An Frau
Dr. Regina Görner
Ministerin für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales des
Saarlandes
Franz-Josef-Röder Straße 23, 66119 Saarbrücken
Telefax 0681/501-3135, r.goerner@soziales.saarland.de
Sehr geehrte Frau Dr. Görner,
mit Entsetzen bekam ich Kenntnis davon, dass der herausgebende
Verein der Zeitschrift DIE BRÜCKE aus dem Etat jener frei-gemeinnützigen
Projekte gestrichen wurde, deren Tätigkeit im gesellschaftlichen
Gefüge der »Migration und Integration« durch die
öffentliche Hand gefördert wird. Zu Ohren kam mir zugleich,
dass die Initiative für diese Rotstift-Routine auf Sie zurückgeht.
Hiermit gebe ich meine Solidarität mit der Resolution
der Redaktionskonferenz der Zeitschrift DIE BRÜCKE kund und
fordere ebenfalls die Regierung des Saarlandes auf, den Ausschluß
des Vereins DIE BRÜCKE e.V. aus dem diesbezüglichen Fördertitel
zurück zu nehmen.
(Unterschrift • Vor- und Zuname • Beruf)
RESOLUTION
Bestürzt nahmen wir, die Unterzeichner dieser
Resolution, in der Redaktionssitzung vom 29.11.2003 zur Kenntnis,
dass der Zeitschrift DIE BRÜCKE von Seiten der Regierung des
Saarlandes droht, dem Rotstift zum Opfer zu fallen. Denn der herausgebende
Verein DIE BRÜCKE e.V. wurde aus dem Haushaltstitel für
gemeinnützig tätigen Vereine gestrichen, die seit langem
ihren gesellschaftlichen Beitrag zur Integration der Zugewanderten
leisten. Mit der Einbuße des bisher geleisteten Förderbetrages,
mit dem der Verein seit über zwölf Jahren einen Teil der
Sachkosten decken konnte, kippt ein wesentlicher Pfeiler seines
Fundaments.
Wir sehen den Vorgang in direktem Zusammenhang mit
dem in der BRÜCKE Ausgabe 131 abgedruckten Schreiben der Ministerin
für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales, in dem Frau Dr.
Görner unserer Zeitschrift vorwirft, »offen gegen das
Konzept “Integration” zu polemisieren« und damit
gefährlichen rassistischen Tendenzen in die Hände zu spielen.
Wir Unterzeichner, Streiter für ein humaneres Zusammenleben
aller Menschen und seit langen Jahren Fördermitglieder, Redakteure
und Autoren der Zeitschrift, fühlen uns missverstanden und
bestraft.
Der Verein zur Förderung politischer, sozialer
und kultureller Verständigung zwischen Mitbürgern deutscher
und ausländischer Herkunft DIE BRÜCKE e.V., bietet seit
über zwei Jahrzehnten den kosmopolitischen Denkern und Protagonisten
einer egalitären Bundesrepublik ein freies Forum, in dem die
Entwicklungen zwischen der Mehrheitsgesellschaft und ihren eingewanderten
Bürgern kritisch beobachtet und begleitet werden. Dabei versteht
sich DIE BRÜCKE als Sprachrohr der in Deutschland beheimateten
Migranten, ein Forum, bei dem der Titel Programm ist und die Diskussion
um eine menschenwürdigere Gesellschaft unzensiert und auf gleicher
Augenhöhe geführt wird.
Als Reaktion auf eine neu erwachte völkische
Strömung, protokolliert im »Heidelberger Manifest«,
mit dem Ende 1981 fünfzehn universitäre »Vordenker«
zum Widerstand gegen »die Unterwanderung des deutschen Volkes
durch den Zuzug von Millionen, die Überfremdung unserer Sprache,
unserer Kultur und unseres Volkstums« aufriefen, entstand
DIE BRÜCKE als Publikation für ein von der Herkunft unabhängiges
Welt- und Staatsbürgerdenken in Deutschland.
Von Beginn an widmet sie sich dabei Themenfeldern,
die in den letzten Jahren immer mächtiger in den Mittelpunkt
öffentlicher Debatten rückten, wie: Das dauerhafte Plädoyer
für eine bundesrepublikanische Staatsbürgernation und
die endgültige Abschaffung eines überkommenen völkisch
motivierten Staatsbegriffs.
Die Ursachen und Folgen einer neoliberalen Globalisierung
und der damit verbundene neue Krisenkolonialismus, der die Welt
unter dem Deckmantel »humanitäre Interventionen«
in Interessensphären der Mächtigen aufteilt.
Die neue Völkerwanderung der enteigneten Erdenbürger
und die Abschottung der »Festung Europa« als Reaktion
darauf.
Der Neorassismus, die globale Apartheid und ein lukrativer
Menschenhandel, als moderne Sklaverei bezeichnet, von dem ausschließlich
die reichen Zentren profitieren.
Eine seit 30 Jahren fehlschlagende und immer wieder
neu propagierte Integrationspolitik, während gleichzeitig die
fortschreitende Ethnisierung Europas gefördert wird.
Die Untersuchung sich verändernder Lebensverhältnisse
zwischen der Mehrheitsgesellschaft und den eingewanderten Lebenswelten
in den urbanen »Quartieren« Deutschlands.
Im Gegensatz zum etablierten Mediendiskurs richtet
DIE BRÜCKE ihr Augenmerk nicht auf das Ethnisch-Trennende,
sondern auf das Human-Verbindende. Dazu gehört, gerade in einer
Zeit neoliberaler Kälte, eine kritische, aber konstruktive
Streitkultur jenseits wechselnder parteipolitischer Willensbekundungen
in den Zuwanderungs- und Integrationsdebatten.
In diesem Sinne sehen die Mitstreiter und Leser in
DIE BRÜCKE mehr als eine Publikation, sie ist eine Idee –
für ein kosmopolitisches Denken – für eine offene
Gesellschaft – für ein humaneres Miteinander.
Soviel unabhängiges Denken muss sein. Soviel
Anspruch darf erhoben werden.
Für diese Idee arbeiten die Unterzeichner, alle
Redakteure, Lektoren, Autoren und Förderer der Zeitschrift
ehrenamtlich. Der bisher von der Regierung des Saarlandes bewilligte
Förderbetrag bezuschusste ausschließlich die Sachkosten
zur Herausgabe der Quartalshefte.
Deshalb fordern wir die Regierung des Saarlandes auf,
die Streichung des Vereins DIE BRÜCKE e.V. als förderungswürdiges
Projekt zurück zu nehmen.
|