XXV. Jahrgang, Heft 142
Okt - Nov - Dez 2006/4

 
  Inhalt  
  Editorial  
  Meinungen - Karawanserei  
  In den Kulissen der Teutozentrale  
  Gegenwart der Geschichte  
  Kosmopolitane Menschenwelten  
  Kultur-Atelier  
  Die Brücke an der Spree  
  Medien-Kultur-Schau  
  Lyrik  
     
  Wir über uns  
  Der Verein  
  Gästebuch  
  Archiv  
  Impressum  
     
 

Letzte Änderung:
03.06.2006

 
 

 

 
 

 

 

Necati Mert´s Kolumne

Fellachen der Wüste und Wallstreets Wallachen-Küste


   
 
 

Staustunden signalisiert der Leuchtturm der nordatlantischen Assoziation auf den Datenbahnen wegen der Sintflut der Kurtisanen-Kulisse und Mädchenhirten. Das Dilettanten-Dilemma droht das Kursbuch des schwarzen Goldregens durch den Wolf zu drehen. Die Singakademie des Syndikaten-Sputniks hält ihre Zunge im Zaum. Skrupel skandieren die Poppoeten und Postphilosophen der Anti-Avanti-Artillerie. Die Sirenen-Sultanin Condoleezza Rice, die Dulzinea der Dukatenscheißer, verkriecht sich im Trara-Tempel des alten Trotts. Währenddessen rumort der unrühmliche Raubbruder Donald Rumsfeld im Turbo-Trabanten des Pentagon, und sein Präsidial-Patron redet kurzweg in Superlativen, rezitiert das Jägerlatein vor dem Parkettpublikum auf der Satellitentribüne.

Das Klassenkarussell dreht sich mit steigendem Schwung. Die Faksimile der Falsifikate vom Freiheitsideal wie die "Statue of Liberty" in New York prosperieren die Startphrasen der korrumpierten Staatskunst in der globalen korpulenten Galerie des Privateigentums, strapazieren den Rundblick auf jeglichen Blütentraum.

Diesem parabolischen Fazit des epochalen Episodenopus, dem Epilog zum parazentrischen Epos der Pax Okzidentale, gleicht der Beitrag der medialen Gilde, der “vierten Gewalt” der demokrakeelenden Diktatur, über das Zukunftsbild des Menschentums. Als eines ihrer Standbeine sonnt sich beispielsweise der Agentur-Reporter in der Aura der Schlachtfelder aller Art. Er digitalisiert die Drangsale, und vonnöten ist ihm für seinen Broterwerb, keine Notiz von den Realrandalen in den ramponierten Lebenswelten zu nehmen, von der Allotria im martialischen Allerlei merkantil mentalen Urquells. Gestartet als Anhängsel der imperialen Staatskarosserie rührt er ruhmgierig die Reklametrommel der monetär manierierten Kamarilla für den Husarenstreich auf alles ökonomisch verwertbare Leben, komponiert in seinem kurzweiligen Memorial-Memory Siegersonette und Rollen-Robinsonaden, modelliert Miniatur-Mythen und reanimiert verlachte Methusalem-Miseren für die Singakademie der High-Society. Im Kehrum und katzenfalsch käut er am laufenden Band den Rohstoff wieder, den ihm der Prinzipial des Potentatentum auf der Jagdkanzel diktiert.

Die Journaillen-Kamaraderie trug zum Überfall der High-Tech-Armada im Maschrek das Nötigste bei, indem sie den systematischen Staub, die die Pulverkünstler der Pentagon-Patronage herauspusteten, als Message aufwirbelten. Ohne die Zivilcourage der Al Dschasira-Alternative, sich als einzig gehaltvoller Gegenspieler des superimperialistischen Lügenkartells dazwischen zu mischen, hätten die zitadellenzivilisatorischen Zampanos ihre Demontage-Dramaturgie fortgesetzt, jeglichem kriegsstörenden Unterfangen die Maulschelle verpaßt und die orientalischen Widergänger der okzidentalen Okkupationsorgien als krakeelende Kanaille der Emire im Verbund mit den öligen Oligarchien sowie als Emissäre Ali Babas, der Tortur-Groupies, gebrandmarkt.

Geblieben wären im Stockdunkel die Freveltaten der Folterknechte, die zum Privatvergnügen der Freiheitsschergen vollbracht wurden, und der Alltagshorror, den die paramilitärischen Horden der Sicherheitssyndikate mit ihren brandschatzenden Bodyguards der manierierten Honoratioren in der Marionetten-Kulisse verbreitet haben.

Lange genug konnten sich die Wetterfahnen des bornierten Borderline-Journalismus verbitten, daß die Steppen Mesopotamiens auch in den Datenautobahnen zum Blühen gebracht werden und die Fellachen der Wüste zu Fackelträgern der globalen Revolution mutieren. Von ihrer turbulenten Tour, den Nachbarschaften des Erdenrunds den Kopf zu verdrehen, werden sie niemals abkommen.

Anders aber das Realresümee: Die Fackel der zeitnahen Rebellion wurde am Tigris entzündet, sie muß jetzt im Okzident zum Feuer werden, wenn ein Friedensprozeß als Weltganzes in Gang kommen soll und die Menschheit dem verlogenen System des bluttriefenden Besitzgötzen nicht mehr länger auf den Leim gehen will.


Brutalo-Rivalitäten, Rambo-Aktivitäten und szenarische Exekution

Das Wagestück eines unbewanderten Yuppies namens Nick Berg, sich im ramponierten Zweistromland emporzuarbeiten, endete Anfang Mai 2004 auf den Monitoren. Er wurde, wie man behauptet, vor laufender Kamera guillotiniert – als Rache für die Marter durch die anglo-amerikanischen Soldateska, wie es in der vermeintlichen Message der Scharfrichter heißen soll. Angesichts solcher Art Bestialität läßt sich die Söldnerorgie durch schmachvolle Stress- und Zwangstechniken als bedauernswerte Bagatelle deuten, beteuerte der Generalstab der Invasionsheere. Damit ließ sich im Mainstream der westlichen Gedankengebäudes das schwer verdauliche Phantasma vom Universalprojekt der Demokratie durch das Phantom des Gottseibeiuns mit dem Taufnamen “islamischen Terrorismus” ausmanövrieren. Kein Platz für Skeptiker, die den Zeitgeist argwöhnen und es auf den Versuch ankommen lassen, die Episode differenziert und mit einem Panoramablick auf den drohenden Trübsinn der Drangsalierten zu kommentieren, gegebenenfalls auch zu dramatisieren.

Die Demokratie-Schergen, die im mesopotamischen Tiefland das Prokrustesbett in Betrieb setzten, nachdem sie das erdenbreite Publikum mit Seemannsgarn und Remakes von orientalischen Despoten und Nebukadnezaren überschüttet hatten, werden vom nachhaltigen Verdacht freigesprochen, da die Leidtragenden ihrer Mannestaten anonym im Hintergrund bleiben. Hingegen tritt der eigene Märtyrer des Martyriums persönlich auf den Plan.

Im Internet-Dschungel hat die Mordgeschichte Nick Bergs einige Versionen parat. Er sei zum Beispiel bereits am 24. März 2004 in Mosul festgenommen worden und habe 13 Tage in Gewahrsam der US-Marines verbracht. Ziemlich im Dunkel ist damit das Datum seiner Exekution. Vor oder nach der Publikation der Tortur- und Notzuchtbilder der Insassen von Abu Ghraib?

Unverbürgte Fragen wirft auch das “unamerikanische” Exekutionsszenario auf: Anfangs spricht Berg auf einem Stuhl vor laufender Kamera über seine Familie – in einem Stoff, wie ihn die Guantanamo-Gefangene auf dem Leibe tragen. Gleich danach sitzt er auf dem Boden, hinter ihm stehen seine korpulenten Wächter mit Masken auf dem Gesicht. Unter ihnen soll sich der mutmaßliche Scharfrichter befinden, dessen Tod der Besatzerstab selbst drei Monate zuvor bekanntgaben. Es folgen einige unklare, verschwommene Bildschnitte und am Ende Bergs Körper sowie Kopf – voneinander abgetrennt. Keine Blutspuren um ihn herum, keine dem Willen nicht unterworfene Reaktionen nach dem Messerschlag. Synchronisierte Begleitstimmen...

Aufgrund solcher und weiterer Recherchen stellt Özcan Buze, der Sachkenner der us-imperialistischen “Great Middle East”-Ambitionen im Istanbuler Wochenblatt AYDINLIK vom 13. Mai 2004 in Frage: “Höchstwahrscheinlich wurde Berg zuerst, womöglich mit einer Giftspritze, getötet, dann geköpft. ... Anschließend wurde jemand aufgegabelt, der mehr oder weniger Berg ähnlich sah, und den man, als ob er lebendig gewesen wäre, vor jenen sprechen ließ, welche wiederum die Gestalt seiner Entführer annahmen. Am Schluß wurden der Körper und der davon abgetrennte Kopf Bergs vor die Kamera gebracht. Das so hergestellte und einigermaßen retuschierte Videoband ließ sich der Media servieren.”

Nichts kann der Abscheulichkeit des Aktes Abbitte tun, auch nicht die Dimension der Folterbank, die das größte Rechtsreich aller Zeiten in seinen nicht national begrenzten Verhörquartieren gemäß seinem extra-justiziellen System installieren ließ – mit normativ modellierten Infrastrukturen, dem geheimdienstlichen Netzwerk von völkerrechtsfreien Zuchthäusern. Das Supeme Cocurt, sein oberster Gerichtshof, soll nonchalant diesem unter der Kuppel des “Fünfeck”, dem Pentagon, gezimmerten Räderwerk Einhalt gebieten? Oder die Definitionen der Genfer Konvention, die auch die milizartigen Einheiten beim Rechtshandel mit berücksichtigen?

Für die Freiheitsscharlatane aber sind Freischärler jeder Art hausgemachte Terroristen, die es gilt zu “gitmoisieren” – nach dem Wortkonstrukt “Gitmo”, dem Truppen-Slang für den US-Stützpunkt Guantanamo. Die schlangenzüngigen giererfüllten Gigantomanien des Superrechtsreichs charakterisiert Werner Pirker in “junge Welt“ vom 17. Mai 2004:

»US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat über die Folterpraktiken im Abu-Ghraib-Gefängnis nicht nur Bescheid gewußt, er hat sie auch angeordnet. Wie hätte man auch etwas anderes annehmen können? Es wäre doch die unwahrscheinlichste aller Annahmen gewesen, zu glauben, daß diese Orgien der Unmenschlichkeit einzig der kriminellen Lustentfaltung einzelner US-Reservisten gedient hätten. Wie die US-Militärs mit Kriegsgefangenen, die sie nicht als Kriegsgefangene anerkennen, umzugehen pflegen, ist der Öffentlichkeit spätestens seit der Einrichtung des “X-Ray”(Röntgen)-Lagers auf Guantánamo bewußt geworden. Nur erfolgt die sadistische Vorführung von Menschen als “Vierbeiner” auf dem US-Stützpunkt in Kuba in voller Disziplin des Wachpersonals und ohne spürbare Emotionen, während sie in Abu Ghraib ins Euphorische und Chaotische gesteigert wurde.

Eine Macht, die die “Souveränität des Individuums” als den zentralen Bestandteil ihres Wertesystems propagiert, enteignet “feindliche Individuen” ihrer Individualität. Die Nazis hatten offen ihrem ethnischen Wahn gefrönt, die menschliche Spezis in Herren- und Untermenschen, Herren- und Herdenvölker einzuteilen, während in der amerikanischen Ideologie der formale Gleichheitsgrundsatz gilt. Doch wer den “demokratischen” Führungsanspruch der USA, die “Universalität” ihres Wertesystems, die aus Amerikas göttlichem Auserwähltsein als die “freiheitlichste” unter den Nationen hergeleitet wird, nicht anerkennt, wer auch noch Widerstand gegen die nationale Unterordnung leistet, dem wird die Hundeleine angelegt. Es ist kein Zufall, daß die enthusiastischsten unter den Folterern in der sozialen Stufenleiter der US-Gesellschaft ganz unten stehen und ihre Erhöhung zu Herrenmenschen im Irak umso ungehemmter ausleben. Es ist weniger die Brutalität als die sozialdarwinistische Niedertracht, die einen frösteln macht, sondern das System, in dem die Folterberatung auch noch zu einem privaten Geschäftsbereich – moderntorture.com – geworden ist. Daß diese Gesellschaft eine offene, pluralistische usw. ist, soll die “schonungslose Aufdeckung” des Skandals belegen. Doch bis heute haben US-Medien nicht aufgedeckt, daß George W. Bush seine Präsidentschaft einem Wahlschwindel zu verdanken hat.«


Das Remake der Revolutionslyrik als usurpiertes Reklame-Label für “freedom and democracy”

Im Mainstream mausern sich mäuschenstill die bahamotisch landläufigen Vokabularien wie der “Islamfaschismus” zum Medienwert der Rasputin-Rituale. Auf ihrer Tingeltangel-Tour zur ideologischen Annexion der linksseitigen Zirkelzone laufen sie sich die Fußsohlen ab, um ihre liebedienerischen Litaneien auf der Manege des Mammons und ihre Ellenbogen-Elogen für den neromanenhaften Präsidialpotentaten zu legitimieren. Mit martialischen Metaphrasen und emsig emanzipatorischen Metaphern mären sie zwischen den Mauern des Marktes, mehren sich mannhaft wie mannigfach, wirbeln so viel Staub auf, daß sie am Ende selber vom Teufel geritten werden, glattzüngig in Erstaunen geraten, wie da der Herostrat als Hesperiden-Holde hervortrat. Dennoch prominieren sie weiter prometheisch und promoten das Fanal der Flammensäule in dem in persona fabulierten Brachland der Barbaren. Die anglo-amerikanischen Folterknechte von Bagdad nehmen sie als bedauerliche Bagatelle zur Kenntnis. Sie glauben nicht, daß das Dunkel sicher, auch wenn mühsam, die Sonne überflutet. Doch der Nährboden der Schreckensnachrichten weitet sich aus auf der kolonialistischen Traditionslinie der nordischen Zivilisation:

Tortur- und Geheimtouren gehörten immerdar zum gängigen Repertoire der CIA-Schergen, vor allem mit dem Einsatz von Angstrohstoffen, wie sie sie vor über drei Jahrzehnten in Indochina verordneten, indem sie Feuerwände aus Napalm aufstiegen ließen, in denen Lebewesen verschwanden, ohne daß auch nur ein Hauch Asche übrig blieb. Ganze Wohnviertel der ramponierten Landenge erstickten unter den Bombenteppichen ihrer Luftarmada. Und das Martyrium der Menschenrechtsmärtyrer lebt fort. In Bagdad. Indem man dort das Gros der Arrestanten mit effizienten Fließbandmethoden demoliert, pickt man sich nach Feierabend einige zum eigenen Vergnügen heraus.

Die Jünger des Jubelruf-Jakobinismus, die Prahlhänsel der “Bahamas”-Barkasse im Patronagen-Port Pentagoniens, passen im Angesicht des Prokrustesbetts auf, daß der Raupenschlepper aufs Tempo drückt, um den Globus selbstsüchtig platt zu machen. Auf der ersten Etappe des zurechtrückenden Gewaltstreichs liegt der Erdstrich zwischen Magrep und Maschrek, das Biotop unter der pervertierten Philosophen-Folie des “islamischen Faschismus”.

Die bahamotische Garde patrouilliert als Matrosenmannschaft auf jenem Demokratie-Dampfer, dessen mentale Mäzene über den baldigen Aufbrauch zu übrigen urbaren Ufern meditieren. Diese spartanische Partei der Spaßpartisanen partizipiert mit einem pompösen Getöse die Pax-Americana-Revolution als leutseliges Eventualitätsevent und strengt sich drakonisch an, jede Gegenwehr im Mund der Leute zu ersticken. Brummig wie bullig bedient sie sich eines kulturalistischen Sortiments der ökonomisch bedingten Schlachtopfer, trillert eine Internationale für die proimperialistisch völkischen Kurdensekten und tingelt durch die Promenaden Metropolitaniens.

Mit der popmodellierten Tünche postmodernen Fabrikats artikulieren sie die Attraktion der demokratischen Sandaletten- Pantoffel- und Pantalone-Revolte der Sansculotten gemäß dem Wahlspruch: Jeder darf sich als eigener Sklaventreiber auftun! Um den gegenwärtig noch werthaltigen Idealismus der Timokratie universalistisch anzumalen und die Hochblüte der Galeerensklaverei zu reinkarnieren!

Unter der Knute des Hign-Tech-Hegemons und der Knospe eines glorreichen Weltalters des Abendlandes dreht sich der Globus wie ein traktierter Trabant: Wolfsrachen zwischen allgemein Humanem und kulturalistisch Allgegenwärtigem wachsen zu profunden Kluften. Der homo ökonomicus oktroyiert die prolligen Existenzen in die Pöbel-Population des homo politicus. Der Demokratie-Transport in den Orient mutet wie eine Transplantation von Schädeldecken an. Im Zwischenstromland als Eingangsstufe der Operation bliebt selbst den Impresarios der imperatorischen Varieté-Akrobaten das Lachen im Hals stecken, nachdem das Gros ihrer Probanden den Weg der Bambule ging und sich an das altbewährte Los der Guerilleros erinnerten.

Doch die Geistesfürsten des zombie-cäsarischen Experiments schwafeln weiter davon, daß der Husaren-Horizont ihres Ansehens unübertroffen bleibt. Je tiefer sie in den Teufelskreis der Krösus-Krise gezogen werden, desto krampfhafter scharen sie sich zusammen – wie beim Zusammenrücken der Sippenclans auf Rufweite – und geben ihrer denunziatorischen Energie freien Lauf.


Der Anti-Antisemitismus als antiquarischer Antrieb für angewandte Anti-Islamismen

Der arglistig erkaufte Feldzug “Operation freies Irak” hat noch lange die lukullischen Kriegswirtschaft-Schatullen der fettigen Krisenökonomie zu füttern, um den als bösartig gebrandmarkten Tumoren des Zivilisationsganzen mit dem ferngelenkten Feuersturm einen Schnitt zu versetzen. Unter dem Lehnwort “Sicherheit” nehmen sich die Privatkiller der Söldnerfirmen auf dem Schlachtfeld die Freiheit, auch die Stammhalter Babylons zu peinigen.

Wo der Haß auf die nordamerikanische Schurken-Supermacht hochbrodelt, versuchen die Weltbild-Büttel eine Präventiv-Front zu tüfteln. Die sekundären Sektenpositionen werden auf die imperiale Schiene emporgehoben, die partikularen Possen zu universalistischen Fetischen hochstilisiert. Jetzt will der originäre Christianismus das Mekka meistern und den ordinären Islamismus endgültig unterwerfen.

Der staatlich sanktionierte Anti-Rassismus der Eliten ist salonfähig, solange er einer geheimen Gemeinde von Gemeinen den Randalen-Rassismus unterschieben, mit dem Annektieren des Anonymus einen Aliens-Alltag bemäkeln und seinen biometrisch bewerkstelligten Ethnozentrismus mit der Mimikry des kulturalistischen Ethnopluralismus bemänteln kann – im Dunstkreis der wieder anrückenden Antisemitismus-Anomalien.

Ist diesartiges Gefahren-Gefilde auf dem Antennenmast der metropolitanen Fungesellschaft tatsächlich so akut, daß sich über 500 Parlamentäre von 55 OSZE-Staaten zusammenfanden, eine endzivilisatorische Offensive gegen den judeophoben Affront in Worte zu kleiden und ins Felde zu führen. Welche Absichten stecken dahinter, wenn nicht eine Drohkulisse der Pax Okzidentale gegen die muslimisch-arabische Hemisphäre? Dem cäsarischen Machthebel eines Ritterreichs ebenbürtig, das mit affrösen Affären in der musealen Bücherschau der Geschichte einen biederen Platz einnehmen will?

Der kraftmeierische Klimbim deutet darauf hin, die europoide Judeophobie, die den Generationen des Abendlandes mit der Muttermilch eingegeben wurde, dem Morgenländischen überzustülpen. Zugleich nimmt sich die zugkräftige Offensive vor, einen fashionablen Anti-Islamismus zu Tage zu fördern, dessen Werkstoff in den Kreuzzugs-Kompassen zur Gänze vorrätig ist. Das vielzüngige Szenario der weltsozialen Pyramidenpfleger sieht dabei ein Außerhalb vor, das in den hinteren Sackgassen der metropolitanen Magistralen beginnt – mit den verelendeten ökonomisch überflüssigen Underdogs.

Das ursächliche Ächten der antisemitischen Tretmine füllt einen antiquarischen Hohlraum der Tartüff-Theatralik in Talkshows, Leitartikeln und Feuilletons. Der christlich geschützte und chauvinistisch gestützte Circulus vitiosus verengt sich, wird veredelt mit dem virtuellen Horarium der Marie-manierlichen Freidenker und marktparaten Messias. Die urbanen Geschütze der orakelhaften Operation zielen auf einen Islamisten-Kosmos zwischen dem Barbaren-Plateau der Menschenrechtsletzten und dem unbezähmbaren Cyberspace der Zivilisationsobersten, um ihn in einer monotheistischen Ökumene abrahamitischen Urquells übers Knie zu legen. Sie bedienen sich dabei des alterprobten Sentiments unter dem Leihwort des Humanitarismus, den die Meisten der Erdenbewohner nicht im Geringsten ernsthaft ins Auge fassen. Trotz aller titanischen Tiraden über die individuelle Autonomie entdecken die mentalen Büttel des Kulturalismus in der Gott,- Bibel- und Gebetsgemeinde ein schlagkräftiges Potential für sich. Aber auch hier schließt sich ein Teufelskreis, der sich als banaler Bedarfsgegenstand entweder aushöhlen oder überhöhen läßt.


Das Abendland im Aufwind Orwellschen Orakels

Der volkstümlich virtuose Handstreich gegen den Orbit des virtuellen Orientexpresses enthält vielerlei Fragmente des gottgläubigen Kolonialismus, läßt sich daher als überarbeitetes Faksimile des Kreuzzugs-Kompendiums titulieren. Antiislamische Attitüden gehören zum breiten Konsenskreis der Kompanie “Aufstand der Anständigen”. Unter dem weltläufigen Lehnwort Antirassismus wollen sie die Widersacher der Heerscharen Allahs wieder zusammentrommeln, die – gemäß dem Orwellschen Orakel der kompletten Komplott-Tünche – drohen, den Globus zu kassieren und zu kolonisieren. In diesem gängigen Gegenbild verbünden sich die neolinken Noblessen und neurechten Vortrupps des Volkstums fast gleichförmig. So ergründen die Betreiber des wöchentlichen konservativ-revolutionären Szenen-Zirkulars “Junge Freiheit” das Wiederaufkommen des Antisemitismus in der Gegenwart der muslimischen Migranten zum Beispiel mit den Worten Doris Neujahrs in der Ausgabe vom 7. Mai 2004: “Der einzig relevante Antisemitismus in Deutschland ist arabisch-muslimischer Provenienz und verdankt sich einer verfehlten Zuwanderungspolitik, die – und hier schließt sich ein Teufelskreis – im bundesdeutschen Alarmismus wurzelt.”

Die Demokreationen des wertenden Neorassismus boomen auf einem Humus unter dem Hesperus, wo die Marketender-Flotten der Kreuzritter schon in den Startlöchern sitzen. Hier beflügeln die mit den Farinaden des Kommunismus bemäntelten Papiermedien und linkslastigen Lockout-Blätter wie “Bahamas”, “Jungle World” und “Konkret” die Fanfaronaden-Gemeinde der anti-antisemitischen Ariosos.

Die judeophile Fraktion im Koalitionären-Konvoi islamophober Instrumente, die sich meilenweit vom Manifest der sozialen Gegenwehr über das Maß des Erträglichen hinaus entfernt hat, übernimmt die Rolle der Agent-Provokateur. Ihre militanten Mentoren mengen sich unter den Haufen der Meetings, um den Erzfeind der monetär manierierten Emanzipations-Events mannhaft zu attackieren, nachdem sie ihn manipulativ markiert haben. Mit reizvollem Raffinement machen sie sich die Schwäche der missionarisch mentalen Antifa-Fahrten, deren Fremdenführer in jedem Asylanten gleich ein Opfer erspähen, zu Nutze und wirbeln weidmännischen Staub auf.

Ein Teil des Antifa-Spektrums, dessen Hansdampfe in allen Gassen sich ursprünglich vor etwa zwei Jahrzehnten emanzipatorisch aufmachten, gegen die gewaltbereite Ethnophobie zu Felde zu ziehen, schloß sich der anti-islamistischen Singakademie an. Die Zwischenzonen-Zenturios dieser zwielichtigen Zirkel reimen sich unter einem subtilen, gemeinsam trainierten Text zusammen: “Unter dem Banner des Antizionismus und Antiimperialismus können Allianzen entstehen, von denen man vor Jahren nicht zu träumen wagte: Rechtsextreme benutzen solche Slogans schon lange, ein Teil der Linken sowieso, dazu kommen nun Islamisten, Globalisierungskritiker und Friedensbewegte aus allen Schichten, die auch offene Formen von Antisemitismus in ihren Reihen als eine Art Nebenwiderspruch durchaus in Kauf nehmen,” orakelt zum Beispiel Anetta Kahane in der Broschüre “Antisemitismus und Antiamerikanismus in Deutschland”, mitherausgegeben von der Amadeu Antonio Stiftung. In diesem Traktat wird im übrigen jeder, der gegen die Irak-Invasion Front macht, als Antiamerikaner und damit auch als Antisemit angeprangert.

Die 1998 gegründete Stiftung, der Anetta Kahane gewerbsmäßig vorsitzt, bekommt ihren Namen von jenem Angolaner Amadeu Antonio Kiowa, der während einer Eberswalder Skinheads-Jagd auf Ortsansässige schwarzer Haut in der Nacht vom 24. auf den 25. November 1990 schwer verletzt wurde und zwei Wochen später starb. Konrad Graf von der Groeben heißt der Stifter, der aus Ostpreußen stammt und seinen Reichtum dem Erwerb einer Coca-Cola-Lizenz verdankt.

Ins Gewicht fällt im Verzeichnis der imaginären Feuerlinie der islamophoben Jüngerschaft auch der “Zeit”-Schreiber Richard Herzinger, der seine Dschihad-Dschungel-Zyklen zuletzt im “Die Zeit”-Dossier vom 6. Mai 2004 demonstriert. Unter dem Balkenüberschrift “Radikale Botschaft, sanft im Ton” listet er darin die geläufigen, gleichwohl altersblanken Fakten über die islamistischen Aktivitäten auf und schlägt die Alarmglocke: “Der Islamismus verbreitet eine starke Botschaft, die sich nicht auf Hasspredigten gegen die westliche Welt reduzieren lässt. Wer sich mit ihm auseinandersetzen will, muss zunächst sein Denken, seine Redeweisen und seine Taktiken begreifen. Wer dies tut, erkennt, dass der Islamismus als eine offen operierende, politisch-kulturelle Bewegung auf Dauer eine größere Herausforderung für die westliche Verfassungsordnung sein könnte als der Terrorismus kleiner Gruppen.”

In seinen Warnschriften, die wie ein Sammelsurium aus den Attitüden der Aufklärungsmönche anmuten, geht jeglicher Bezug auf das Kollektivschicksal des Weltganzen fehl. Somit spielt sich der militante “Zeit”-Kavalier als Kreuzritter beim Zusammenprall der Kulturen auf. Nicht einmal eine Muselmanen-Demokratie unter der Protektion des Heiland-Empire entspricht seinem Lehrgebäude, sondern nur die doktrinäre Befehlsgewalt des Besitzgötzen. Folglich zielen Herzingers Zech- und Herzensbruderschaften auf die Präsenz der eingewanderten “Parallelgesellschaften” mit dem kleinasiatischen Hintergrund, markieren darin das Terrain des hochdeutschen Antisemitismus, aber auch des anti-deutsch manifestierten Kulturalismus. Daß ein derartiges Phänomen im Gegensatz zum römisch-katholischen und nordisch-protestantischen Abendland der bewanderten Schickeria dem Osmanen-Reich der Scharia samt und sonders unbekannt blieb, wird kaum zur Kenntnis gebracht. Man erdichtet stattdessen brenzlige Indizien, um dunstvoll das düstere Überdauern der judeophoben Seuche zu diagnostizieren. Daß deren Virus sich jedoch voll und ganz im Außerhalb des westlichen Immunsystems fortpflanzt, fühlt man souverän im Voraus. Nicht einmal mühen sich die Laiendoktoren der arischen Anthroposophie ab, den Bazillus mit einem eigenen Namen zu taufen. Denn Antisemitismus grünte nämlich immer aus dem christlichen Krankheitskeim, zeigte keine Symptome des Bastardisierten.

Die herzigen Herzinger-Pamphlete stützen ferner die Schützlinge des Diaspora-Zionismus auf dem Vormarsch, der beständig auf der nordamerikanischen Grundfeste des militanten Christentums fußt. Die auserlesenen judeophilen Filialen der Yankees, Yuppies und Cowboys finden im Singkreis der begnadeten Aufklärungsmullahs im alten Kontinent ihre Abonnenten guten Mutes. Ihr heiliger Singsang maßregelt eine “antisemitische Internationale”, die aus der Ressourcen-Kulisse des islamistischen Idealismus resultiert.


Das Nischen-Netzwerk des Missionaren-Managements

Als eine weitere subalterne Fraktion im ausgestreckten anti-islamistischen Spektrum produziert sich das missionarische Nischen-Netzwerk, dessen Wurzeln gewissermaßen im pangermanischen Gedankengebäude liegen. Während die populistischen Aktien der eurozentrierten Zivilgesellschaft auf dem Antipathienkurs gegen das kemalistische Weltbild von der Staatskunst aufwärts steigen, intensivieren die klerikalen Unterhändler ihre Investitionen vor allem am Bosporus, aber auch in den bundesdeutschen Quartieren der Eingewanderten-Population aus dem kleinasiatischen Tafelland. Wie das in Istanbul erschienene Wochenblatt AYDINLIK vom 5. Mai 2004 entschleiert, steuert das missionarische Augenmerk scharfsichtig auf Aleviten und Kurden zu. Besonders fruchtbar präsentieren sich in diesem Zusammenhang die ethno-kulturellen Konstruktionen in Form von Selbstorganisationen wie die “Föderation der Aleviten Gemeinden in Deutschland e.V.” (AABF). Die Honoratioren dieser graziösen Community, allen voran der AABF-Vorsitzende Turgut Öker, leisten dem kolonialistischen Christianisierungskonvoi ein elementares Rüstzeug und fungieren als dessen Handlager, indem sie für den Zwölf-Imamen-Glauben endlich nicht-muslimische Wurzeln fabrizieren.

Dabei führen die Spuren Turgut Ökers Laufbahn nicht zurück auf theologische Anstalt, sondern zu jenem “Revolutionären Weg” aus der Folgezeit der Studentenrevolte, dessen Hamburger Zirkel Mitte der Achtziger im vorigen Jahrhundert mit dem Stamm in der Türkei brach und das Zirkular “Göçmen” (Migrant) herausgab. Nach dem Aus dieses publizistischen Opus wechselte Öker von der sozialen zur religiösen Emanzipation, und es gelang der geschwinde Queraufstieg auf die Verbandsspitze der Diaspora-Aleviten. Alevitentum hat seine Wurzeln außerhalb des Islam, lautet seine derzeitige These, nämlich im Christentum.

Von diesem Blickfeld aus hat man in Kleinasien wieder die Wiege des Christentums ans Licht gebracht. Demnach hätten die Türken den Islam erst im zehnten Jahrhundert angenommen, bis dahin seien sie griechisch-orthodox gewesen. Bevor sie sich sogar im anatolischen Plateau niederließen? Welch eine Faszination heizende Fabel!

Das heutig zum Teil verbriefte islamophobe Ressentiment leistet dem Kraftakt Vorschub, den das militante Milieu der medialen und studiokratischen Gilde in Szene setzt. Ermahnt werden von ihren Marktschreiern die Leibeigenen, den adretten Nachweis der Nibelungentreue zu bringen, damit man sie zum Hans im Glück erklärt und als Inländer ihrer Geburtsstätten tauft.

Es hilft kaum, das historisch festgefahrene Bild zu retuschieren, auch wenn die Honoratioren der jüdischen Gemeinde am Bosporus in der Türkei eines “der wenigen glücklichen Länder” erspähen, “das eine sehr geringe Antisemitismus-Quote hat", wie Tilda Levi, Chefredakteurin des Istanbuler Wochenblattes “Schalom”, von Otto Höhler in “Frankfurter Rundschau” vom 28. April 2004 zitiert wird.


Der aufgefüllte Ausguck autokratischer Tohuwabohu-Toleranz

Honorige Hofschranzen hochgemuter Gelehrter beflügeln nicht nur den geistigen Höhenflug des Neorassismus, sondern auch die Zeitzone, in denen unterschiedslose Gewalt gegen das Leben vom Zaun bricht.

Wo den Stammhaltern der Nordiden-Nomenklatur das Hemd zu kurz wird, rufen Humanitas-Husaren zum Feldzug gegen die potentiellen Poseure der Tyrannen-Tortur auf. Gelingt es ihnen nicht, die miserabel projizierten Missetäter mit dem Diktat diplomatischer Diktion zu prädominieren, ziehen sie den Knüppel aus dem Sack. Ein Übriges tut für das singuläre Sinnbild des Homunkulus-Humanitarismus der Propaganda-Papagei mit dem Ruf nach Gewalt.

Dann triumphiert der Trophäentrupp, und die trendigen Troubadour-Roboter rühren die Reklametrommel für den Weltruhm der Revolutionsrevue-Rambos. Presse-Prosaisten polemisieren preiswürdige Produkte unter der Sogkraft der Katastrophenfaszination und stützen die Aktion für ihre Akklamations-Aktien auf die Aufnahmebereitschaft der Eventorgien, die weite Schichten umfassen kann.

Die Billig-Bilder vom 1. Mai 2004 (der Euroburg schlossen sich fünfzehn Neulinge an), die über Satellit in die Schüsseln aller Welt-Dächer flossen, schlugen Wellen eines Blendwerks. Auch in den illusionsinhärenten Illustrierten. Es ging in globo nicht einmal am Rande darum, dem erdbreiten Publikum ein Stück Realityshow zu bieten, sondern medienträchtig die Gloria des Novum Romanum so zu politieren, daß seine Sehweite dem Absoluten im Cyberspace ebenbürtig ist – soweit das Auge reicht.

Ein prostitutionsparat protegiertes Politikum, dessen Dirigenten den sonst so katastrophendüsteren Tenor beiseite stießen und sich vor den blindgläubigen Bittstellern als messianische Bildsteller präsentierten. Es rührte die Yuppies der Ostzonen-Europoiden, die digitalen Hausierer und die welterfahrenen Krautjunker zu Tränen. Erstarrt waren sie vor einem provokativ polierten Weißtüll am schwarzen Himmel, welches in der Tat keinen Dreier wert war.

Akribisch artikulierten die Tropen die Zitadellenparade: Die Landzunge trennt sich unter dem Sternenkranz des Herren der himmlischen Heerscharen vom Mutterkontinent, erklärt sich zum Notanker einer sinkenden Titanic, aber auch zum archimedischen Punkt eines archetypischen Universums im Dämmerzustand. Die Performance des Fanals brüskierte vor allem die untermenschelten Erdenbürger in den mißliebigen Seitengassen der metropolitanen Magistralen.

Doch die werkgerecht anvisierte Eurovision enthält auch die Version, daß ihr virtuose Erosionen innewohnen, sie bietet daher nicht einmal allen Christkindern Platz, sondern nur noch den chronischen Konjunktur-Claqueuren der heißen Waren-Variante, die veranlagt sind, sich immer weißzuwaschen, wenn sie in der Teufelsglut als Brandleger ertappt werden.

Das vollbrachte Konglomerat der Krautjunker heißt nicht einmal mehr EU, sondern erweitertes Europa, in das manche Territorien, zum Beispiel Zypern, nur noch mit einem Bein humpeln können. Den Stabskombattanten der Schengen-Gendarmerie bereitet daher die Fährnis einige Kopfschmerzen, daß das geteilt gehaltene Eiland in der Levante ein Einfallstor für selbstläufige Migrationsfluten heranwachsen kann. Nur schemenhaft sprechen sie davon, experimentieren vielmehr insgeheim mit Obolus und Bonus, um die türkischen Zyprioten an den kollaborationsbereiten Kasernenkreis der Sondersöldner anzuketten.

Will sich der Nordteil nicht zum Sammelbecken all der enteigneten globalen Wandervandalen wandeln, denen die Eurokratie jeglichen Einlaß blockiert, müssen seine Präfekten die Grenzen gewaltig abschotten – gemäß der Schengen-Schreibe vom Dominoeffekt. Das heißt: Die türkischen NATO-Schergen im östlichen mediterranen Terrain haben den Kraftakt zu bewerkstelligen und ihre Jagdszenen gegen die “Illegalen” noch säuberlicher auszudehnen. Dieserart geleisteter Dienst, hofft die kleinasiatische Kameraderie der mondialen Plutokratie, wird ihr für ihre Fahrtroute in das Herz des Krauterkontinents einen Bonus in die Hand drücken, auch wenn er ihr auf weite Sicht verschlossen bleibt.

Was folgt, wenn der Limes der ethnozentrisch europäischen Supervision dank der Liaison mit den Laien-Divisionen und Lakaien-Fiakern der globalen Grossisten am Bosporus unpassierbar wird? Werden die Bantustans der neoständischen OneWorld-Apartheid in den Steppen Anatoliens konstituiert oder in den Wüsten des Magrebs? Wo gehen die Seelenverkäufer übervoll mit “Illegalen” dann unter? Welcher Zyklon kassiert die Raststätten der norwestwärts verlaufenden Migrationsfluten? In welchem Zyklus kreischen die Robinsonaden der schummrigen Meerbusen-Meuterer? Wo kreisen die Sicherheitssatelliten der eurzentrierten Zitadelle in Zukunft?

Im Weiteren: Es dämmert hinter dem Damm des Dorados, es rumort unter dem Hesperus der Kassenwahn, röhrt der Klassenhahn. Robert Malthus‘ Mangel-Geist malträtiert die Überflüssigen der Kröten-Kasten. Wieder im Morgengrauen werden Exekutionen vollzogen, Hungerheere mit der Sparspirale gezüchtigt, später in den Hungerturm geworfen.


Das Menschenzuchts-Management

Es paradiert die Kompanie der Wandelcäsaren vom Imperium Romanum zur Pax Europanum, parodiert die Geschichte der Adelstands-Geschlechter beim einmütigen Affentanz, um die Geschicke des Hominiden-Planeten zu bestimmen, paraphrasiert die Farce die Tragödie mit vielschichtigen Fragmenten von Riten und Rivalitäten.

Zum Beispiel das Arbeitsplatzritual. Es gilt längst als integraler Bestandteil der Krisengesellschaft, um die soziale Drohkulisse gegen die Drohnen auszubauen. Erst veredelt der Konfrontationsdrucker den Lohndrücker. Dann stellt sich die Tretmühle der Pressen-Prinzipale unter die Kontrollgewalt des regulierenden Souveräns oder leistet den Pressuregroups Kadavergehorsam. Über dieses Gesamtgefüge legt sich schließlich jener Nebelschleier, hinter dem die Groß-D-Demokratie seine Normalität nur mit einer Million “Illegaler” und ca. acht Millionen “Landfremden” meistern kann – dank ihrer Hofschranzen, die als spaßige Speichellecker im berufsmäßigen Schanzenkiez hausieren gehen. Zwar liegen sie dem homogenen Hegemon fettleibig auf der Tasche, machen sich aber unentbehrlich für das Aufrechterhalten seiner Ehrenkrone.

Die besoldeten Gesellen der Armenarbeit mit einer schweren Portion Gutmenschen-Glorie lassen ihre Meriten so aussichtsreich dadurch legitimieren, daß sie einige Auserwählten das Bleiberecht erkaufen, das sie dann phantasiebegabt öffentlich offerieren, um der Dauer-Prämie ihrer Promotion Genüge zu leisten. Sie fokussieren ihr Plädoyer ausschließlich auf jenen Gnadenspruch für die Gruppen, die sich als Opfer der Folter-Furie einordnen lassen. Im fluchwürdigen Feld werden hingegen diejenigen beäugt, welche aus Furcht vor dem übergreifenden Ellenbogenrecht des Elends fliehen. Diese funktionellen Musketiere der fundierten Fungesellschaft entpuppen sich somit als subalterne Funktionäre des restriktiv reglementierten Rechtssystems. Das Grundgesetz – aber auch die Genfer Flüchtlingskonvention – reduziert die Fluchtgründe auf das populistisch Kulturalistische, schließt das Soziale aus.

Während die Schutzkolonnen des Kartellen-Kastells die unliebsamen Unmassen fortwährend marginalisieren, agieren die mentalen Mimikry-Mentoren und monetären Maskerade-Mimen im Labyrinth des humanitären Engagements mit dem biblischen Spruch der “nächsten Liebe”, stigmatisieren Migrantenmengen als die nach “unserem Wohlwollen bedürftigen Opfer”.

Humanitär aktive NGO-Missionare machen sich insgesamt mausig auf der effektiven Spielwiese des fiktiven Zusammenpralls der Kulturen als Quartiermanager und Bittsteller im Wettlauf, streuen Sand in die Augen, indem sie kunstfertig auf den exzentrischen Exemplaren des systemischen Extrakts hocken und damit experimentieren, die Gegenspieler der hegemonialen Staatskunst in die Falle zu locken.

Die Filiale des Menschenzuchts-Managements, die für den grauen Alltag der unterbemittelten Allochthonen in der Groß-D-Domäne bevollmächtigt ist, versteht sich als eine Lesart der selektiven Anthropophilie. Sie fußt nicht auf dem Gedankengehalt, die abgrundtiefen Trennlinien zwischen Privatiers und Parias zu schmähen, sondern frönt beliebig dem kalten Kalauer und karnevalesken Debütt, um die beleibte Get-together-Parties mit fremdländischem Folklorismus und wonnevollen Volkstümlichkeiten zu versüßen.

In den Kuppelcities, dem Korporationskosmos von botmäßigen Grossisten, bürokratischen Börsenbossen und großmäuligen Genossen stolzieren die Pläsier-Poeten hinter der einförmigen Palisade der pluralistischen Fassade ohne jegliche Überschau auf einen Korridor urweltlicher Lichtflut. Zugleich vergrößern sich die brüsken Risse im höchstkapitalistischen Gebälk zu riesigen Bruchlinien, die dem Menschentum das weinerliche Weltalter beschert. Das vom Gelde gelebte, eurozentrisch gelenkte Demokratie-Regime experimentiert mit einer demokratisch gelinkten Diktatur, verhängt mit dem Kredo der “leeren Kassen” einen verstohlenen Ausnahmezustand, verulket die weiten Lebenswelten mit dem pharisäischen Psalm von der harthörigen Globalismusglocke, verdunkelt den Ausblick auf die Morgenröte, okuliert unter der Banderole der Freiheitspoesie die Okkupation der Peripherie, pointiert die ethnisierten Spartenstrukturen zwischen Fundament und Firmament, partizipiert mit dem Popevent die Partikular-Partisanen der Privatier-Patronage-Piraten-Partei, rekrutiert sie gelegentlich aus dem karnevalesken Kanakstan-Kanton, privatisiert den spartanischen Spaß, prostituiert sich im Haus der Hausse, postuliert gegen die Spasmen des altersblanken Immunsystems, projektiert eine mondiale Apartheid-Pyramide mit honorigem Slang gegen Horror-Slums.

“Parallelgesellschaften” in den Global Cities komplettieren die postmoderne Architektur der entökonomisierten Kulturalismen. Sie diktiert, das human Soziale zu deregulieren, damit der Fahrplan der Präventionsphrasen, die bevorrechtigten Kontrollkanons rigoros zu regulieren, ungebrochen vonstatten geht. Jedes Mal, wenn der Krisenkomet im Horizont ans Licht kommt, läßt sie, die Metropolis-Autokratie, den Schlachtruf in der trikontinentalen Halbkugel erschallen.

Auf ihrer Satellitenbahn bramarbasieren gegenwärtig die Bush-Berserker und kommandieren einen Weltbuschbrand ohne Umschweife. Ihre Sendboten sticheln stetig die monotone Worthülse: Wer wagt, seinen Blütentraum auf eine Position eines von der Allmacht der Agora freien Außen innerhalb des Wirkkreises der “unsichtbaren Hand” zu hegen, wird bald die Faust unter der Nase fühlen.

Nicht nur reduziert der endkapitalistische “enduring freedom”-Emissär jegliches Wirken des Menschentums auf dessen ökonomischen Nutzen, sondern auch die Biosphäre in globo. Unentwegt drangsalieren die Pharma-Konzerne seit Jahrzehnten die unterlegenen Hemisphären, um ihre Patentrechte auf lebenswichtige Pflanzen durchzusetzen, deren Abbau von den lokalen Einwohnern nur noch gegen Gebühren möglich sein wird. Kommerzialisiert werden zur gleichen Zeit die Zugänge zu Trinkwasserbrunnen.

Werden die human-sozial Gegängelten abwarten und Tee trinken müssen, bis auch die Atemluft privatisiert, verpackt und profitabel verschachert wird? Ein entökonomisiertes Ökofreak-Olympia kann jedenfalls nur noch das Opus der zombie-zivilisatorischen Zyklen okulieren oder liegt eben auch neben der Spur.

Daß Feldzüge und Überfälle seit Anbeginn des Rechtsspruchs auf Privateigentum als einziges probates Rüstzeug gelten, läßt sich nicht oft genug anmerken, um dem schlangenzüngigen Getue der präpotenten Intelligenzia im Postszenium der Kapitol-Kapriolen auf die Schliche zu kommen. Hier liegen die Syndiken der Syndikate, die mit Naturstoffen aller Art, einschließlich des Schlafmohns am Hindikusch, hantieren, auf der gleichen Wellenlänge mit den Mentoren des imperialen Gewaltkartells.

Ein zukunftsträchtiges Spezifikum dieser hochgelahrten “Freedom-War”-Generalissimi ist der Einsatz der strapazierfähigen subalternen Security-Consulter für das democracy building in den einverleibten Erdstrichen. Auch wenn der Hominiden-Planet im Strudel des ökonomischen Terrors versinkt, versteifen sich diese Business-Krieger herkömmlich auf den globalen Buschbrand und können sich nicht aus dem Sinn schlagen zu sabotieren, wenn zutage kommt, daß die geplagten Desperados die Knochen zusammennehmen und an einem Morgengrauen die Friedenspfeife rauchen – vorausgesetzt, daß sie den hochbejahrten Kult-Tempel der Eigentumsbüsten nebst seinen eklatanten Eiterblasen und die Brustpanzer der Privatier-Piraten zum Einsturz gebracht haben.

Auch wenn das Supersubjekt der erd-sozialen Emanzipation, das Proletariat, unter dem Einfluß kulturalistischen Schlafmohns nächtigt, ist sein kostenfrei kontrollierter Container vom homerischen Herold nicht unerreichbar, der mit der manifesten Message der Milizen aus dem mesopotamischen Tiefland über den marktschreierischen Horen-Horizont hinweg zieht.

Kein noch so perfektes Zaunwerk, das aufgestellt wird, um die unterlegenen “Ulanen” vom Leibe zu halten, kann ihrem Ansturm auf die Zitadellen der hochgepriesenen Zivilisation standhalten. Keine Blockade, um sie im Hetären-Horst der weidgerecht erdichteten Weltgemeinschaft der Gleichen einzuzwängen, bleibt unverbrüchlich. Keine neue Mogelpackung von Zuwanderungsgesetzen, in denen die nebligen Novellen der leichtfüßigen Landjäger zirkulieren, wird die Invasion der Enteigneten mit der abschreckenden Vision der “humanitären Intervention” überwältigen können.


Die Fortuna-Futurologen der Laisser-passer-Bastille

Aus ihrem hochbetagten Sputnik im originellen Orbit des Ökonomismus, dessen orthodoxe Protagonisten sich gemäß dem allseitig profanen Profitstreben profilieren, kommen die Opponenten der merkantilen Malaise nicht heraus. Mit ihrem Quacksalber-Faktum, sich vom neokolonialistischen Gestern der Gegenwart zu einem mondialen Morgen in Trab zu setzen, werden sie immer wieder auf den Bauch fallen müssen.

Während die kopfgesteuerten Filialen der Finanzaristokratie testen, durch ferngelenkte Feldschlachten und überfallartige Enteignungen des sozialen Besitzstandes kreuzfideles Leben zu saugen, memorieren die Zitadellenzirkel linksseits parlamentarischer Litaneien apostolisch testamentarische Schriftgüter auf der Suche nach Zukunftsaussichten. Eine spruchreife Karikatur der bürgerlichen Krisendiktatur gelingt ihnen nicht, so daß sie auf der Strecke bleiben, stumm wie ein Fisch und Stumpf bis zum Schambein.

Während die Paradenpauker des kreuzzüglerischen Bellizismus, das Boderlinertum der Gelehrten- und Geschreibselgilde, die Hurra-Journaille, Eventeleven und die spaßrevolutionären Guerilleros lautstark für die Trabanten der Marien-Monarchie in den Werbefeldzug einreihen, überall dort Zensuren verteilen, wo ihre Manipulation nicht mehr zieht, sehen die Listenliteraten des linksgängigen Mikrokosmos nach der Konzentration aller kratzbürstigen Kräfte auf den Demokratie-Duktus als krass universales Werkzeug das Morgenrot leuchten.

Bündig wie buntscheckig erproben sie den Bruch mit der brünstigen Schickeria. Was ihnen bislang gelang, scheint das brühheiße Bravourstück, das Spektrum der globalen Gegenlager durch die reversiblen Reservoir-Reste der abendländischen Ratio zuzuschütten.

Die Fortuna-Futurologen des besitzständischen Fetischs führen die Lebenswelten an. Schlaftrunken reiben sich ihre Lukullus-Lakaien die Augen, brüskieren jeglichen Gegenwind. Selbst bei ihren Artgenossen beäugen sie die Animation der Hominiden in Gestalt von Horden und Herden, die sie am liebsten durch Steppen und Savannen rasen lassen, anstatt sie als Urbild der urbanen Gegenwart zu begreifen.

Auf diesem Postament restauriert sich nun die Lassez-passer-Bastille. Die schroffen Schlote des längst als märchenmuseumsreif geglaubten Manchester rauchen seit drei Dekaden wieder, immer stinkiger. Und wenn der global geklonte Gockel der Agora auf der Schutthalde der Zitadellenzivilisation Toleranz kräht, weiß der Herold, daß der nächste Großclash seine Schatten vorauswirft.

Die Tugendwächter der Tüftlergenies, die der Routine nicht mächtig sind, den Kapitalismus als Krake zu karikieren, sollten sich auch die Mühsal sparen, ihn zu kritikastern.

***

Ein Tingeltangel? Ein Workshop mit dem Wolpentiger, dem bayerischen Fabeltier mit hochwertigem Pelz, nach dem man Leute mit Sack und Kerze ausgestattet auf die Jagd schickt, um sie anzuschmieren und zu veralbern?

   

Netzbrücke:

• Necati Merts Kolumne

• Mehr lesenswertes Textmaterial

• Wider den Schwarzen Winter

• Porträt des Periodikums