Die migrantische Wellenbewegung auf der Südroute
nach Westeuropa, die zwingend Formen der Illegalität annimmt,
reagiert immer intensiver auf die Nachfrage nach Lohnsklaven und
modernen Leibeigenen. Sie findet statt, weil man sie will, jedoch
so, wie man sie haben will. Aber Alarmglocken läuten, wenn
das Angebot die Nachfrage belastend übertrifft.
Der Kaukasier „Jim“, Historiker, Vater
von drei Kindern und mit lebenslanger Eintrittssperre für den
gesamtdeutschen Lebensraum versehen, erinnert sich an die Stationen
seiner Begegnung mit dem goldenen Westen. Freundschaften mit Deutschen
der Ostzone hatte er während seines Studiums an der Leningrader
Universität geknüpft. Als im Sommer 1989 die Berliner
Mauer zu wackeln begann, erreichte er Alices Wunderland und machte
gleich mit türkischen Kaukasiern Bekanntschaft:
Sie besorgten mir meine erste Schwarzarbeit. Anfang
November kletterte ich beladen mit ihren Geschenken in den Zug nach
Leningrad. Zwei Tage später fiel die Mauer. Und ich verkaufte
den PC, den ich von meinem Berliner Lohn gekauft hatte, in Russland
für 20 000 Rubel, damals noch ein Vermögen.
Eine ostwestliche Doppelexistenz begann. Ich arbeitete
drei, vier Monate schwarz auf Baustellen in Berlin, Hamburg, bei
Rostock oder Köln, lernte auf Deutsch zu fluchen, es lief gut,
ich verdiente bis zu 150 Mark am Tag. Ich hätte zwar lieber
Zeitgeschichte betrieben als Fliesen zu legen. Aber leider gibt
es keine russische Stiftung, die Feldforschung über die Sprachprobleme
zwischen ost- und westdeutschen Bauarbeitern bezahlt. Also blieben
mir nur Vorträge über die deutsche Geschichte, die ich
den Kollegen hielt. Die Ostdeutschen hörten interessierter
zu, dafür waren sie misstrauischer. Ihre Vorurteile verteidigten
sie mit gesamtdeutschen Argumenten: "Wir haben nichts gegen
Malocher wie dich. Aber hier gibt es zu viele Kanaken und Buschneger."
...
Der Schwarzarbeitsmarkt blühte, aber er wurde
enger. Manchmal wartete ich drei, vier Wochen auf einen Job. Die
Baupolizei wurde immer eifriger, schleuste V-Männer ein. Umgekehrt
schmierten unsere Auftraggeber deutsche Beamte: Mehrmals schickte
uns der Polier beim Bau der Berliner Börse nach Hause: "Morgen
kommt die Bauaufsicht." Ich bin nie erwischt worden.
Aber viele Subunternehmer, die Schwarzarbeiter anheuerten,
tauchten vor der Lohnauszahlung unter. Um mein Geld zu kriegen,
musste ich einem drohen, sein Auto anzuzünden, einem anderen,
ihn umzubringen. Aber ich habe niemanden in Deutschland bestohlen
oder ihm Rauschgift verkauft. Ich habe gearbeitet, habe aufgebaut.
Ich hätte "legal" werden können.
Doch nicht ohne Asyl zu beantragen und mir KGB-Schikanen auszudenken,
die es nicht gab. Oder Ehe zu simulieren, wie mir eine deutsche
Freundin vorschlug. Oder in meinen Sowjet-Pass die Nationalität
"jüdisch" hineinzufälschen, wie es viele russische
Bekannte getan haben. Dass die Deutschen russischen Juden Bleiberecht
gewähren, mag von Reue zeugen. Aber es hat auch etwas Kommerzielles:
Wir teilen unseren Reichtum mit dir, und du vergisst, dass deine
Leute vergast wurden. Ich verstehe die Juden nicht, die so hier
leben können. ...
Als ich 1997 zum letzten Mal einreiste, blieb ich
einfach da, als mein Visum auslief. Die deutsche Polizei hielt mich
nur einmal an. Ich hatte keinen Pass, die Beamten begnügten
sich mit den Personalien eines türkischen Freundes, die ich
auswendig gelernt hatte. ...
Verhaftet wurde ich ausgerechnet bei der Rückreise,
im Zug, bei der Ausreise nach Polen. Eigene Dummheit: Ein weißrussischer
Kollege und ich hatten uns bei einer kaukasischen Botschaft Ausreisepapiere
besorgt. Wir hätten unsere Pässe verloren und wollten
nun das Land verlassen. Blöderweise reisten wir auch gemeinsam
aus, die Zöllner schöpften sofort Verdacht und filzten
uns. Und sie entdeckten unsere echten Pässe.
Wir saßen drei Monate in Cottbus in U-Haft,
wurden auf Bewährung verurteilt und abgeschoben. Mit der Auflage,
nie mehr zurückzukehren. Genauso ergeht es Autodieben, Zuhältern
und Drogenhändlern. Nur dass die sich zu Hause neue Pässe
verschaffen und wiederkommen. Das ist das Problem an eurem neuen
eisernen Vorhang: Er stoppt die Kulis, die Arbeit suchen, die, die
euer Volksmund die "kleinen Wichser" nennt. Die Kriminellen
schlüpfen hindurch wie Wassertropfen durchs Sieb.
Jetzt bin ich wieder in St. Petersburg, renoviere
Altbauten für neue Russen. Mein Kompagnon ist Heinz, den ich
vom Bau in Rittersdorf kenne, der wohl erste deutsche Schwarzarbeiter
in Russland. Wenn ich auf der Straße zufällig Touristen
deutsch sprechen höre, fühle ich Sympathie. Deutschland
war tolerant. Was die größte Beschimpfung war, die ich
dort erlebt habe? Als ich am Halleschen Tor einmal fast mit einer
Passantin zusammenstieß, knurrte die böse: "Rechts
gehen, junger Mann!"
***
Gewidmet werden diese Abschnitte aus der Geschichte
des Kaukasus-Russen „Jim“ in "Die Woche" vom
20. September 2000 jenen weißen Tauben der nordischen Paläste,
den NGO-Initiatoren, die den Schattenmarkt beobachten. Eine Arbeit,
die sie zu Maklern der Zivilität macht, vor allem wenn sie
im Besitz eines akademischen Gütesiegels sind.
Eine schwierige Arbeit, der sie mit schlagendem moralischem
Engagement nachgehen. Sie haben Konflikte zu inszenieren, weil gelöste
Probleme keinen Mehrwert aufwerfen und keine Arbeitsplätze
hervorbringen. Schlimmer noch: Auch geschaffene Stellen können
verloren gehen.
Die Beständigkeit humanisierter Lösungen
gebietet die Verschiebung der Ursachen. Daher betreiben sie auch
Ursachen-Forschung, um sie zu manipulieren. Schlagendes Beispiel
ist die Liebelei mit der Flüchtlingshilfe. Sie gibt es, seit
sie einige Arbeitsplätze verspricht. Man bekommt sie jedenfalls,
nachdem man die Ursachen der Fluchtfluten gemäß der häuslich
nationalen Interessen politisiert hat. Dabei spielen die globalen
Bevölkerungsbewegungen als Folge der Expansion von Markt und
Macht aus dem Zentrum der Zivilisation keine Rolle.
Flüchtlingsheere gelten als Gegenstand der Sozialpädagogenzunft,
die sich nicht zuständig fühlt für die Ruinen, die
der kapitalistische Raubzug kaltblütig in den planetaren Menschenlandschaften
hinterläßt.
NGO-Kompagnons lassen sich als humanitärer Arm
der Expansionsheere neuartiger Marktkräfte wie die Gewerkschaften
in den Börsenbüchern der New Economy registrieren, die
Dienstleistungen anbieten. Im Hintergrund des Kunstwindes, mit dem
sie ihre zivilisatorische Blase aufblähen, heult das Recht
der Überlegenen auf Hegemonie, auf Verwertungsgewalt über
das fremde Menschenmaterial.
Der Fremde ist der parasitäre Barbar und der
bedürftige Schützling, Despot und Opfer zugleich. Er taucht
immer in der Gestalt auf, wie man ihn braucht oder sehen will.
So zielt der von den NGO-Initiatoren improvisierte
Antirassismus nicht auf die Überwindung des ethnozentrischen
Ständerechts mit seinen administrativen, ideologischen, kulturellen
und sozialen Strukturen, sondern auf die Legitimation merkantiler
Selektions-Handlungen sowie auf die kulturalistische Vermarktungs-Dramaturgie
der Menschenrechtsübermenschen.
Zuwanderungsgrüne Zuchtruten
"Was heißt eigentlich Integration? Fragt
ein Flyer des Düsseldorfer Informations- und Dokumentationszentrum
für Antirassismusarbeit.
Ein Postulat, das nicht im Kontext Für oder Wider
der standortgerechten und marktbedingten Ausbeute des Humankapitals
steht. Ein Symbol, unter dem sich die selektive Handhabung kolonisatorischen
Humanismus türmt? In den gespaltenen Gespinsten (Gewebe) migrantischer
Miseren?
Was liegt im Substrat der Prozedur? Welcher Prozeß?
Nach welchem Weitblick halten die Ministerialer Ausschau? Die willfährigen
Projektanten? Die Argumentationsfiguren?
Was steckt in ihrem Marschgepäck?
Wem stehen sie im Wege? Wer steht ihren Zielen im
Wege?
Das Schlagwort kursierte in der Migrationsbörse
immer schwergewichtiger, wenn die nationalen Regiments ihre Abwehrposten
gegen die lästigen Migrationsheere mobilisieren. Es tauchte
zum ersten Mal 1973 in der Kulisse des Gastarbeiterszenariums mit
der Manifestation des Anwerbestopps. Ein Jahrzehnt später erfuhr
es den weiteren Aufstieg mit dem Halbierungsprogramm der Population
aus dem Nicht-Geltungsbereich des Grundgesetzes durch das Gesetz
der Rückkehrförderung. Noch ein Jahrzehnt danach aufgrund
der Beschränkung der Famalienzusammenführung durch die
Reduzierung des Nachzugsalters. Und wiederum nach einem Jahrzehnt
aufgrund des selektiven Regelwerks unter dem Titel "Zuwanderungsgesetz".
Wenn Migration und Integration im gleichen Katalog
der nationalen Angebote nacheinander gestellt werden, so führt
an repressiven Handlungen kein Weg vorbei, die nützlichen Objekten
von den parasitären Elementen zu trennen.
Die Einrichtung von neuen Ämtern fungieren als
zusätzliche Funktionsstellen der polizeilichen Abteilungen,
solange diese nicht abgeschafft oder in die Migrationsbehörden
umgewandelt werden. Ein solches Panorama würde die Integration
überflüssig machen.
In humanitärer Hinsicht pisst das Groß-D
immer noch ins Hemd.
Die metroplolitane Sichtweise sitzt fest, und das
Augenmerk der Kolonisatoren richtet sich auf die Ausbeute der aus
der Peripherie stammenden Parias - begleitet von einer Herabwürdigung
menschlicher Schicksale auf einem merkantil mentalen Niveau. Es
ist nicht ein Übrigens, sondern das Programm, daß die
"Illegalen" gezwungen werden, sich als Leibeigenen zum
Dahinvegetieren zu verdingen.
Der hoheitlicher Fokus bleibt auf der rettende Funktion
der Selbständigen erstarrt. Das gute Regieren hat sie zu päppeln,
damit sie mehr Nutzen aus de Parkett der Unselbständigen für
sich schlagen und das Wachstum höher schnellen. Der Klassenkampf
von oben zielt auf die Besitzstände der Windhunde
An den Fleischtöpfen der Macht Widerhall gefunden,
schickt sich Politfigur an, Menschenrechte an Minderbemittelte zu
verteilen. In der Tat rückt sie sich, vor allem unter einer
grünen Tarnkappe und in einem zivilgesellschaftlichen Habitus,
die Unterklassen auf den Rücken. Die Kolonien der Lebenswelten
droht die endgültige Verwüstung, und kein grüner
Hahn kräht ernstlich danach. Mit der Monographie der monekratisch
sanktionierten Intelligenzbestie plustert er such bloß auf
und klagt den Verzicht der Enteigneten auf ihre Besitzstände
ein. Sie haben die Suppe einzulöffeln, die sich die Genußspechte
beständig einbrocken - blindlings.
La-Fontäne - ein lokales Ereignis? Das sich dennoch
ausbreitet?
Grüne Pöstchenschimmel wiehern, mausern
sich überall zum Ersatz der ... für die besitzständische
Sekte, gegen die der Menschengewimmel aus allen ... der Erde wettert
Neubourgeoiser Boß und Ruderboot-Bote aus Bockenheim
in Mainhatten
Vogelperspektive von einem Airbus - der Blick auf
die Erde, die unter dem Sitz der liegt
Die Mühle des Ausländerrechts wird weiter
Menschen mahlen und ihre Existenzen zerschroten
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