindet, haben die Sachwalter
der Hochkulturen über das Areal des Elends zu urteilen, es
zu hüten, mit den Mittel der Mildtätigkeit minimal zu
versorgen oder auch nötigenfalls zu eliminieren.
Die aus den rassistischen Weltbildern der weißen,
heißhungrigen Kolonisatoren hervortretenden gestrigen Risse
hinterließen tiefe Spuren im gegenwärtigen Blickfeld
der okzidentalen Gewalt-Glöckner, auch wenn der Schleier taufrisch
gewebt wird.
Gemäß der neurechten Theorie der neorassistisch
aktiven Akteure gilt es, die kulturelle Differenz anzuerkennen,
jedoch nicht die Gleichwertigkeit der Differierenden. Als die abstufend
differenzierende Maxime des Neorassismus kommt die Kultur zum Vorschein,
die der Fiktion der systemimmanenten Studiokratie nach in den Memen
unterschiedliche Völkerschaften ungleich vorkommen - wertvermindert
elend oder aufgeklärt edel. Was ihre staffelnden Merkmale sind,
bestimmen die Kulturanthropologen der imperialen Nationen. So versperren
sie das EU-Tor z.B. zur Türkei nicht wegen ihrer kulturellen
Andersartigkeit, sondern ihrer fiktiven Minderwertigkeit. Damit
geben sie zu glauben, die Invasion der Zivilisationszentren durch
die vorder-orientalischen Horden lahmlegen zu müssen.
In den Memen der weißen Übermenschen verwurzelt,
kreuzt der Neorassismus als ein Gemisch aus Antipathie, Mißachten
und Mitleid auf. Die hegemonial staatlich gepäppelten Nischen
der imperialen CivilSociety, die Hausierer der humanitären
Hilfe wuchsen inzwischen zu einer lukrativen Industrie, die mit
ihren Produkten, dem Gnadengeschenk, auf Katastrophen aller Art
angewiesen ist - oder auf kriegerische Miseren, die zum größten
Teil durch die „unsichtbare Hand“ der neokolonialen
Marketender oder durch den „nackten Faust“ der superimperialistischen
Invasoren herbeigeführt werden.
Als solidarisch gilt hier vielmehr, sich als Antreiber
militärisch diktierter Menschenrechts-Interventionen in Szene
zu setzen - eine wagemutige Wegelagerei der okzidentalen Nationen,
die sich wie ein blitzblankes Glamourgirl zu präsentieren wissen,
auch wenn ihre Häßlichkeit kaum verschleierbar ist und
stets wächst. Zum Vorschein kam dies zum Beispiel auch während
der kulturalistisch gekünstelten Gipfel-Frage der heilsgewissen
Tibeter, allen voran der Kreaturen wie der klerikalen Mönche
in Klöstern, die sich nach der Rückkehr der streng ständegesellschaftlichen
Verhältnisse und ihrer göttlichen Güter sehnen.
Doch diese Randale-Tibeter hätten ihre Neidkampagne
gegen begüterte Han-Chinesen vielleicht nicht begonnen, wenn
nicht wieder eine „friedliche Revolution“ à la
Dalai Lama als Leithammel auf der Agenda der Weltgeschichte gestanden
hätte. Seit 1989 weiß man, wie man sie inszeniert und
aufführt, nämlich wie bei den schwarz-rot-goldenen Spaziergängen
in Leipzig oder später der orangenen Resistenz in Kiew: Das
Rotlicht westlicher Kameras bewegt revolutionäre Herzen und
setzt sie in Brand.
Kasten-Demokratie als Metapher der Nordiden-Nomenklatur
Anläßlich der antiautoritären Episode
auf dem „Dach der Welt“, die den Olympiaden in Peking
zuvorkam, demonstrierten der westliche Blätterwald und TV-Dschungel
großspurig, wie religiöser Fundamentalismus und gewalttätiger
Separatismus auf einmal recht und billig aufkreuzen - als Episode
der Freiheit und Emanzipation.
Wie war das aber im eigenen Gefilde, als sich die
Meute der „Vierten Gewalt“ über unaufgeklärten
religiösen Fanatismus aufregte? Als sie es kaum aushielt, daß
hier eine „Parallelgesellschaft“ heranreift, die - zumindest
theoretisch - den Keim der Ehrenmorde und Zwangsehen in sich trägt?
Als eine turbulente Debatte über den Bau von Moscheen in Metropolen
des Groß-D-Landes ins Rollen kam? Und als alle froh jubelten,
daß der Staat „islamistische Hassprediger“ überwacht
und ihre rechtgläubigen Jünger in die Anstalten der Zwangsintegration
einweist?
Das alles gilt ja einer Religion, dem Islam, der sich
vorgeblich auf den Fährten einer gefährlichen Geschichte
befindet. Wenn da Gläubige mitten in der „modernen Welt“
mit Kopftüchern herumlaufen, heißt es, daß sie
sich ihren rückwärtsgewandten Tatbestand manifestieren,
die ganze unaufgeklärte Art dieser Religion. Vor allem gegen
den denkbaren und daher ständig in der Luft liegenden Übergang
zum gottergebenen Fanatismus erscheint für die staatliche Aufsicht
so gut wie jedes Mittel recht.
Dagegen Tibet. Unschuldige und einfach super-religiöse
Leute, die sich bloß dafür einsetzen, ihren Glauben frei
zu leben. Bewundernswert, wie sie seit Jahrhunderten an archaischen
Fundamenten ihrer Ritualen festhalten und ihrem Allvater ihr ganzes
Leben unterordnen. Fabelhaft, wie viele von ihnen schon im Kindesalter
zu Mönchen und Nonnen werden, die ihre Tage damit verbringen,
„om mani padme hum“ („om mani peme hung“)
zu murmeln. Wie sie von den Opfern einer bettelarmen Bewohnerschaft
leben und sich verköstigen lassen, ihre Heimat voll Klöster
stellen und unbeirrt die Rückkehr ihres reinkarnierten Buddha
(Dalai Lama) verlangen.
Die Solidarität der freien Öffentlichkeit
ist also wie immer super drauf. Ihre Hirne sind so gut sortiert,
daß „Bild“ ohne jedes Problem die serbischen Aufstände
in Mitrovica und die tibetischen in Lhasa zusammen in einen dicken
schwarzen Kasten setzt. Wobei es sich auf dem einen Bild um „gute
Rebellen“ und „böse Peiniger“ und auf dem
anderen um „böse Randalierer“ und „gute Panzer“
dreht.
Die olympischen Wettkämpfe fanden trotz aller
Drohworte des Boykotts statt. Allerdings haben die Westmächte
dies von vornherein mit der offen ausgesprochenen Absicht verknüpft,
der Kommunistischen Partei Chinas in Sachen Pressefreiheit und Menschenrechte
gehörig in die Suppe zu spucken. In der Analyse des GegenStandpunkt-Verlags
in Radio Lora München vom 14. April 2008, auf die sich die
obigen Sätze stützen, heißt es dazu:
„Die westliche Presse kriegt sich jedenfalls
fürs erste nicht mehr ein, den chinesischen ‘Machthabern’
eine ganze Latte interner Auseinandersetzungen an den Hals zu wünschen.
Als Mittel einer machtpolitischen Auseinandersetzung mit der kommenden
Weltmacht China ist unseren aufgeklärten Journalisten in ihren
Fantasien dabei einfach alles recht - wie reaktionär, religiös
borniert oder brutal auch immer.“
Die linken Lichtpunkte verschwinden in den Fluten
des Kröten-Regens oder im Sumpf des Systems. Daß Klassen-
und antiimperialistische Kämpfe aus „emanzipatorischer
Sicht“ inzwischen als die individuellen Freiheiten bedrohende
Urgewalten des Kollektivismus wahrgenommen werden, beweist, wie
tief der neo- oder ordoliberale Rassismus in den linken Lebenskreis
eingedrungen ist und ihm die Liturgie der Marktmoral heimgeigt.
Inzwischen dreht es sich bei allen sozialen Slogans
um die solcherlei restlose Verwertbarkeit des Humanen, so daß
Emanzipation nur noch Marktkonformität bedeutet, die beiläufig
behutsam bis zivilisatorisch bedingt-terroristisch durchgesetzt
wird. Hier husten die Flöhen, und die Flöte der Leitkultur
schallt lauter und lauter.
Menschenmengen werden allein nach ihrer ökonomischen
Verwertbarkeit zur Kenntnis genommen. Sozialdarwinismus triumphiert
und steigert sich zur weltgesellschaftlich kulturalistischen Norm
des Kasten-Normativs, zugleich zur Sehnsucht der selbs stilisierten
Hochkulturen nach der „Volksgemeinschaft“.
Der kräftig kultivierte Kurs des Kulturalismus
Die krude Kurtisanen-Kulisse unter der Kasten-Kuppel
der konkurrenz-kreischenden Kybernetik weitet sich vollblütig
aus, trumpft triumphierend auf. Selbst im Binnenbereich der Imperien
floriert die Industrie der arisch Aufgeklärten, zum Beispiel
agiert die integrationale Zunft entsprechend der Abscheu gegenüber
den wertverminderten Fremden im ethno-sozialen Unten, hat den autoritären
Auftrag, die Getto-Generationen dieser neu beheimateten Population
als verwertbare Produktionsfaktoren zu modellieren.
Die integrationale Zunft verarbeitet die vor allem
hier niedergelassenen Türken als umzuerziehende Menge. Erst
durch die verbal gelungene Integration, respektive selektive Assimilation,
können diese als primitiv positionierte Elemente ihren herkömmlichen
kulturellen Schleier ablegen und sie die vollfertige Kultur aneignen.
Sowie prominente Täuflinge wie Cem Özdemir oder Necla
Kelek... Daher erweist sich die Integration als langwieriger Prozeß,
der selektiert, die willfährig Nutzbaren honoriert, die Überflüssigen
deportiert - irgendwann exakt als Gesamtmasse.
Wasser-Gebet spricht der Vasall des Wahlsystems als
Tribun. Was herauskommt, ist frömmelnde Farce, die aus all
seinen Poren strömt. Ein Quälgeist ist er, der hin und
wieder einen Krümel zugeworfen bekommt, um vom Glück der
mächtigen Majorität was abzubekommen.
Die volksfrontartige relativ rigorose Reaktion auf
den Prahlhans Erdogan aus Ankara, der es ziemlich zerstreut wagte,
die Assimilation als ein Vergehen gegen Menschlichkeit zu charakterisieren,
ist ein Beweis dafür, daß die integrationale Intentionen
des Groß-D-Landes auf die regelrechte Taufe der türkischen
Gemeinschaft abzielt.
Der neorassistische Gehalt der majoritär beschworenen
Integration besteht darin, daß sie seit über drei Dutzend
Jahren noch keinen Inhalt besitzt und als Schlagwort fungiert. Noch
mehr: Sie erwies sich längst als ein demagogisches Dogma, welches
die Demographen im Dienste der Obrigkeit eifrig deuten und Demokraten,
nämlich die Partei-Potentaten instrumentalisieren.
Eine vollzogene Migration findet niemals statt, und
selbst die hier im Deutschen Lande Geborenen und Aufgewachsenen
zählen als fremde Elemente und nicht als ansässige Untertanen
mit elementaren Bürgerrechten. So wurde 2000 auch die Novelle
des Staatsangehörigkeitsrecht zusammenstückelt.
In aller Munde ist von Deutsch-Türken oder türkischstämmigen
Bürgern die Rede, was die kulturelle Differenz betont. Doch
diese andere Kultur gilt es, nach germanischem Genre der Majorität
zu eliminieren und nicht aufgrund der Menschenrechte als Subjekte
der kulturellen Autonomie anerkannt zu werden.
Die Tugendwächter der germanisch geprägten
Stände- bzw. Stammesgesellschaft propagieren realitätstüchtigeres
Glaubensoriginal. Um den eigenen Machtanspruch zu untermauern, werden
aus der hergebrachten Eigenart der Neulinge die beliebig Negativen
ausgewählt und zu einem Gruppenstigma geformt. Diese abwertende
Artikulation dient vor allem dazu, die eigene Überlegenheit
zu legitimieren, sie sogar zu mystifizieren. Die Spätankömmlinge
neigen daher dazu, das ihnen angehängte Kollektiv zu verinnerlichen
und sich als Selbstbild anzueignen.
Der innere Rückzug aus dem geltenden Gesellschaftsgebäude
ist als Folge der Segregation und Seperation vorprogrammiert, und
die Harmonie unter den Prämissen der ethnischen Homogenität
der alteingesessenen Einwohner droht, aus dem Ruder zu laufen. Derzeit
agieren die Vollzugshelfer der demokratischen Volksgemeinschaft
als ostzonale Banden, bald im gesamten Terrain der Berliner Republik,
wo die Ethnophobie über feste Wurzeln verfügt.
Möchtegerngermanen migrantischer Memoiren
Und die Maskerade der Security-Sektion schwarz-roter
Kameraden hält an. Mit der frisch formulierten Form namens
„Einbürgerungstest“ leitet die demokratische Dompteure
in die Wege, was die rot-grüne Koalition Anfangs des 21. Jahrhunderts
kreierte. Das Jetzige kommt dem § 10 Abs. 7 des Staatsangerügkeitsgesetzes
nach. Der Testkatalog mit 300 Fragen fußt auf den Themenbereichen
„Leben in der Demokratie“, „Geschichte und Verantwortung“
sowie „Mensch und Gesellschaft“.
Wie er auch immer angewandt wird, ein bestandener
„Einbürgerungstest“ gilt nicht einmal als Nachweis
ausreichender Deutschkenntnisse. Auch die Sprachfähigkeit muß
noch geprüft werden. So lautet es im BMI-Portal vom 7. Juli
2008. Was die Kandidaten in ihren Gehirnrinden zu speichern haben,
sind zahllose Nahmen und Zahlen. Sie sollen außerdem nicht
erwerbslos sowie nicht vorbestraft sein.
Was der Regent des bundesrepublikanisch nationalen
Ressorts „Innere Sicherheit“ meistert und als Maestro
maßregelnd dirigiert, ist eine kulturalistisch komponierte
Tragikomödie, zugleich die germanisch manische Manipulation
der migrantischen Mitwelt.
Die im (Be)Reich der Teutonen niedergelassenen Fremdlinge
haben die Prämissen der ethnisch homogenen Volksstates einzulösen,
wenn sie den Status der vollwertigen Citoyens erlangen wollen. Da
schweigen die sonst überlaut geschlagenen Globalismus-Glocken,
und der kosmopolitische Kompas erweist sich als makabre Malaise.
Für die observierende Obrigkeit sind die eingewanderten Erdlinge
offenbar die ordinären Obdachlosen eines zu okkupierenden Ortes
mit dem ertüftelten Getto-Getöse.
Die seit über drei Dutzend Jahren starrköpfig
dominierten Debatten um die Denksäule der Integration nehmen
den Islam als Angelpunkt in toto ins Blickfeld, ohne die Interaktion
zwischen andersartigen Lebenswelten zu internalisieren.
In praxi gleicht das Groß-D-Land einem nationalstaatlichen
Terrain von Schrebergärten, den umzäunten Parzellen -
einer mehrseitigen Melange aus Früchten und Fäulnis. Registrieren
will man das natürlich nicht.
Man beabsichtigt, die zu neutralisierenden Türken
bzw. Muselmanen nicht unbedingt im homogenen Volksstaat aufgehen
zu lassen, sie zu humanisieren, zivilisieren, respektive assimilieren,
sondern unter Artenschutz zu stellen - in Reservaten, die gegenwärtig
„Prallelgesellschaften“ oder auch Gettos genannt werden.
Während die Musketiere im Gedankengebäude
der christlich-abendländischen Werte-Varia gemäß
dem expansiv agierenden imperialistischen Szenario handeln und die
eingewanderten Muselmanen-Population in die Selektionsmühle
der Asimilation drängen, nehmen sie die islamisch konservative
Regimenter am Bosporus in Schutz. Denn diese haben den germanischen
Naturalisationstest („Einbürgerungstest“) bereits
bestanden, indem sie sich der Jagdparty der Global Players nach
dem Extraprofit als obersten Wert und dem uneingeschränkten
Recht auf Eigentum als Manna bekannten - schließlich dem spartanischen
Adressaten der universalen Humanität.
Wie sich dieses okzidental mental ornamentierte Pathos
auch immer dreht und wendet, dem himmlisch sanktionierten wie Kürbisblume
entfesselten Markt unterstellt bleibt es allemal. Während die
dilettantischen Tamtam-Tartüffe der Moschee-Bauten hierzulande
als starrsinnige Staturen des systematischen Störmanövers
an den Pranger gestellt werden und die Islamophobie im Memory der
ethnisch homogenen Majorität Wurzeln faßt, reichen die
Federhelden der medialen Gilde den islam-grünen Interessenvertretern
des Weltkapitalismus am Bosporus die Hand, hantieren mit hegemonistischen
Fetischen. Sie attackieren bei jeder Gelegenheit die kemalistischen
Foren als Komplottsschmiede, stellen im Hinblick auf Freiheit, Fortschritt
und Fortuna alles von den Füßen auf den Kopf, setzen
die imperialismus-kritischen Opposition mit Despoten und Rackets
gleich.
Damit die Türkei in eine von byzantinisch muslimischen
Population bewohnten „Provinza Anatolia“ des christlichen
Abendlandes unter pangermanischen Präsentation verwandelt werden
kann, muß den „kemalistischen Hardlinern“ dort
der Prozeß gemacht werden. Denn diese Widersacher des globalen
Neodarwinismus repräsentieren ein Weltbild, welches sich aus
Grundlementen zusammensetzt wie: Kollektiveigentum, Republikanismus,
Nationalismus, Volkstümlichkeit, Laizismus, Revolutionstreu.
Trotz aller Skepsis, daß der charismatische
Kabinettskapitän in Ankara bei weiteren Kreisen als Muselmanen-Wolf
im Schafspelz der Demokratie gilt. Vorfälle häufen sich,
die seine Bekenntnisse zum Laizismus und Pluralismus ins Zwielicht
rücken.
Der Klassenkampf in der Türkei hat seine eigene
Qualität. Er findet statt zwischen moderat muslimisch gefärbten
Führer-Figuren auf dem Gewaltsattel der neoliberalen, nämlich
global tobenden neofeudalen Kaste auf der einen und den Verfechtern
der national republikanischen Revolution mit sozialen Standbeinen
auf der anderen Seite. Hier geht es um die Dichotomie zwischen Barbarei
und Zivilisation.
Hinter dem Balkan die naseweisen Islamisten
haben ein Netz der Meritokratie aufgeschlagen
sich im Dogmen-Buch der Moneten
und der Domäne eingetragen
verdient als Tascherons der Profit-Profeten
sonnen sie sich im Glanze des Mäuse-Mekkas
haben digital direkten Spaß
mit demagogischen Partei-Piraten
im geflickten Habitus der tüchtigen Demokraten
veräußern Humanität in Raten
Marginalien zum Wertekanon des Abendlandes
Zurück zur Besitzstandsbastei. Hier wächst
permanent die Pro-Power-Partei der Privatier-Tour, subsumiert aus
subtilen Schwadronaden ihren allheiligen Chor der aufklärerischen
Allüren sowie seine subalterne Singakademie der feudalen Marktschreier.
Die Gerechtigkeit wird dem Allvater überlassen
als sein attraktives Attribut. Es geht dabei nicht um die Koordination
der Kommandanten, die das Pathos verteilen, um die Subordination
der Unterlegenen. Medien und Hysterien der europoid überlegenen
Kaste kreischen Krieg, wenn die Redlichkeit der Kolonisierten nicht
im Sinne der Kolonisierten zum Vorschein tritt.
Im Gedächtnis schwer zu löschen: Das Jahrhundert
des aufklärerischen Aufkommens, dessen Träger gegen Königtum,
Absolutismus und Klerus aufbegehrten, glänzte zugleich als
das Weltalter des weitverbreiteten Sklavenhandels.
Die zivilisatorische Kanone und der aufklärerische
Kanon wurden als imaginärer Wartesaal der Geschichte betrachtet,
und zwar als Maßstab für die kulturelle Differenz zwischen
hier dem Okzident und dort dem Orient. Aus derselben Quelle wie
die geringgeachteten Besitzlosen speist sich auch der Rassismus.
Es komme dabei vor allem darauf an, manifestierten die herkömmlichen
Aufklärer, sie, die Proleten der industriellen Blüte,
in Arbeit zu bringen - notfalls als Sklaven in Ketten. Frische Spuren
dieser Sinnesart leben in den Nischen der gegenwärtigen Ökonomie
fort. Während der Berliner Hegemon mit seinen Hartz-Gesetzen
die Not der Besitz- und Erwerbslosen instrumentalisiert und sie
zu Leibeigenen degradiert, fristen Hunderttausende von heimlichen
Migranten ihr Leben als Galeerenhäftlinge in der Schattenwirtschaft.
Dennoch brüstet sich das nordische Imperium als Zentrum aller
errungenen Werte und universalen Menschenrechte.
Solange die demokratisch sanktionierten Imperatoren
und Oligarchen nun den aufklärerischen Narratoren spielen,
bleibt das Los des mondialen Menschentums monochrom zwischen kritischer
Chronologie und emotionaler Ambivalenz. Der vorsintflutliche Demos
erlaubt den Despoten der Eigentumsagenda, einen Makrokosmos ihrer
Beständigkeit zu komplementieren, somit den kollektiv enteigneten
Ethnos mit Hilfe eines Götzen zum willfährigen Komplizen
zu kommandieren.
Da wohnt der Demokratie so viel Wert inne wie der
Makulatur. Als Pathos. Der kleine Krakeel der Kraken. Aber auch
die Kraft der bürokratisch kapitalistischen Berserker, der
Besitzstandsbestie.
Das doktrinäre Dogma des Demokratismus ist ein
Spiel zwischen Mandataren samt ihrer Domestiken. Die zweibeinige
Population des Blauen Planeten vermeidet mehrheitlich den Urnengang
und damit die Ehrfurcht gegenüber dem Dominium - wider jegliche
Drohkulissen, die von Tausendsassas der Tugend-Tüfftler dokumentiert
werden. Die metropolitanen Nationalstaaten etablierten sich aufgrund
des Ethnozentrismus, dessen Folge der Ethnozid war und bleibt.
Ethozentrismus ist elementares Weltbild der kollektiven
Identität, durch die die Leitlinien der imperialen Nationen
über die Bühne gehen. Ihnen gelang es seit dem kolonisatorischen
Auflodern, die Minoritäten durch den integrativen oder auch
gewaltsamen Ethnozid (Nordamerika) aussterben zu lassen.
Meuterei und Meuchelei wetteifern
überlaut der Blaue Planet
und plakative Palaver auf dem Parteien-Parkett
übergreift die Palette der Plattitüden
fürchten alle die Wiederkehr der Frühsommerblüten
auch im nächsten schweren Winter
Vor der Klasse des Clandestinos haben die Klatschgeschichten-Geschwister
weiche Knie
Daß das beabsichtigte Gesellschaftsgebäude
der bürokratisch-bourgeoisen Bastion aus musterhaft Mutwilligen
und mürrischen Mündel zusammenscharrt, als unteilbare
Schar gebündelt werden, somit Statur gewinnen soll, ist keine
zu lüftende Kopfnuß. Nur mit dem Angstpeter vor jener
trügerischen Terror-Tortur, welche die demokratisch bucklig
dekorierte Regentschaft im breiten Publikum ihrer byzantinischen
Untertanen einjagt, gelingt es ihr, ein buschig präventives
Menschenmanagement zu meistern.
Für den Budenzauber, den die Grossisten der loyalen
Volksgemeinschaft in Aussicht stellen, kommen sie mit der Beute
aus den Raubzügen im trikontinentalen Terrain auf. Somit geht
der globalen Konstruktion der Blutsauger-Barbarei ohne das lückenlos
bunt gefleckte Geschäft der metropolitanen Nationen nicht vonstatten.
Kein Memoire der Moral kann bestreiten, daß das erdweit elegisch
wuchernde Elend allein ein Produkt der Profiteure ist.
Prosperität produziert Prekariat. Die arglos
artikulierte Armuts-Debatte, eine mediale Montage des abendländischen
krakenkapitalistischen Gedankengebäudes, erweist sich als eine
animierende Klassenkarikatur. Dabei dreht es sich nicht darum, die
Kastenpyramide der Aneigner zu attackieren, sondern die vermehrte
Beute noch etwas gerechter zu verteilen, die Daseinsweise so zu
nutzen, daß sie die eleganten Eliten elementar nützen,
statt Kopf zu stehen. Eine elfenhafte populäre Vision, die
in Kauf nimmt, daß sich der überflüssigen Population
in weiten Breiten der Erde zur ökonomisch optierten Elimination
freien Lauf läßt.
Ein Geschick der Kolonisatoren ist auch, ihre Maske
gemäß der Härte des Windes wechseln zu können.
Völlig von der Rolle scheinen z.B. die „antideutschen“
Teutomanen-Zirkel auf dem linkslastigen Parkett zu sein. Gestützt
auf einen arischen wie aufklärerischen Antrieb kanzeln diese
Pioniere der Islamophobie vehement den Antiimperialismus innerhalb
der imperialen Nationen ab, der „heute seinen authentischen
Ausdruck bei der NPD“ finde, wie Sebastian Voigt in „Jungle
World“ vom 4. Juni 2008 erdichtet. Nicht differente Positionen
sollen in marginal medialen Meetings der judeophilen Jünger
kollidieren, sondern die israel-solidarische Essentials in Details,
die sich wie eine Planierraupe fortbewegen. Sie fahren den Kritikern
des globalen Kasten-Regimes und ethno-sozialen Apartheidsapparats
an den Kragen, überschütten sie als Akteure des „regressiven
Antikapitalismus“ oder als Schwärmer der „Stallwärme
des Kollektivs“ (Jan Gerber, „Jungle World“ vom
4. Juni 2008) mit Zerrbildern und übertünchen sie mit
Müll.
Auch die „Multitude“-Mulatten brummen
meist in den Bart, machen sich mausig, während die Hyänen
rund um den Globus tingeln und den Schwachen den Schweiß auf
die Stirn treiben. Nach einem Jahrzehnt ihres Entstehens befindet
sich die supranationale Assoziation namens Atack mit all ihren Sektionen
immer noch auf der Suche nach jenem Sandsack, den sie der globalen
Monstermaschinerie ins Getriebe streuen will.
Auf der anderen Seite: Selbst in den Glaspalästen
der Globalismus-Glöckner geht die Hasenherzigkeit um, daß
die Milliardenmassen, für die es bald nichts mehr zu beißen
gibt, das Eldorado des Überflusses zu überfluten droht.
Die Maxime, daß die Kräfte des Marktes imstande sind,
sich selbst zu regulieren bzw. zu heilen, schlägt in Zähneklappern
und Panik um - auch bei den bislang so sehr selbstgerechten Eliten
des marktradikalen Mangelmanagements allemal, vor allem bei der
Clique der krisenkapitalistischen Mandataren bzw. Demokreaturen.
Es ist die fühlbare Furcht vor der Sintflut aus
den gebrandschatzten Breiten der südlichen Erdkugel. Einen
auf die Barbarei des Endkapitalismus abgezielten Gegenwind hier
im atlantischen Norden gibt es nicht. Oder er bläst so schwach,
daß er sich nur schwerlich spüren läßt.
Das GRÜNEN-Greenhorn Cem Özde-Obama und die Claudiatorin
Roth
Das Fußballern auf der grünen Wiese rüttelte
im Juni 2008 wieder Millionen aus dem Schlaf, denen das Herz im
Leibe lachte. „Patriotismus“ und „Partyotismus“
brauten sich zusammen. Der Kommerz gab kräftigen Kursanstieg
kund. Fahnenfabriken fabulierten Kassenschlager. Junioren jonglierten
mit ihrem Sackgeld. Für den Kollektivglanz der Nation. Kolumnisten
kollidierten mit ihren Kollegen der Konkurrenz. Kommentatoren und
andere Kumpanen komplettierten ihre Nationalbesten mit dem Identitätsimpetus
ihrer Volksgemeinschaft, flößten Mut ein, sich für
den Triumph ihrer Elf unterzuordnen. Das Mißverhältnis
zwischen dem Spiel auf den Rasen und dem Ernst in den einsamen Privatbuden
wurde in Schuß gebracht. Immer mehr Wimpelwichte flogen über
Alleen und Allgemeinplätze. Die Mandatare, ministeriale Ressortslenker,
Premieres, sogar Oberhäupter wohnten in Tribünen oben
dem Spektakel unten gefühlvoll bei. War auch der Schwaben-Türke
dabei? Der Cem Özde-Obama?
Sicher. Er spielte mit, aber nicht im Rahmen der fußballernden
Euphorie. Dieser neue alte Özde-Obama begann bescheiden, kokettierte
schnell vor allen, die sich nach einem frischen Wind auf dem Parkett
des Parlaments sehnten. Während die Claudiatorin Roth gemäß
des Jägerlateins des planetär populären Poeten Karl
May weit hinter dem wilden Kurdistan, bis auf dem „Gipfel
der Erde“, wo die Mönche Gebete murmelnd die Rückkehr
ihres Dalai Lama und Ständestrukturen verlangten, auf die Suche
nach ihren Groupies für den Erwerb von noch mehr Menschenrechtsmeriten
ging, gelang es Özde-Obama, die Ex- und Lex-Muselmanen miteinander
zu versöhnen und mit turbulenten Teutomanen Frieden zu stiften.
Dieser Özde-Obama, der sich nicht gern als Osama
karikieren läßt, träumt sicher von der Nomination
für die Regentschaft der gesamten Nation, des Novum Romanum.
Natürlich im Cäsaren-Akt. Überzeugen müßte
er die ganze Herde der Wählerschaft samt der Ochsen und Schafe,
müßte die Animositäten zwischen den ost- und westzonalen
Zoon politikons überwinden, kann aber nicht. Vielleicht irgendwann.
Er sieht allen Anti-Ängie-Agitationen über die Schulter,
nimmt die wetterwendische Veteranin der Ex-SED-Junioren in Ägide,
bleibt jedoch lüstern auf den Chancellor-Sessel. Wie er war,
bleibt er und erwirbt Meriten, anberaumt als Chamäleon und
Fahnenträger der europoid Konvertierten.
***
Die einsamen Monaden
Der Spätkapitalismus hat die Massen gezähmt
und das Individuum in die anonyme und ichbezogene Enge seiner nackten,
blanken Subjektivität verwiesen. Nicht durch Zufall ist das
geschehen, sondern als Teil der Entmachtung des einzelnen als gesellschaftliches
Wesen, als handelndes Mitglied des Kollektivs. Das heißt:
die Vereinsamung des Menschen als Voraussetzung seiner Manipulation
als Bürger, als Wähler, als Konsument, als soziale Kategorie.
Man ist allein, man lebt allein, man versucht, allein mit den eigenen
Problemen und Sorgen fertig zu werden. »Wissen Sie, daß
in den großen Städten die einsame Kreatur umherirrt?«
fragte Albert Camus. Wir wissen es, und nicht erst seit heute. Schon
Engels wußte es, und es lohnt sich, seine Stimme zu hören:
»Die brutale Gleichgültigkeit, die gefühllose Isolierung
jedes einzelnen auf seine Privatinteressen tritt um so widerwärtiger
und verletzender hervor, je mehr diese einzelnen auf den kleinen
Raum zusammengedrängt sind, und wenn wir auch wissen, daß
diese Isolierung des einzelnen, diese bornierte Selbstsucht überall
das Grundprinzip unserer heutigen Gesellschaft ist, so tritt sie
doch nirgends so schamlos unverhüllt, so selbstbewußt
auf als gerade hier in dem Gewühl der großen Stadt. Die
Auflösung der Menschheit in Monaden, deren jede ein apartes
Lebensprinzip und einen aparten Lebenszweck hat, die Welt der Atome
ist hier auf ihre höchste Spitze getrieben.«
Diese Monaden sprechen immer weniger miteinander,
die »vox humana« ist kaum vernehmbar, eine Entwicklung,
die zu einer immer tiefer werdenden Absolutierung der Einsamkeit
führen mußte, wie schon von Thomas Mann mahnend angekündigt:
»Das Wort, selbst das widersprechendste, ist so verbindend...
Aber die Wortlosigkeit vereinsamt.« Und wenn die Menschen
in Verbindung treten, ist ihre Sprache zunehmend von den durch die
Werbung, die politischen Parteien und die Massenmedien unentwegt
verbreiteten Schlagworten und Gemeinplätzen geprägt. Die
einzelnen begegnen sich nicht mehr als Personen, sondern nur als
Konsumenten und Produzenten, als Träger äußerer
und unpersönlicher Symbole und Funktionen.
Dabei ist der Mensch keineswegs verdammt, allein zu
sein, er ist vielmehr von Natur aus ein geselliges und gesellschaftliches
Wesen. Warum es so ist, sagt uns Kant: »Der Mensch hat eine
Neigung, sich zu vergesellschaften; weil er in einem solchen Zustand
sich mehr als Mensch, d.i. die Entwicklung seiner Naturanlagen,
fühlt.« Die Einsamkeit des heutigen Menschen ist das
Produkt unserer Zivilisation, eine sozialgeschichtlich bedingte
Erscheinung, genauso wie die Zerstörung der Natur, die Ausbeutung
der Dritten Welt oder die Mechanisierung des Lebens. Die Weltlenker
versuchen mit allen Mitteln, die Menschen voneinander zu trennen;
sie handeln so, weil sie wissen, daß diese gegenseitige Entfremdung
die Voraussetzung für die Fortsetzung ihrer Herrschaft bildet.
Die Beziehungslosigkeit der Monaden liefert die beste Gewähr
gegen Emanzipation und Aufruhr. Dort, wo es keine zwischenmenschlichen
Bindungen mehr gibt, kann es auch keine Revolte geben, keine gemeinsame
Aktion gegen die organisierte Macht. Denn ohne Kommunikation ist
auch keine »communitas« oder »communio«
möglich.
Die herrschende Lehre beschreibt diesen Zustand mit
solch pompösen und verlogenen Begriffen wie Freiheit, Selbstbestimmung
oder »privacy«. Aber die bürgerlichen Leitwerte
– Individualismus, Konkurrenzkampf, Pluralismus –, die
als Nonplusultra des Fortschritts und der Zivilisation gefeiert
werden, erweisen sich bei genauerem Hinsehen als Abfallprodukte
eines Zeitalters, das – unfähig, eine auf Kooperation
und gegenseitiger Hilfe beruhende Ordnung zu stiften das Gesetz
des Dschungels zur Richtschnur des Zusammenlebens bestimmt hat.
Um den anderen auszubeuten, muß der postmoderne
Mensch sich selbst ausbeuten, seine edelsten Anlagen tilgen, Raubtier
werden, sich selbst erniedrigen. Er kann sich in der kapitalistischen
Wildnis nur behaupten, indem er seine niedrigsten Triebe trainiert
und einsetzt und seine höheren unterdrückt. Aber nicht
nur der einzelne, die spätkapitalistische Gesellschaft als
Ganzes kann nur in dieser allgemeinen Verwilderung bestehen und
sich reproduzieren, denn das Ende des Hobbesschen Kriegs aller gegen
alle würde das Ende des Systems bedeuten. Deshalb die Notwendigkeit,
die unsolidarischen Triebe zu pflegen und die Aggressionsbereitschaft
immer wieder zu mobilisieren.
Heleno Saña
Aus: »DAS ENDE DER GEMÜTLICHKEIT. Eine
Bilanz der Krise unserer Zeit«. Rasch und Röhring Verlag,
Hamburg 1992
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